Archiv für die Kategorie ‘Randregionen’

Gelbschwarz gewinnt …

Rrr am Sonntag den 11. Oktober 2020

… auch Bodø/Glimt!

Das ist ein Verein aus der nordnorwegischen Kleinstadt Bodø, der zwar schon 104 Jahre alt ist, aber noch nie Meister wurde. Bodø/Glimt war immer eine Liftmannschaft – mal erst-, mal zweitklassig. Das Höchste aller Gefühle war 1975 ein Cupsieg.

Zwar brachte der Klub viele Talente hervor. Doch die landeten alle frühzeitig bei Rosenborg Trandheim. So ging Bodø/Glimt langsam, aber sicher vor die Hunde. Der Tiefpunkt war 2016 ein weiterer Gang in die Zweitklassigkeit.

Das Team zerbrach, die Angestellten zogen von dannen – alles war im Umbruch. Und plötzlich entstand ein neues Team, das durchstartete: Direkter Wiederaufstieg 2017, starke Saison 2018, Vizemeister 2019! Worauf wieder etliche junge Schlüsselspieler dem Lockruf des Geldes erlagen und bei Klubs in den reicheren europäischen Ligen anheuerten. So waren sich die Experten sicher: Bodø/Glimt würde 2020 wieder im Abstiegssumpf stecken.

Nun, in der laufenden Saison gab es bislang 18 Siege, 2 Unentschieden, 0 Niederlagen. Die Mannschaft steht auf Platz 1, satte 18 Punkte vor dem grossen Rosenborg Trondheim. Noch zehn Spiele sind zu absolvieren, dann ist der erste Ligatitel im Trockenen. Und Bodø/Glimt womöglich bald schon der nördlichste Champions-League-Klub aller Zeiten.

“Das sind Geschichten, wie sie nur der Fussball schreiben kann”, sagte Herr Rrr heute morgen zu Herrn Shearer. Beide hatten Tränen in den Augen.

Kleine Kulturreise

Dr. Rüdisühli am Samstag den 10. Oktober 2020

Herzlich willkommen zur heutigen Kunstmatinee. Wir fahren ans Rheinknie.

Von unserem Sonderkorrespondenten Herr zuffi

Wenn es eine Stadt gebe in der Schweiz, in der Kultur und Fussball so richtig dicke zusammengehören, dann sei das Basel. Wie oft habe ich das gehört… Ständig wird einem das um die Ohren gehauen, bei sporadischen Blockflöteneinsätzen in der Stadt am Rhein, in Podcasts, in Aufarbeitungen der aktuellen Situation des dortigen FCs … Kurz: ich musste einfach verifizieren, ob da etwas dran ist. Und so reiste ich in eine durchaus fussballaffine Stadt voller Kultur.

Bereits bei der Ankunft fielen mir die zahlreichen Werbesticker für einen mutigen Independent-Film auf. Es scheint eine Art kritisches Remake eines Hollywood-Klassikers zu sein, aber diverser und mit mehr Lokalbezug. Scheinbar wurde der lahmen Schiffsgeschichte eine Prise Fussball hinzugefügt, was sicher nicht schaden kann.

Leider hatte das von mir aufgefundene Kleinstkino den Film (noch?) nicht im Programm. Aber trotzdem ein eindrücklicher Start!

Dann die Überraschung: Bei der Rheinquerung wurde mir bewusst, dass irgendetwas mit dem Selbstverständnis dieser Stadt nicht in Ordnung sein kann. Oder können Sie sich blau-rote Pontonierboote auf der Aare vorstellen? Eben.

Dann aber zägg: Museum Tinguely. Und Fussball im Überfluss. Geniessen Sie hier einige Bilder aus der Ausstellung von Taro Izumi. Izumi hat sich enorm viel Arbeit aufgehalst, weil er es lustig findet, Fussball-Fotos mit Hilfe von unglaublichen Konstruktionen nachzuempfinden. Der flüchtige Moment wird eingefangen, konserviert und reproduzierbar gemacht. Es bleibt einem der Mund offen vor Staunen und Lachen.

Interessant auch, dass sogar japanische Künstler anscheinend den Drang verspüren, das grosse Thema FCB-BSCYB verarbeiten müssen.

Nach einer weiteren Fährfahrt, einem äusserst leckeren spanischen Mittagessen in der schmucken Altstadt und dem obligaten Plunder am Hauptbahnhof (zuff’scher Tip: der beste aller Bahnhofsverpflegungsstände der Schweiz) musste ich die Stadt bereits wieder verlassen.

