Bitterer Abend für Gelbschwarz: The Strongest verlieren den Clásico gegen den Stadtrivalen mit 2:4.
Unser Leser Herr Etcheverry bereist zurzeit Bolivien. Letzte Nacht war er natürlich im Stadion in La Paz.
Die Vorzeichen standen nicht schlecht. Vor kurzem haben die Spieler von The Strongest das Training wieder aufgenommen und den Streik beendet, in den sie getreten waren, weil sie seit Monaten keinen Lohn mehr erhalten hatten. Der Präsident des Vereins sitzt wegen Betrugs im Gefängnis, da er sich nicht mehr erinnern können will, wo er die gegen sechs Millionen Franken verlegt hat, die er diversen Leuten schuldet. Doch nun ist ein neuer Clubchef gewählt, am Freitag haben die Spieler zumindest mal den Lohn für den Monat August erhalten, und am Sonntag haben sie nach vier sieglosen Partien endlich wieder gewonnen – durch ein Penaltytor ihres Kapitäns mit dem klingenden Namen Pablo Escobar. Der 35-Jährige ist so etwas wie der Hakan Yakin des Altiplano. Er trägt die Zehn, beschränkt sein Laufpensum auf ein Minimum und hat den feinsten linken Fuss der ganzen Stadt.
So ruhten auch gestern wieder die ganzen Hoffnungen auf ihm – im Clásico, dem bisher wichtigsten Spiel des Jahres, dem 193. Duell gegen den Erzrivalen und Rekordmeister Bolivar im 42 000 Leute fassenden Estadio Hernando Siles, 3.637 Meter über Meer.


Die Ambiance ist wunderbar, doch das Spiel kommt nicht recht in die Gänge. Zweikampfhärte verhindert Spielkultur, Escobar wird besonders hart angegangen, sobald er an den Ball kommt, und verliert er ihn, bleibt er stehen und gestikuliert.
Für die Musik sorgt ein anderer 35-Jähriger: Carlos Tenorio, ecuadorianischer Stürmer von Bolivar, bringt die Hellblauen kurz vor der Halbzeit in Führung. Nach der Pause dann lässt Escobar sein Genie aufblitzen. Erst schlenzt er den Ball an den Innenpfosten, kurz darauf lupft er ihn wunderbar in den Lauf seines Kollegen Rodrigo Ramallo, der zum Ausgleich einschiebt. Doch die Freude währt kurz: Nur drei Minuten später trifft Carlos Tenorio schon wieder, und als dann The Strongest auch noch den angeschlagenen Torhüter auswechseln muss – für Daniel Vaca kommt Marco Vaca, was einem vor Augen führt, dass es einen Verein gibt, bei dem zwei Torhüter „Kuh“ heissen – ist der Untergang der Gelbschwarzen eingeläutet.
Bolivar schiesst weitere zwei Tore, ehe Escobar in der Nachspielzeit noch einen Freistoss versenkt, gleich darauf Gelb wegen einer Provokation erhält und Glück hat, nicht vom Platz zu fliegen, als er einem Gegenspieler, der auf der Bahre abtransportiert wird, Wasser in den Schritt schüttet. Nach dem Schlusspfiff verschwindet Escobar schnurstracks in den Katakomben, während sich Kollege Chumacero noch etwas mit den gegnerischen Fans unterhält und Tenorio von Journalisten umgarnt wird.
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Bolivar übernimmt somit nach 13 Spielen die Tabellenführung, The Strongest verpasst den Anschluss an die Spitze.