Doof, wenn es einem schlecht geht. Gut, wenn andere noch mehr leiden.
Der sehr sympathische nordostenglische Klub Newcastle United war mal ziemlich gut und spielte sogar in der Champions League. Dann aber kam der medienscheue Sportwarenhändler Mike Ashley, kaufte den Verein und fährt den Verein seither in einem Zickzack-Kurs dem Abgrund entlang. In seine Regentschaft fallen zwei Abstiege, die zum Glück jeweilen mit dem sofortigen Wiederaufstieg kompensiert werden konnten. Der Klub taumelt aber weiter, bisher hat Trainer Rafael Benitez von seinem Chef kein Geld für dringend nötige Verstärkungen im Wintertransferfenster erhalten. Vor den Heimspielen finden inzwischen Demonstrationen vor dem Stadion statt, die Fans schreien, hoffen und beten, dass der unbeliebte Londoner endlich einen Käufer findet, der seine überrissenen finanziellen Forderungen erfüllt und Newcastle aus diesem Alptraum erlöst.
Foto: Craig Sugden / Spiegel.de
Wie aber einleitend gesagt, andern geht es noch schlechter. Der Erzrivale Sunderland, der stieg vor fast zwei Jahren aus der Premier League ab. Der Serien-Streamingdienst Netflix war da gerade auf der Suche nach einem Fussballklub, den man für eine neue Serie hautnah begleiten konnte, und der Sunderland AFC war gewillt, mitzumachen. Ein Jahr lang begleiteten Filmteams Mannschaft und Fans, die ebenfalls auf einen sofortigen Wiederaufstieg hofften. Schliesslich hatten Sunderland-Fans damals, als Newcastle den Weg aus der Premier League antreten mussten, ein Flugzeug mit fiesem Spruchband über den St James’ Park fliegen lassen. “Enjoy Burton away”, skandierten sie, bezugnehmend auf den Burtion Albion FC, den Provinzklub, der völlig überraschend in die Championship aufgestiegen war. Also, wenn die “Mags” immer gleich wieder aufsteigen konnten, dann sollte das auch in Sunderland problemlos möglich sein. Nun, die Saison wurde zum Desaster, am 21. April 2018 war der Abstieg in die dritthöchste Klasse und damit in die sportliche Bedeutungslosigkeit besiegelt; Sunderland verlor das Spiel der letzten Chance. Daheim. Gegen Burton Albion.
Item, herausgekommen ist die Dokumentation “Sunderland ’til I die”, die gar nicht so schlecht sei, wenn man den Reaktionen im Netz glauben will. Sofern Sie Netflix haben, können Sie sich das ja mal anschauen.
Das legendäre Tyne-Wear-Derby ist also derzeit ausgesetzt. Halt, nicht ganz! Vorgestern spielte Sunderland daheim im EFL-Cup, einem Wettbewerb für unterklassige Mannschaften und Nachwuchsteams, gegen die Junioren von Newcastle United (mit Ex-YB-Junior Yannick Touré ab der 56. Minute). Die 0:4-Niederlage hielt den zahlreich mitgereisten Anhang aus dem sehr schönen Newcastle nicht von gemeinen Gesängen ab, wie das hier getwitterte Filmchen zeigt.
Newcastle fans singing “We saw you cry on Netflix” away at Sunderland last night. 😂 pic.twitter.com/Uyq7duHrjY
— Sunday League FC (@SundayLeagueFC) 9. Januar 2019