Zuhause wartete die obligate RL-Nachlesestunde, man will ja sein Abonnement nicht fahrlässig aufs Spiel setzen. Und da traute ich meinen Augen kaum: Irgendwie hat sich diese Stadt sprichwörtlich in mein System geschlichen und versucht nun anscheinend, zumindest meinen kleinen Rechner in Beschlag zu nehmen.

Furioses Feuerwerk

Herr Shearer am Donnerstag den 1. Oktober 2020

Heute ist Europa League!

Frage an Radio Eriwan: darf man auch dieses Jahr in der Europa League-Qualifikation seine Lieblinge anfeuern? Antwort: im Prinzip nein. Es sei denn, man tut es im letzten Training vor der Abreise. Der Play-Off zwischen Roter Stern Belgrad und Ararat Armenia wird um 19:00 Uhr auf neutralem Grund angepfiffen – aufgrund des aktuellen Konflikts zwischen Armenien und Aserbeidschan um die Region Berg-Karabach findet der Match im zypriotischen Nikosia statt. Die bekanntermassen ziemlich feurigen Anhänger des serbischen Meisters verabschiedeten ihr Team beim letzten Training im heimischen Maracana-Stadion mit einem kleinen Feuerwerk, das Sie in voller Pracht nun bitte hier geniessen!

Sind Sie auch schon ganz heiss? Gut! Um 20:30 Uhr greifen dann auch die Berner Young Boys nach den Sternen der Qualifikation für die Gruppenphase, und bereits um 13:00 Uhr startet hier unser Tippspiel.

Ärger an der Seitenlinie

Rrr am Sonntag den 27. September 2020

Heute lernen Sie Tony da Luz kennen.

Herr Da Luz ist Trainer der Wake Forest Demon Deacons, einem Frauenteam im US-College-Soccer, und er hat für seine aufbrausende Art schon öfter für Aufsehen gesorgt.

Im Spiel gegen die Duke Blue Devils stand es 0:0 nach 90 Minuten, worauf eine Verlängerung von zweimal zehn Minuten gespielt werden musste. Da Luz’ Team schindete in der 99. Minute einen fragwürdigen Foulpenalty hinaus, den Ryanne Brown leichtfertig verschoss.

Das wiederum brachte den Trainer in Rage. Seine Wut kriegte ein Plasticharassli an der Seitenlinie ab – nur: das Harassli wusste sich zu wehren. Und die Ersatzspielerinnen waren wohl froh, dass sie dank Mundschutz nicht riskierten, der Schadenfreude überführt zu werden. Das alles kriegen Sie mit einem Klick aufs Bild zu sehen.

So, das war unsere kleine Freude zum heutigen Tag, und nun können Sie sich wieder den Abstimmungsergebnissen zuwenden.

Kicker auf Kurzarbeit

Rrr am Mittwoch den 23. September 2020

Weltrekord? In Estland wurde ein Spieler nach 15 Sekunden ausgewechselt.

Lauri Suup kam, sah und ging wieder: Der Trainer von Nomme Kalju ersetzte ihn bei der ersten Gelegenheit, und die war nach 15 Sekunden. Geniessen Sie nun den kompletten Arbeitstag von Lauri Suup.

Übrigens wars nicht so, dass der Trainer unzufrieden mit Suup gewesen wäre. Vielmehr ist es so, dass in der obersten estnischen Liga immer mindestens ein Spieler in der Startformation stehen muss, der im eigenen Klub ausgebildet wurde. Trainer Marko Kristal hatte in diesem Fall wenig Auswahl, weil sich etliche Kaderspieler gerade in Quarantäne befanden.

Der Trainer bot deshalb Suup für den Kurzeinsatz auf – und ersetzte ihn sofort durch einen älteren Ukrainer. Kalju verlor das Spiel übrigens 1:2.

Eskalationsexport

Herr Winfried am Mittwoch den 23. September 2020

Heutiger TV-Tipp: Hooligans in den USA.

Fussi in den USA ist ja so etwas wie ein lauwarmes Planschbecken für frühere Tiefseetaucher in der arktischen See. Also fast. In der geschlossenen «Major League Soccer» finden immer wieder grosse Namen Unterschlupf. Vielleicht haben Sie es mitbekommen: Neulich hat Gonzalo Higuaín beim neu gegründeten Inter Miami CF unterschrieben. Das ist der Verein von David Beckham.

