Archiv für die Kategorie ‘Rasensprenger’

Zozulica!

Herr Pelocorto am Samstag den 26. März 2011

Sie wissen ja, dass ich nächstes Jahr im Juni in die Ukraine reise, um mir Land, Leute und die Spiele der EURO 2012 anzusehen.

ZozulicaWas bis jetzt eine Absichtserklärung war, hat letzte Woche konkrete Formen angenommen:
Wir haben unsere Ticketanträge platziert.

Deshalb habe ich letzte Woche intensiv mit Dr. Bruno, meinem Reisebegleiter und persönlichem Osteuropaexperten, über dem Spielplan gebrütet, um eine möglichst interessante Reiseroute zusammenzustellen. Die Spiele der Ukraine haben wir auf unserer Liste gleich gestrichen, wir waren uns einig, dass diese Spiele den Ukrainern vorbehalten bleiben sollen. Zudem werden für diese Spiele sicher viele Anträge gestellt, was unsere Chancen schmälert, Tickets zu erhalten. Ebenfalls sofort einig waren wir uns, dass wir alle Austragungsorte besuchen wollen, aber dreimal quer durch das ganze Land reisen, das wollen wir nicht. Die Ukraine ist nämlich gross; flächenmässig ist sie etwa doppelt so gross wie das Sultanat Oman und sie hat doppelt so viele Einwohner wie Mosambik, damit Sie sich das genauer vorstellen können.

Aus diesen Randbedingungen ergibt sich eine Reise, die uns zuerst nach Charkow führt, dann nach Donezk, anschliessend nach Kiew und am Schluss nach Lemberg. Vier Spiele in acht Tagen – einfach toll! Vorausgesetzt, es klappt bei der Verlosung, was wir bis Ende April wissen werden. Dann starten wir die Phase 2 der Reisevorbereitungen.

Bis jetzt wissen wir nur, dass am 11. Juni 2012 etwa D3 gegen D4 spielen wird und am 17. Juni 2010 B2 gegen B3. Daraus entsteht ein zusätzlicher Nervenkitzel. Nach Abschluss der Qualifikation findet am 2. Dezember 2011 die Gruppenauslosung statt; Sie können sich nicht vorstellen, wie gebannt man dieses an sich langweilige Prozedere mitverfolgt, wenn man im Besitz von Tickets ist.

Der offizielle Ticketvorverkauf der UEFA für die EURO 2012 in Polen und der Ukraine endet am 31. März und blieb von der Fussballwelt hier bei uns ziemlich unbemerkt. Ganz anders in Polen und der Ukraine. Für die rund 1.4 Mio. Tickets lagen nach 10 Tagen bereits 2 Mio. Anträge vor; praktisch alle Spiele sind überbucht. 90% aller Anträge stammen aus der Ukraine und aus Polen, Deutsche haben 3.3% der Kartenanträge gestellt, die Russen 1.9%; der Rest geht hoffentlich an Dr. Bruno und mich.

Was Sie oben im Bild sehen, ist die ukrainische Antwort auf die Vuvuzela: die Zozulica! Es handelt sich um eine Tonpfeife, die aus dem reichen kulturellen Erbe der Ukraine entstanden ist und die Sie wohl oft hören werden. Wenn Sie sich bereits heute mit den Geräuschen der EURO 2012 vertraut machen möchten, dann geniessen Sie folgenden Film:

Fussball in Japan

Herr Pelocorto am Samstag den 19. März 2011

Die Verwüstungen, die das Erdbeben und der Tsunami in Japan hinterlassen haben, brachten auch den Fussballbetrieb zum Erliegen.

Yuto NagatomoDie Stadien der Clubs Montedio Yamagata und Vegalta Sendai sind dem Erdboden gleichgemacht. Vegalta Sendais Präsident Yoichi Shirohata erklärte, dass die ausländischen Spieler und die japanischen Spieler aus anderen Regionen zu ihren Familien abgereist sind. Der Fussball sei völlig in den Hintergrund gerückt, jetzt gehe es um das Überleben. Shirohata bedankte sich auch für die Unterstützung, die sein Club erhalte und sicherte zu, man wolle das Stadion bald wieder aufbauen, um den Fussballbetrieb wieder aufzunehmen.

Auch der akute Strommangel verhindert Spiele, denn Stadien verbrauchen viel Energie. Unter den aktuellen Umständen ist klar, dass auf Spiele verzichtet wird. Vertreter der J.League haben deshalb an einer Krisensitzung beschlossen, den Ligabetrieb bis auf weiteres einzustellen.

