Die Schlacht von Bern, Teil II.
Ältere Leserinnen und Leser erinnern sich, letzte Woche ging es um die Berichterstattung zur Schlacht von Bern in der DDR.

Ein Funktionär mit Funkgerät und ein Fotograf mit Rolleiflex-Kamera erwarten auf dem Spielfeld die Mannschaften vor Beginn des Viertelfinals der Fussball- Weltmeisterschaft zwischen Ungarn und Brasilien am 27. Juni 1954 im Wankdorf-Stadion in Bern. Ungarn gewinnt den Viertelfinal der Fussball WM gegen Brasilien mit 4:2. (KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/Str)
“Neues Deutschland” vermeldete am 30. Juni, dass “bereits zahlreiche Stellungnahmen von Sportlern” eingetoffen seien, “die aufs schärfste dieses Gangstertum verurteilen. Mit Recht vergleichen unsere Sportler die Methoden der Brasilianer mit denen, wie sie von Faschisten und Rowdys angewandt werden. Mit Recht stellen unsere Sportler die Frage: Ist der Überfall der Brasilianer mit Vorbedacht organisiert worden, um die ungarischen Spieler zu verletzen und sie so an der Erringung der Weltmeisterschaft zu hindern? Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Spiele um die Fußball-Weltmeisterschaft von gewisser Seite in den Dienst der schmutzigen amerikanischen Politik gezogen werden, für die ein sportlicher Sieg eines volksdemokratischen Landes gleichzeitig eine Niederlage bedeutet.” Im Hinblick auf die bevorstehnde Partie gegen Uruguay meldete “Neues Deutschland”: “Man darf […] gespannt sein, ob die “Urus”, die bereits im Spiel gegen England ebenfalls Kostproben ihrer südamerikanischen Auffassung vom Fußball abgaben, anständige Verlierer sein können.”

Der ungarische Torhueter Grosics boxt im Halbfinal der Fussball- Weltmeisterschaft zwischen Ungarn und Uruguay am 30. Juni 1954 im Stade Olimpique in Lausanne den Balll vor dem uruguayischen Stürmer Souto ins Feld zurück. Ungarn gewinnt den Halbfinal der Fussball WM in der Verlängerung mit 4:2. (KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/Str)
Im folgenden nun ein Auszug aus den Stellungnahmen, welche die Redaktion erreichten.
Bringfried Müller, Kapitän von Wismut Gera: “[…] Deshalb verwerfe ich solche Vorfälle, wie sie von den Brasilianern in der Schweiz inszeniert wurden. Auch das Verhalten Liebrichs, das ich im Fernsehfunk beobachten konnte, muß ich aufs schärfste verurteilen.”
Hans Begale, Kapitän der Handball-Mannschaft Lokomotive Gera: “[…] Die Brasilianer zeigten sich nicht nur als schlechte Verlierer, sondern zugleich auch als Raufbolde. […] nicht würdig […] einem Weltmeisterschaft-Turnier […] Ich betrachte das Verhalten der Brasilianer als eine Provokation gegenüber der ungarischen Mannschaft und ihrer volksdemokratischen Heimat […]
Motor Warnemünde: “Mit Empörung hat das Kollektiv der ersten Fußballmannschaft von den Vorfällen Kenntnis genommen. Wir veruteilen aufs schärfste dieses unsportliche Verhalten der Brasilianer, aus dem man erkennt, daß mit allen Mitteln versucht wird, die ungarische Mannschaft zu schwächen. Wir protestieren energisch dagegen, daß man die Weltmeisterschaft unter Ausnutzung faschistischer Methoden entscheiden will.”
Studenten und Lehrkörper des Instituts für Körpererziehung Berlin: “Als Sportler der deutschen demokratischen Sportbewegung sind wir über das Verhalten der brasilianischen Spieler, das die internationale Sportfreundschaft aufs gröbste verletzt, zutiefst empört.”
Quelle: “Neues Deutschland” vom 30. Juni 1954, zu konsultieren z.B. in der Schweizerischen Osteuropabibliothek Bern, an der Hallerstrasse 6.