Es ist so eine Sache mit den Kollegen auf der Redaktion, auch gestern wieder. Ein kurzer Einblick in den Redaktionsalltag.
“Tami Herr Shearer, Ihr Link zur Putzfrau wäre mein Beitrag von morgen gewesen”, sage ich entrüstet, als ich um 17:00 die Redaktion betrete. Ab und zu kommt es vor, dass ein voreiliger Redaktor den ganzen Stoff von morgen verpülfert – das ist natürlich ärgerlich, weil dann die ganze “Recherche” von vorne beginnen muss. Herr Shearer findet das natürlich besonders lustig, und er hat keine bessere Antwort auf Lager als die folgende: “Machen Sie es trotzdem, unser Publikum kann sich normalerweise nach 24 Stunden an nichts mehr erinnern.”
“Genauso mache ich es!'”, denke ich mir und setze mich an den Computer. Während dieser aufstartet – das dauert übrigens ewig – reicht die Zeit locker, um die Tastatur von “Asche- und Chipsresten” zu befreien. Ich starte den Browser, öffne Google und tippe “SpVgg Weiden” ein. Ich klicke auf den Wikipedia-Link und lerne, dass der Verein in “Weiden in der Oberpfalz” beheimatet ist. Oberpfalz? Keine Ahnung, wo das ist. Egal. Mich interessiert sowieso eher die Sparte “News” zu diesem Suchbegriff, ich muss dem Leser ja etwas über diesen Vorfall mit der Putzfrau erzählen. Der Spiegel, die Welt, Yahoo und sogar ESPN haben die Geschichte aufgegriffen. Dort kann ich sicher irgendwo abschreiben.
Da kam also diese ahnungslose Putzfrau, lese ich, und wischt einfach diese über Jahre gesammelten Autogramme des SpVgg Weiden weg. Weil sie sie für Schmierereien von Jugendlichen hält. Boateng, Neuer, Ribéry, Guardiola, Klopp – sie alle hatten unterschrieben! Das ist ja eine Riesenstory, denke ich mir, da flippen die Leser aus! Die Reinigungskräftin sei neu gewesen, ist auch noch zu entnehmen. Die arme! Solche Geschichten ziehen ja immer. “Hinter jeder Unterschrift verbirgt sich ja auch eine Geschichte. Jeder von denen hat bei uns im Stadion gespielt”, kopiere ich ein Zitat der Vereinssekretärin raus. Und lese zum Schluss, dass der Verein versucht, sich die Autogramme wieder zu beschaffen.
Und so komme ich darum herum, einen Beitrag übern den einzigen Stadtberner Champions-League-Teilnehmer zu schreiben. Weil wie hatte doch Herr Shearers zweiter Ratschlag gelautet: “Los, Herr Maldini! So einfach werden Sie den Scheissjob nie mehr los!”
PS: Der SCB gewann in Linz mit 3:1.