Die einzigen Spiele mit japanischer Beteiligung sind die Auswärtsspiele Gamba Osakas und Cerezo Osakas in der asiatischen Champions League diese Woche. Offen ist noch, ob die japanische Nationalmannschaft die beiden Freundschaftsspiele Ende März gegen Montenegro und Neuseeland austragen wird.

Die Ereignisse in Japan lassen niemanden kalt.

Arsenals Trainer Arsène Wenger hat zu Japan eine enge Beziehung. Bevor er zu den ‹Gunners› wechselte, trainierte er 18 Monate lang den japanischen Club Nagoya Grampus. Deshalb gehen ihm die aktuellen Ereignisse nahe und er plant, anstelle der geplanten Asien-Tour vor der nächsten Saison ein Benefiz-Spiel für Japan durchzuführen.

Drei Fans von Vegalta Sendai haben alle englischen Premier League Clubs angeschrieben und sie gebeten, vor Anpfiff oder in der Pause Twisted Sisters We’re Not Gonna Take It oder John Denvers Take Me Home, Country Roads zu spielen, um damit Solidarität mit den japanischen Fans und vor allem mit den Betroffenen in Japan zu zeigen.

Take Me Home, Country Roads ist der klassische Song bei Vegaltas Heimspielen:

頑張れ 日本

Narrenkappe

Herr Pelocorto am Samstag den 12. März 2011

Am Dienstag dieser Woche habe ich mich zum Narren gemacht.

Jedem, der es hören wollte, habe ich grossspurig erklärt, dass an diesem Abend wohl das beste Fussballspiel des Jahres zu sehen sei und wer auch nur ein wenig Interesse am Fussball habe, dürfe das Champions League-Spiel zwischen Barcelona und Arsenal keineswegs verpassen. Hätte ich doch nichts gesagt. Am folgenden Morgen schwankten die Reaktionen mir gegenüber zwischen Mitleid und Häme.

Zwei Schlüsselfiguren des Abends möchte ich herausgreifen: Busacca und Wenger.

Schiedsrichter Massimo Busacca hat aus meiner Sicht nur einen groben Fehler begangen, als er das harte Foul an Messi nicht ahndete, obwohl er unmittelbar neben Täter Diaby stand. Die anderen Entscheidungen waren teilweise streng, aber alle korrekt. Insbesondere die Leistung der Linienrichter Buragina und Navarro war erstklassig, sie haben in der schnellen und verwirrend anmutenden Spielanlage Barcelonas nie die Orientierung verloren und alle Offside-Situationen korrekt beurteilt.

Dass Busacca streng pfeift, ist nichts Neues; erinnern Sie sich noch an den Platzverweis für den südafrikanischen Torhüter im Spiel gegen Uruguay an der Weltmeisterschaft? Oder an den Viertelfinal am 10. April 2008 im UEFA-Cup zwischen Getafe und dem FC Bayern München, wo Verteidiger De la Red schon nach 6 Minuten mit Direktrot duschen gehen konnte? Wer sich seriös auf ein Spiel vorbereitet, der weiss, dass Busacca nicht zögert, das Regelwerk auf dem Platz durchzusetzen und instruiert sein Team entsprechend.

Damit komme ich zu Arsène Wenger.

«He killed a promising, fantastic football match», äusserte er sich über Busacca gegenüber der Presse. Völlig falsch; van Persie hat das Arsenal-Spiel mit seiner unbeherrschten Aktion getötet, niemand anders. Schon die erste Gelbe Karte wegen einer Rangelei hätte er vermeiden können und mit der zweiten Karte war das Schicksal für Arsenal besiegelt. Dass sich Wenger nach dem Spiel mit Busacca im Tunnel eine lautstarke Auseinandersetzung geliefert hat, zeigt in meinen Augen nur den schlechten und stillosen Verlierer. Eine Stunde später, nach den obligaten Interviews, sind die zwei nochmals aneinandergeraten; jedenfalls will die UEFA jetzt genauer wissen, wer was gesagt hat. Deshalb nimmt die Kontroll- und Disziplinarkammer der UEFA am 17. März die Vorfälle unter die Lupe. Wenger zeigt sich vorderhand uneinsichtig und findet sogar, etwas mehr Demut stünde der UEFA gut an und der Verband müsste sich eigentlich bei ihm entschuldigen.

Ein Team wird rausfliegenMir wäre viel lieber, er würde die Energie in die Vorbereitung auf das kapitale Spiel von heute Abend stecken. Die Gunners treten auswärts im FA Cup-Viertelfinal gegen Manchester United an. Fabregas wird verletztungsbedingt fehlen; es war wohl falsch, ihn als nur Halbgenesenen im Camp Nou auflaufen zu lassen. Ebenso nicht dabei ist das polnische Torhütertalent Szczęsny, er fällt wegen seines ausgerenkten Fingers für sechs Wochen aus; der bereits aussortierte Almunia muss übernehmen.