Bild: Instagram

Das Besondere an dem Verein ist aber nicht der gutaussehende Engländer oder der neue Stürmer aus Argentinien. Sondern Derek «Diablo» Alvarez – auch «The D» genannt. Alvarez ist selbsternannter Hooligan und gründete einen Fanclub (die Miami Casuals), bevor der Verein überhaupt existierte. Laut eigener Aussage will er den englischen Hooliganismus in die Vereinigten Staaten importieren.

Das mit dem Körperkontakt unter Zuschauern ist ja derzeit etwas schwierig. Aber Derek hat grosse Pläne – und ist gut vorbereitet. Lernen Sie den «Diablo» etwas näher kennen, indem Sie das folgende Filmchen angucken. Viel Spass!

Aus in Armenien

Rrr am Dienstag den 22. September 2020

Traurige Dinge aus aller Welt. Heute: Fola Esch.

Der luxemburgische Meister reiste in der Qualifikation zur Europa League nach Armenien. Ab der 43. Minute spielte Fola Esch in Überzahl und hatte das Spiel im Griff, in der 81. Minute gelang den Luxemburgern das 1:3.

Das war auch der Stand in der 90. Minute. Dann aber pfiff der Referee einen Foulelfmeter für Ararat Armenia – 2:3. In der letzten Sekunde der Nachspielzeit gabs nochmals einen Elfmeter – 3:3. In der 116. Minute machten die Armenier den Sack zu und schickten Fola Esch ins Tal der Tränen.

Trainer Sébastien Grandjean: “Ich kann es immer noch nicht glauben. Nach dem 1:3 wechselte ich extra einen Verteidiger für einen Stürmer ein, aber genützt hat es nichts. Das war das verrückteste Spiel meiner Karriere, so etwas möchte ich nie wieder erleben. Uns gehen mindestens 300.000 Euro flöten.”

Wir spüren es ganz deutlich, Sie möchten nun Bewegtbilder sehen.

Guillaume bei den Wallisern

Rrr am Samstag den 5. September 2020

Ex-YB-Star Hoarau sorgt jetzt in Sion für die Musik.

Gestern abend vergnügte sich der Franzose in der Bar le Mocambo und unterhielt die Menschen in der Altstadt von Sion mit einem spontanen Konzert – wie üblich mit seinen Kumpels.

Die Aufnahmen nähren die Gerüchte, wonach sich Hoarau dem FC Sion anschliessen könnte. Tagsüber vergnügte sich der Franzose in den Walliser Alpen, wie er selber auf Instagram dokumentierte.

Etwas später wurde er in Martigny gesichtet (wo bekanntlich Sion-Präsident Christian Constantin sein Büro hat) – und später dann eben in der Altstadt von Sion, wo er sich auch um die Getränkenachschub für seine Freunde kümmerte (unser Funkbild rechts / Video und Foto zvg).

Sion-Präsident Christian Constantin hat mehrmals deutlich gemacht, dass er an einem Transfer interessiert ist. Hoarau würde perfekt in sein neues Geschäftsmodell passen, das er am Freitag in der Westschweizer Presse erläuterte: Konzerte und Fussball im Tourbillon, alles am selben Nachmittag. “Und am Schluss gibts Raclette.”

Wir wünschen Guillaume Hoarau für seine weitere Karriere alles Gute.

Nigerianischer Meistertrainer

Briger am Montag den 24. August 2020

Heute lernen Sie Ndubuisi Egbo kennen.

Foto via kick442.com

Der 47-jährige amtete seit 2014 als Torwarttrainer des KF Tirana in Albanien, bei dem der frühere Nationaltorwart Nigerias zwischen 2001 und 2004 selbst Spieler war. Als Tirana, Rekordmeister des Landes, nach 13 Runden nur auf Platz 8 der Tabelle lag und sich bei zwar nur sechs Punkten Rückstand auf die Tabellenspitze in Abstiegsnot befand – erst 2017 war der Verein erstmals abgestiegen – entschieden sich die Vereinsbosse, ihren Torwartrainer mal bis Ende Monat als Trainer einzusetzen. Drei Spiele und einen Punkteschnitt von drei später, unter anderem wurde erstmals nach sechs Jahren der grosse Rivale KF Partizani bezwungen.

