Heute reisen wir ins Jahr 1974 und machen Halt in Madrid.
Paul Breitner erinnert sich im Magazin der Süddeutschen Zeitung an seine ersten Tage bei Real.
“Günter Netzer, der ein Jahr vor mir ging, hat mich vorgewarnt, was auf mich zukommen würde, aber ich habs nicht geglaubt: Ich komme also vor meinem ersten Spiel in den Speisesaal und sehe ein Meer von Messern und Gabeln, auf jedem Vierertisch eine Flasche Rotwein. Ich denke, ich bin falsch, suche mir den nächsten Kellner und frage, wo isst denn die Mannschaft? Er sagt, da, wo Sie gerade rausgekommen sind. Es kamen sieben Gänge.
Am Spieltag. Anstoss um 16.30 Uhr. Die sind ja blöd, dachte ich mir. Und habe mir, wie ich es von Bayern kannte, zwei Spiegeleier oder ein kleines Steak ohne alles machen lassen und eine Cola dazu getrunken. Die anderen Spieler sagten: Ja, ja, so hat La Rubia – Günter hiess La Rubia, die Blonde – auch angefangen, und nach sechs Wochen hat er genauso gegessen und getrunken wie wir. Bis 1974 habe ich ja kaum Alkohol getrunken, vielleicht mal einen Pommery oder einen Gin Fizz, na ja, mal ein Weißbier, aber sonst nichts. Die anderen haben die sieben Gänge gegessen und Wein getrunken. Ein Glas? Eher zwei.
Um halb drei sind sie aufgestanden, an die Tagesbar gegangen und haben Carajillo getrunken, Espresso mit Brandy, dazu gab’s zwei, drei Zigarettchen. Um kurz vor drei haben sie die letzte Zigarette ausgedrückt, und wir sind in den Bus und ins Stadion. Spiel begann, ich schau und schau und bin gespannt, wer von meinen Nebenspielern als Erster zusammenbricht. Passierte aber nicht. Wir haben gewonnen. Zweites Spiel – same procedure. Drittes Spiel wieder. Vor dem vierten Spiel fragt mich der Kellner: Spiegeleier oder Steak? Sage ich: Stopp. Ab sofort nehme ich alles so wie die anderen. Inklusive Rotwein. Und es hat nicht geschadet.
(Nachfrage im Interview: “Im Zeitalter der Ernährungswissenschaft wäre das schlecht möglich.” – Breitner: “Wieso? Ich weiss ganz bestimmt, dass das bei einigen Vereinen in Spanien immer noch so gehandhabt wird.”)