Den ersten Pokal hat Arsenal an Birmingham verloren, einen deutlich schwächeren Gegner. Im zweiten Pokalwettkampf ist man an Barcelona, einem deutlich stärkeren Gegner gescheitert. Jetzt bleiben noch zwei Trophäen, und bin ich gespannt, wie das Spiel gegen einen vergleichbar starken Gegner ausgehen wird.

FA Cup Viertelfinals, live am TV
Birmingham City v Bolton Wanderers, Sa. 12. März 13:45 Uhr, Sport1 (DSF)
Manchester United v Arsenal, Sa. 12. März 18:15 Uhr, Sport1 (DSF), ITV 1, ITV HD

Schlüsselspiel

Herr Pelocorto am Samstag den 26. Februar 2011

Ich bin nervös. Wegen des Spiels am Sonntag.

Arsenal steht im Final des Football League Cups, der dieses Jahr seinen 50. Geburtstag feiert. Im Spiel am Sonntag gegen Birmingham City geht es um mehr als um den Sieg im ‹Mickey Mouse Cup›, wie er früher abschätzig genannt wurde. Lange segelte der Football League Cup im Schatten seines grossen Bruders, des FA-Cups. Die Teams, unter ihnen Arsenal, nutzten den Cup, um jungen Spielern oder der zweiten Garnitur die Möglichkeit zu geben, sich zu profilieren.

Aber die Sehnsucht nach einem Titel ist gross, die Fans werden immer ungeduldiger nach sechs Jahren ohne Silverware. Mittlerweile will auch Arsène Wenger die Dürreperiode unbedingt beenden. Deshalb hat er in den letzten Runden des Football League Cups die Stammelf auflaufen lassen und sie soll am Sonntag den ersten Titel dieser Saison sicherstellen.

Football League Cup Final 18. April 1993: Arsenal v Sheffield Wednesday 2:1Noch vier Titel können die ‹Gunners› diese Saison gewinnen, und das kommende Spiel im Wembley-Stadion ist auf dem Papier das vermeintlich einfachste. Mit Birmingham steht ein Gegner auf dem Platz, der an einem normalen Spieltag einfach geschlagen wird. Nur warten die ‹Blues› seit 1963 auf einen Titel und sie werden den ‹Gunners› das Leben so schwer machen wie nur irgend möglich. Das dürfte ein Hauen und Stechen geben im Mittelfeld, denn gegen Arsenal gewinnt man nur, wenn man sie nicht ins Spiel kommen lässt. Bei Arsenal liegt der letzte Sieg in einem Final des Football League Cups weniger lang zurück (vgl. Bild).

Ich bin nervös, denn die Liste der nicht verfügbaren Spieler ist wieder länger geworden. Captain Cesc Fabregas (Oberschenkel) und Theo Walcott (Knöchel) werden sicher fehlen, aber mit Arshavin und Rosicky stehen hoffentlich gute Alternativen bereit.

Für die ‹Gunners› wird es eine richtungsweisende Partie werden. Gelingt es ihnen, ihr Spiel aufzuziehen, den Ball zu monopolisieren und aus der spielerischen Überlegenheit auch wirklich Kapital zu schlagen, wird mit dem Cupsieg eine riesige Last von den Schultern der Spieler fallen. Diese Erleichterung und der Schub aus einem ersten Titelgewinn wäre genau das, was das junge Team braucht für die kommenden 14 Tage, in denen fünf Spiele angesetzt sind:

  • So. 27. Februar: Arsenal v Birmingham City (Football League Cup Final)
  • Mi. 2. März: Arsenal v Leyton Orient (Rückspiel FA Cup, fünfte Runde)
  • Sa. 5. März: Arsenal v Sunderland (Premier League)
  • Di. 8. März: FC Barcelona v Arsenal (UEFA Champions League)
  • Sa. 12. März: Manchester United v Arsenal (FA Cup, Viertelfinal)

Ich bin nervös. Bis am Sonntag um 17:00 Uhr.