Egbo durfte bleiben und schrieb Geschichte. Als erster afrikanischer Trainer gelang es ihm, mit einem europäischen Team die Meisterschaft zu gewinnen. Sein Punkteschnitt blieb in den folgenden 22 Partien mit 2.32 Punkten im Schnitt beachtlich. Egbo ist damit auch der erste afrikanische Coach, der es geschafft hat, ein Team in die Champions-League-Qualifikation zu coachen. Nach einem 2:0 Auswärtssieg bei Dinamo Tiflis wartet dort morgen Dienstag in Tirana nun YBs letztjähriger Playoff-Gegner Roter Stern Belgrad.

Egbo, der seit 2001 in Albanien weilt, unterbrochen von drei Jahren beim ägyptischen Club El-Masry, hat eine Erklärung für seinen Erfolg. Es sei dies auf seinen Glauben zurückzuführen: “Es war die Situation, die mich gewählt hat, ich war nicht diejenige. Es war die perfekte Zeit für Gott. Er bereitete sie vor und sagte: ‘Es ist jetzt deine Zeit, sie zu ergreifen. Ich werde dich benutzen, um Wunder zu vollbringen.'”

Service auf Serbisch

Herr Winfried am Mittwoch den 19. August 2020

Kein Zugang zum Stadion – kein Problem! Ein Fernglas reicht vollkommen.

In Serbien sind nach wie vor überhaupt keine Zuschauer an Fussballspielen erlaubt. Also keine im Stadion – was ausserhalb geschieht, zählt eher nicht zum Schutzkonzept der Liga. Das haben findige Funktionäre des Erstligisten Sloboda Užice bemerkt.

Zunächst zur Ausgangslage: Užice ist eine Kleinstadt im Westen Serbiens, nahe der Grenze zu Bosnien-Herzegowina. Der örtliche FK spielt im Gradski Stadion, dieses fasst 12’000 Zuschauer. Ein Tribünendach gibt es nur auf der einen Längsseite. Sehen Sie selbst:

Bild: zvg

Das Stadion ist sozusagen coronakonform gebaut. Im Hintergrund erkennen Sie einige Gebäude, von deren Dächern oder auch oberen Stockwerken das Spiel ganz passabel mitverfolgt werden kann. Wer sich betreffend der idealen Position unsicher ist, kann auch ganz einfach den Club selbst fragen. Der FK Sloboda Užice hat dafür gesorgt, dass alle Bescheid wissen.

Das Stadion Wankdorf, Heimstätte der berühmten Young Boys, ist für Zaungäste weniger prädestiniert.

Wenn Sie trotzdem Ideen haben, um das Champions-League-Qualispiel gegen Slovan Bratislava oder Klaksvik live und bildschirmfrei zu verfolgen, teilen Sie uns diese mit!

Aufschlussreiche Antworten

Herr Winfried am Montag den 3. August 2020

Matthias Hüppi blickt im RL-Exklusivinterview voraus auf das Spiel heute Abend im Berner Wankdorf.

St. Gallens Präsident möchte das letzte Spiel der Saison gegen YB unbedingt gewinnen. Mehr zu seiner Prognose erfahren Sie direkt im Video. Film ab!

Produktion: H46 Films

Marseilles magischer Megafon-Mann

Herr Shearer am Donnerstag den 30. Juli 2020

Heute schauen wir in die Röhre.

Foto: Alain Sauvan

Weil wir haben da einen Filmtip. Praktischerweise müssen Sie dafür nicht einmal ins Kino, abendfüllend ist der Streifen mit einer guten halben Stunde Dauer auch nicht. Sie könnten also auch jetzt gerade, wo Sie doch sicher immer noch in Ihrem Büro daheim sind…

Vor zwanzig Jahren, am 28. Juli, starb in Marseille Patrice de Peretti, bekannt unter seinem Spitz- und Künstlernamen Depé. Alles über dessen kurzes, aber sehr bewegtes Leben als Capo im Stade Vélodrome und im Umfeld des grossen OM von Anfang der Neunzigerjahre lesen Sie in diesem langen und lehrreichen Artikel bei unseren Kollegen von SoFoot (allerdings auf französisch, mais ça vous fait certainement du bien). Ältere Leserinnen und Leser mögen sich vielleicht noch erinnern: früher waren bei Fussballspielen auch Zuschauerinnen und Zuschauer erlaubt, und bei den ganz heissblütigen sorgte ein Capo als Vorsänger dafür, dass die Anfeuerungen und Gesänge koordiniert durchs Stadion schallten. Hach, das waren Zeiten… Jetzt aber Film ab!