Football League Cup Final im Wembley Stadion, live am TV
Arsenal v Birmingham City, So. 27. Februar 17:00 Uhr, BBC One, BBC HD, Sport1 (DSF)

Drei Fragen

Herr Pelocorto am Samstag den 19. Februar 2011

Heute FA Cup 5. Runde live am TV
Chelsea v Everton (Replay 4. Runde), 13:30 Uhr, Sport1 (DSF)
Birmingham City v Sheffield Wednesday, 16:00 Uhr, Sport1 (DSF)
Manchester United v Crawley Town, 18:15 Uhr, Sport1 (DSF), ITV1, ITV1 HD

Wirrkopf Walter hätte seine helle Freude an Zürich. Was sich rund um den GCZ, um den Letzigrund und um den Hardturm in der erfolgreichsten Fussballstadt der Schweiz abspielt, sorgt für heillose Verwirrung.

Dabei ist es gar nicht so kompliziert. Im Wesentlichen geht es für die Hoppers um drei Fragen: die grosse Stadionfrage, die kleine Stadionfrage und die Erfolgsfrage. Darf ich für Sie den blauweissen Knäuel etwas entwirren?

Die grosse Stadionfrage
Wann wird im neuen Hardturmstadion zum ersten Mal angepfiffen?

Sie erinnern sich vielleicht noch, dass die Stadtzürcher Bevölkerung am 7. September 2003 mit 59% Ja-Stimmen dem neuen Hardturm zugestimmt hat. Damals hätte die Credit Suisse einen fünfeckigen Fussballtempel finanziert, in dem die übliche Mantelnutzung vorgesehen war, damit das Ganze auch rentiert. Weil der hohe Grundwasserspiegel keinen Bau in die Tiefe zulässt, strebte der 30’000-Plätzer schon auf den Plänen mächtig in die Höhe. Sie kennen den Rest: Die Anwohner nützten alle Rechtsmittel gegen den Koloss aus. Am 4. Juni 2009 streckte die Grossbank die Waffen und gab zusammen mit der Stadt das Projektende des 5-Ecks bekannt.

Eine Task Force der Stadt übernahm, begann mit der Planung eines kleineren Fussballstadions und stellte im Juli 2010 die Machbarkeitsstudie vor: Ein 16’000-Plätzer ohne Mantelnutzung mit kleineren Dimensionen. Der Architektur-Wettbewerb hätte schon beginnen sollen, der Anpfiff dazu wurde aber um ein Jahr verschoben, weil der Gemeinderat der Stadt Zürich sparen will.

Der Wettbewerb selber benötigt 13 Monate, die Projektierung 15 Monate, die Ausführungsplanung 15 Monate und die Bauphase nochmals zwei Jahre. Für die Planer und Architekten unter Ihnen sieht das dann so aus:

2016 Hardturm Zeitplan – Klicken für mehr Infos

Ich als Optimist glaube, dass der Gemeinderat auf seinen Entscheid zurückkommen wird und der Wettbewerb doch noch dieses Jahr beginnt. Mit anderen Worten: Am Samstag, 16. Juli 2016 um 16:00 Uhr wird zum Eröffnungsspiel zwischen den Grasshoppers und dem FC Zürich angepfiffen. Für die dann 13 Jahre lange Planungsgeschichte fehlen mir allerdings heute schon die Worte, deshalb hier ein Bild.

Die kleine Stadionfrage
Wo spielen die Grasshoppers kommende Saison?

Auch der GC will sparen und hat deshalb den Mietvertrag mit der Stadt Zürich für den Letzigrund gekündigt. Leider hat man noch keinen alternativen Standort zur Hand und die GC-Führung unter Präsident Linsi steht unter gehörigem Druck, denn am 10. März muss der Swiss Football League das Lizenzgesuch für die nächste Saison eingereicht werden.

Beim Brügglifeld wehrt sich die Standortgemeinde Suhr wegen der Immissionen; die Gemeinde Emmen hingegen signalisiert Bereitschaft, den GC im Stadion Gersag aufzunehmen. Dass auf dem heutigen Hardturmareal ein temporäres NÜSSLI-Stadion entsteht, ist eher unwahrscheinlich, denn auch das braucht Planungszeit und die 10 bis 20 Mio. Franken will wohl niemand vorschiessen.

Ich als Optimist glaube, dass die Grasshoppers in der Stadt Zürich bleiben. Entweder setzen sich der GC und die Stadt Zürich nochmals an den Verhandlungstisch oder es findet sich eine andere, überraschende Lösung – würden etwa alle 6’600 Matchbesucher an jedem Heimspiel einen Fünfliber spenden, kämen über 600’000 Franken zusammen, das wäre ein schöner Zustupf an die 870’000 Franken Miete und die 840’000 Franken Kosten für Sicherheit.

Die Erfolgsfrage
Wieso sind die Grasshoppers so schlecht?

2003 wurde GC zum vorerst letzten Mal Schweizermeister. In den folgenden Saisons lag man immer zwischen 20 und 44 Punkten hinter dem Erstplatzierten. Hauptgrund für das unbefriedigende Abschneiden sind die Finanzen. Dem GC fehlt das Geld. Seit 2003 mussten alle Präsidenten dem Geld nachspringen und grosse Löcher mit zu kleinen Beträgen stopfen. Gulich, Brunner und Berbig konnten für die Hoppers keine einigermassen stabile finanzielle Grundlage schaffen.

Ein schwacher Silberstreifen am Horizont ist der unter Präsident Linsi geschaffene Owners Club, dessen Mitglieder sich bereit erklären, in den nächsten drei Jahren jedes Jahr 250’000 Franken beizusteuern. Zehn Personen sind gefunden, sechs bis zehn weitere braucht es, um das Defizit in der Grösse von 4 bis 5 Mio. zu decken. Wo können diese Personen gefunden werden?

Ich als Optimist bin hier ratlos. Wieso gelingt es nicht, im reichsten Kanton der Schweiz Sponsoren zu finden, die ein schönes sinnloses Hobby finanzieren möchten? Wenn ein Club in der Schweiz ein Netzwerk hat, das in die Kreise der Reichen und sehr Reichen reicht, dann ist das der Grasshopper-Club Zürich. Aber der finanzielle und sportliche Niedergang der Hoppers in den letzten Jahren hat hier wohl seine Spuren hinterlassen.

Time is but the stream I go a-fishing in

Herr Pelocorto am Samstag den 12. Februar 2011

Sie möchten heute das Manchester Derby zwischen den ‹Red Devils› und den ‹Citizens› am Fernsehen sehen?

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Fernsehen war gestern. Im Internet findet man alles, was nötig ist.
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Wengers wichtige Wochen

Herr Pelocorto am Samstag den 29. Januar 2011

Auf Arsène Wenger kommen wichtige Wochen zu.

Meistens spitzt sich das Geschehen im März zu. Welche Clubs bleiben in den verschiedenen Cups und in der Liga im Titelrennen? Bei Arsenal war das in den letzten Jahren anders; in der Regel wurden die Chancen schon früh im Jahr gründlich verspielt. Zum Beispiel letzte Saison: Bereits am 2. Dezember war mit der 3:0-Niederlage gegen Manchester City Endstation im League Cup, am 24. Januar schieden die ‹Gunners› mit einer 3:1-Niederlage gegen Stoke aus dem FA Cup aus; eine Woche später verlor man zu Hause das Ligaspiel gegen Manchester United und in der Woche darauf folgte die Niederlage gegen Chelsea. Damit war klar, auch in der Premier League wird es nichts. Wieder nichts. In der Champions League durften wir ‹Gooners› länger hoffen. Aber am 6. April beendeten vier Messi-Tore im Viertelfinalrückspiel auswärts gegen den FC Barcelona unsere Saison definitiv.

Diese Saison ist alles anders!

Arsenal ist das einzige Premier League Team, das noch alles gewinnen kann. Nach dem Heimsieg über Ipswich Town stehen die ‹Gunners› im Final des Football League Cup, der am 27. Februar im Wembley stattfindet. Gegner ist Birmingham City, das man problemlos schlagen sollte. Arsène Wenger gibt sich jedenfalls siegesgewiss:

Der Cup-Sieg wird den Druck mildern, damit wir auch in den anderen Wettbewerben gewinnen können. Der Carling Cup ist nicht unser einziges Ziel diese Saison.

Stolpern kann man aber schon früher. Zum Beispiel morgen Sonntag in der vierten Runde im FA Cup, wo Arsenal im Emirates-Stadion gegen Huddersfield Town antritt. Verlieren verboten, Mr Wenger!

Die wahre Prüfung erwartet Arsenal allerdings in etwas mehr als zwei Wochen. Am 16. Februar 2011 wird zum Champions League Achtelfinal gegen den FC Barcelona angepfiffen. Ich hoffe, dass der spielerische Aufwärtstrend bis dann anhält und wir uns ein genügend grosses Polster für das Rückspiel schaffen können. Nachher ist alles möglich.

Und in der Premier League?

Die laufende Saison ist interessant wie schon lange nicht mehr, denn alle Spitzenteams haben Federn gelassen. Wenn man so wie Arsenal mit fünf Niederlagen auf dem zweiten Platz liegen kann, dann schwächelt die Liga definitiv. Wir ‹Gooners› warten sehnsüchtig auf einen Fehltritt von Manchester United; die ‹Red Devils› zeigten bis jetzt zwar bescheidene Leistungen, sie gewinnen aber trotzdem schier jedes Spiel. Diese Woche wurden sie vom Aufsteiger Blackpool eine Halbzeit lang an die Wand gespielt, lagen 0:2 zurück und gewannen dennoch mit drei spät erzielten Toren. Rote Teufel auch!

Hohe Ziele bei Arsenal

Bei Arsenal ist Samir Nasri der Spieler der Saison. Nasri sprüht vor Spielwitz, er spielt voller Zuversicht und ihm gelingt fast alles; es ist eine Freude, ihm zuzuschauen. Dasselbe gilt für Robin van Persie. Spielt er, ist Arsenal doppelt so gefährlich, denn Walcott und Arshavin blieben diese Saison vieles schuldig. Wer in der öffentlichen Wahrnehmung viel zu kurz kommt, ist meiner Meinung nach Bacary Sagna. Was der rechte Aussenverteidiger Spiel für Spiel an solider Arbeit abliefert, ist einfach unglaublich.

Sie merken, ich bin zuversichtlich, was die silverware diese Saison betrifft!

Kanone mit Kranz

Herr Pelocorto am Samstag den 22. Januar 2011

Schon seit längerer Zeit bereite ich mich auf meinen nächsten Trikotkauf vor. So etwas will wohlüberlegt sein, denn ein solcher Kauf ist mit vielen Entscheidungen verbunden, für die ich mir Zeit lassen will.

Da in meiner Brust nicht nur ein GC- sondern auch ein Arsenal-Herz schlägt, überlege ich mir zuerst reiflich: blau-weiss oder rot-weiss?

Arsenal Shirt 2010/2011Die ‹Gunners› spielen die Saison 2010/2011 in einem klassischen Shirt, das mit seinem Stil an die Saison 1970/71 erinnert, als man Meister wurde und den FA-Cup gewann. Zudem feiert Arsenal 2011 seinen 125. Geburtstag; da ist für mich klar, dass ich mir dieses Jahr ein Arsenal-Shirt leisten werde.

Die schwierigen Fragen tauchen erst jetzt auf. Klar ist, ich will ein Shirt mit Namen und Nummer und zwar Namen und Nummer eines aktuellen Spielers. Fans, die ihren eigenen Namen auf das Trikot drucken lassen, finde ich eiteldoof, und Kosenamen wie «Daddy» und dergleichen aufdrucken zu lassen, das geht gar nicht. Zurück zum Spielernamen. Welchen nur? Arsenal ist ein englischer Club, also sollte es schon ein Engländer sein; dumm nur, dass bei uns die ganze Welt spielt: Polen, Dänemark, Kamerun, Brasilien, Russland, Belgien, Mexiko, Frankreich sowieso. Aber England?

Zur Zeit finden sich sechs Engländer in der ersten Mannschaft: Jay Emmanuel-Thomas, Henri Lansbury, Craig Eastmond, Kieran Gibbs, Theo Walcott und Jack Wilshere. Die ersten drei habe ich noch kaum spielen sehen, die kommen also nicht in Frage. Bleiben Gibbs, Walcott und Wilshere. Jetzt wird es einfach: Jack Wilshere wird es sein, das Riesentalent im Mittelfeld, er überzeugt mich viel mehr als Walcott und Gibbs. Verteidiger Gibbs hat Potenzial, bei Walcott bin ich mir da nicht mehr so sicher.

Alles klar zum Bestellen also.

Aber halt, auch die Grasshoppers feiern dieses Jahr ihren 125. Geburtstag. Der GC wurde offiziell am 1. September 1886 gegründet, bei Arsenal weiss man es nicht so genau, die ersten Spuren verlieren sich im Oktober 1886. Im selben Monat trugen die Grasshoppers bereits ihr erstes Spiel aus – 0:0 gegen den Polytechnikum Football Club der ETH Zürich. Dial Square wie Arsenal ganz zu Beginn hiess, war im ersten Spiel am 11. Dezember 1886 erfolgreicher, 6:0 gegen die Eastern Wanderers. Aber ich schweife ab.

Soll ich jetzt auch noch ein blau-weisses Trikot kaufen? Und mit welchem Namen? Nein, ich bleibe beim Arsenal-Shirt. Und gleich kommt mir das neueste Gerücht in die Quere. Arsenal produziert angeblich ein Sondertrikot zum 125-Jahr–Jubiläum, eines mit einem Kranz um die Kanone.

Ich glaube, diese Saison kaufe ich doch kein Trikot …

Mein neuer Club

Herr Pelocorto am Samstag den 15. Januar 2011

BREAKING NEWS: YB will angeblich Sportchef Alain Baumann loswerden, meldet der Bund

Uns GC-Fans bleibt zur Zeit wenig erspart. Uns fällt der Himmel in Form des Stadiondachs schier auf den Kopf, die Defekthexe legt sich mit jedem unserer Stammspieler ins Bett, unsere Küken schlagen sich auf dem Platz zwar tapfer, aber erfolglos. Zu Weihnachten wird unsere Clubwebsite gehackt und jetzt zieht Präsident Linsi die finanzielle Notleine und kündigt den Letzi-Mietvertrag mit der Stadt Zürich. Nächster Stichtag für den GC ist der 10. März 2011: Dann müssen vor der Lizenzkommission der Liga die Zahlen auf den Tisch gelegt werden. Idealerweise sollte man dann auch ein super-league-taugliches Stadion vorweisen können.

Für viele ist damit klar, die Zeit des GC ist definitiv vorbei, der Club muss absteigen oder besser noch, man löst ihn gleich auf. Deshalb sehe ich mich um. Was zeichnet meinen neuen Club aus?

Klar ist, dass er nicht provinziell sein darf. Ein schweizweites Interesse an meinem zukünftigen Club setze ich eigentlich schon voraus. Deshalb kommen die AC Bellinzona und der FC Thun leider nicht Frage.

Wenn ich in Zukunft zu meinem neuen Club ins Stadion gehe, möchte ich Zuschauer sehen, viele Zuschauer. Wenige Zuschauer, das hatte ich zu Genüge. Tut mir leid, das wird darum nichts mit dem FC Luzern und Neuchâtel Xamax.

Dass mein neuer Club finanziell auf einer soliden Basis stehen soll, muss ich wohl nicht weiter erläutern – deshalb werden Sie mich in Zukunft nicht im Espenmoos antreffen, Entschuldigung, in der AFG Arena natürlich.

Mein zukünftiger Club sollte auf eine lange Geschichte mit nationalen und internationalen Erfolgen zurückschauen können. Nur Cupsiege reichen mir nicht, darum wird das nichts mit dem FC Sion.

Der FC Zürich also wird mein neuer Club? Sie scherzen wohl.

Mein neuer Club soll die arrogante Lässigkeit des Selbstbewussten ausstrahlen, denn meinen neuen Club kümmert es nicht, was andere über ihn denken, schliesslich ist er der Massstab und er weiss er selber, was er kann und was er noch erreichen wird. Gäubschwarz steht mir sowieso nicht.

Bleibt eigentlich nur noch der FC Basel. Jessesgott!

Vergessen Sie das Gesagte gleich wieder und passen Sie gut auf: Weder wird der GC absteigen noch werden ihm die fehlenden Finanzen das Genick brechen. Die Hoppers werden die laufende Saison im Mittelfeld abschliessen und sich in den kommenden drei bis fünf Jahren dorthin vorarbeiten, wo sie hingehören: an die Spitze. Cupsiege auf diesem Weg können nicht ausgeschlossen werden. Deshalb bleibt mein Trikot blauweiss und mein Lieblingstier der Heugümper!

Neue Ufer

Rrr am Samstag den 8. Januar 2011

Es begab sich aber zu der Zeit, dass es die Mundartrockband Sowieso satt war, nur irgendeine Mundartrockband zu sein, und also wechselte sie den Manager aus.

band

Der neue Mann erstellte sofort eine Soll-Ist-Analyse, projizierte das Resultat auf eine Mindmap im Übungsraum, berief die Medien ins Bellevue ein und sprach: “Wir sind hervorragend aufgestellt und haben riesiges Potenzial, aber es kann und darf nicht sein, dass wir hier in der Deutschschweiz versauern, wir sind doch nicht irgendeine Provinzband.”

Die Schwächen seien offensichtlich, analysierte unser Mann. Der Sänger werde langsam alt, der Bassist sei höchstens Super League, der Schlagzeuger für die paar müden Takte viel zu teuer, und die Wurzel allen Übels seien die berndeutschen Texte, denn mit so etwas könne man das riesige Marktpotenzial nicht ausschöpfen, jenseits von Schaffhausen, Chur und Luzern sei ja schon finito mit Publikum.

Kein Grund zur Verzweiflung! Unser Mann war ein weitgereister, im Rockbusiness breit vernetzter und hoch kompetenter Manager, so wurde es jedenfalls in 187’283 Google-Fundstellen ohne nähere Quellenangabe kolportiert – er stellte die Band kurz darauf auf Hochdeutsch um, ersetzte den langsam alten Sänger durch einen bei RTL gecasteten Teeniestar, den Bassisten durch einen wirbligen Japaner und den Schlagzeuger durch eine sexy Blondine mit verführerischem Negligée, er kündigte eine Tournee durch die 88 wichtigsten deutschsprachigen Städte an und eine sensationelle neue CD, alle waren hell begeistert, der Durchbruch stand unmittelbar bevor.

Den Tourneestart in der Freiluftarena Koblenz erlebten 34 Zuschauer; der starke Mann im Hintergrund beschwichtigte weltmännisch, aller Anfang sei schwer. Es folgten Auftritte in Bregenz (28 Zuschauer), Nürnberg (15), Stuttgart (7), der Manager gab Durchhalteparolen durch, die sensationelle neue CD erschien, was leider kein Mensch bemerkte, die Tournee riss ein immer grösseres Loch in die Kassen, die sensationelle neue CD wurde jetzt schon im Ausverkauf angepriesen, beim Gig in Hannover war erstmals kein einziger Zuschauer anwesend, und etwas später musste die Band einen Kleinkredit aufnehmen, um dem Manager die vertraglich vereinbarte Abgangsentschädigung in sechsstelliger Höhe auszahlen zu können. Der Manager wurde kurz darauf zu einem neuen wichtigen Engagement in Kopenhagen berufen, und die Band werkelte derweil in Urbesetzung in einem Übungskeller in Bümpliz an ihrer nächsten CD. Also, Mini-CD. Mit berndeutschen Texten.

Was das alles mit Fussball zu tun hat? Natürlich nichts, gottseidank. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.

Immer nur Fussball?

Herr Pelocorto am Samstag den 1. Januar 2011

Nein, natürlich nicht. In meinem Leben sind neben Fussball auch andere Dinge wichtig, und wenn ich an 2010 zurückdenke, bleiben viele schöne Erinnerungen:

Die beste TV-Serie
Zweifellos Breaking Bad. Ich habe Walter Whites Entwicklung vom biederen Chemielehrer zum Drogenproduzenten mit fasziniertem Schrecken mitverfolgt und kann den Start der 3. Staffel kaum erwarten.

Der beste Film
Eine schwierige Entscheidung, denn 2010 war ein Jahr mit vielen hervorragenden Filmen (Up in The Air, Ghost Writer, A Serious Man, Un Prophète). Meine Wahl fällt auf El Secreto de Sus Ojos. Was für ein phantastischer Film! So kurz können zwei Stunden sein, wenn ein Film auf einer guten Geschichte beruht und mit einer erstklassigen Besetzung aufwartet. Vordergründig geht es um einen Mordfall zur Zeit der argentinischen Militärdiktatur. Doch dahinter verbergen sich die grundlegenden Fragen der Gerechtigkeit, der Rache, der Leidenschaft und der Liebe.

Eduardo SacheriDas beste Fussball-Buch
Da muss ich nicht zweimal überlegen: Eduardo Sacheris Die Hand Gottes und andere Tangos ist eine wunderbare Sammlung von Kurzgeschichten, die jedem, der Fussball liebt, das Herz öffnen. Einige Geschichten haben mich beinahe zu Tränen gerührt.

Die beste Kunstausstellung
Das ist ebenfalls einfach. Mission, die Ausstellung der Bilder von Stefan à Wengen im Kunstmuseum Luzern. Wieso die Ausstellung dieser unheimlichen Bilder nicht mehr Leute anzog, ist mir ein Rätsel.

Die beste Aufführung
Interessant, das geht auch an Mission. So hiess das Stück der Koninklijke Vlaamse Schouwburg. Was sich im Programm als abschreckender zweistündiger Monolog ankündigte, war eine Darstellung der Zerrissenheit der christlichen Missionare im Kongo mit suggestiver Kraft. Das Theaterstück hat mich sehr bewegt.

Die beste Ausstellung
Die fand im Stapferhaus Lenzburg statt, hiess Nonstop und konfrontierte mich mit allen möglichen Aspekten unseres beschleunigten Lebens.

Noch viele andere Erinnerungen werden wach, wenn ich an 2010 zurückdenke. Leider habe ich mein Ziel, mich jede Woche mindestens einmal mit Kultur auseinanderzusetzen, nicht ganz erreicht, dazu müsste ich auch noch die Restaurantbesuche dazu nehmen. Ich könnte Ihnen in Zürich etwa das Restaurant Monte Primero Wolfbach oder das Restaurant Florhof empfehlen, aber das würde doch zu weit führen.

In der Rückschau wundere ich mich, dass daneben immer noch so viel Zeit für Fussball blieb. Hoffentlich klappt dieser Ausgleich auch in diesem Jahr. Und bei den Gelegenheiten, die mir das neue Jahr bieten wird, halte ich mich an den Philosophen Dion Dublin:

That one would have been a goal if it had gone in.