In Cadaqués wurde gleich zu Beginn der Saison um die Trofeu Joan Canaleta gespielt.
Von unserem Sonderkorrespondenten Dr. Eichenberger
Was für eine Affiche! Die heimische Unió Esportiva Cadaqués duellierte sich mit dem Club Esportiu Llança um den schönen Pokal, gestiftet von einer gewissen Joan Canaleta. Höhepunkt und Lokalderby zugleich, liegt doch Llança nur einen Katzensprung nördlich von Cadaqués. Beide Teams spielen in der Tercera Division Catalana. Diese wurde vor zehn Jahren gegründet und in 17 (siebzehn!) Gruppen aufgeteilt. In Spanien entspricht dies der siebten Liga, aber Catalunya (dt: Katalonien, die Red.) gehört bekanntlich nicht zu Spanien. Hier sprechen sie auch nicht Spanisch, sondern eine Geheimsprache, die alle anderen nicht verstehen: Catala (Katalanisch, die Red.)
Das Spiel: Natürlich begrüsste der Stadionsprecher das Publikum auf Catala. Ich konnte seinen Ausführungen nicht folgen und verpasste es, mir die Namen der Spieler zu notieren. Auch erschloss es sich mir nicht, welches Team in Gelb-Rot und welches in Blau auflief. Ich beschloss spontan, die mit den gelb-rot gestreiften Leibchen zu unterstützen, diese sahen aus wie die katalanische Flagge. Aber ohalätz: Blau legte los wie die Feuerwehr, ging bald in Führung und schoss bis zur Halbzeit weitere Tore. Da verlor ich den Überblick, weil die digitale Anzeigetafel im Stadion nicht bedient wurde und neben mir keiner laut mitzählte – gut, verstanden hätte ich eh nichts.
Das Stadidon: Heimat der U.E. Cadaqués ist das Camp de Futbol Municipal mit einem schönen Kunstrasen. Leider haben es die Gemeindebehörden verpasst, das Stadion auf den Namen ihres berühmtesten Einwohners zu taufen: Salvador Dalí. Die kulturaffinen unter Ihnen heben jetzt den Daumen in die Höhe und rufen aus: «Das ist der Künstler mit dem lustigen Schnauz!» Sein Wohnhaus am Meer ist eine beliebte Tourismusattraktion, hier lebte und arbeitet Dalí …. aber das gehört jetzt nicht hierher.
Die Stimmung: Handgezählt neunundneunzig Personen verfolgten diese wichtige Partie ohne grosse Emotionen. Umso katalanischer ging es auf den Ersatzbänken zu und her, aber schauen Sie selbst:
Der Mann des Tages: Der Schiri! Er arbeitete gleich für drei, beide Linienrichter glänzten durch Abwesenheit. Er hatte aber alle und alles im Griff und ahnte und ahndete mögliche Offsidepositionen mit sicherem Gespür.
Gastronomie: Das Stadion verfügt über eine schmucklose Bar mit spärlichem Angebot: aus dem Zapfhahn gibt es Cervesa Estrella Damm, Süssgetränke aus der Dose, dazu Chips und so. Falls Sie einen Fussballbesuch nach Cadaqués in Erwägung ziehen, müssen Sie aber nicht hungern. Nach dem Spiel empfehlen wir ein Abendessen im Restaurant Compartir. Ihren Besuch müssen Sie mindestens drei Wochen vorher anmelden. Que aprofiti! (dt: Wohl bekomms, die Red.)
Dank: Der Autor dankt allen, die ihn bei diesem abenteuerlichen Unterfangen unterstützt haben. Ursula Hirt für ihre Geduld und das kritische Gegenlesen; Prof. Enrique Ros für seine kulturellen und kulinarischen Tipps; Herr Rrr für die Spesenentschädigung; den Sponsoren Casa Salvador Dalí, Cervesa Estrella Damm, Restaurant Compartir. Moltes gracies! (dt : Merci, die. Red.)
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Das ist ein grossartiger Beitrag! Und ich sehe in der Stadionbar alles was nötig ist um knapp zwei Stunden zu überleben.
Geschichten, wie sie nur der Fussball schreibt. Ich danke Ihnen.
Reportage des Jahres!
Wie meinen Sie das genau auf Ihrer Spesenrechnung, Herr Doktor? „Diverse Auslagen 4800.-„
Ein fantastischer Beitrag mit grossartigen Bildern. Auch die innovative Kameraführung im Video gefällt.
Die Bar ist doch gar nicht so übel? Bauhaus!
¿„Diverse Auslagen 4800.-„? Kommt in etwa hin, für den klammen Fachblog mache ich gerne Abstriche.
Ah, Herr Doktor hat noch die spanische Tastatur eingestellt. Also die katalanische, vermutlich.
Bei der Gelegenheit herzliche Gratulation an den FC Barcelona, der gestern in der letzten Minute noch das 1:1 gegen Granada schiessen konnte.
Mein Katalanisch ist etwas eingerostet, aber das Schild sagt doch, dass man Agglomerationen im Umkreis der Bar vermeiden soll, und wenn man dann sieht, wie das Stadion eingebettet ist, muss ich sagen: Das liegt doch mitten in den Häusern, und offenbar hat “jemand” in Spanien “sich erlaubt”, die Bauzonenordnung etwas “kreativ” auszulegen, wäre ja wohl “nicht das erste Mal”.
UND WAS IST MIT MAILAND?!
Mailand wird im Allgemeinen überschätzt, Herr Baresi,. Sie meinten doch die Blau-Schwarzen aus China, nicht wahr?
Und was ist mit Silvio, Herr Doktor? Forza Silvio!!!!
Das Konzept für einen Besuch bei Silvio und seiner AC Monza ist in Arbeit, Herr Rrr. Das wird aber nicht ganz billig.
Keine Sorge, wenn ich Herrn Valderama das Kindergeld streiche und Herrn Shearer den 13. Monatslohn, bin ich wieder flüssig.
Enrique Ros forever!
….beim durchlesen spürte ich die Anspannung von Dr. Eichenberger beim verfassen des Artikel…
Sehr schöner Beitrag, vielen Dank!
Als kleiner Nachtrag möchte ich noch anfügen, dass ich dort gezeugt worden bin (falls das jemand interessiert).
Sehr schön, und bestimmt ein tolles Klima dort. Was ist denn das Geschenk rechts hinten auf dem Pokaltisch?
Im Stadion in Cadaqués?
Cadaqués ist übrigens recht schön und dann hat es dort ein Museum mit viel Dali drin und auch das ist noch interessant. Aber klar, Fussi.
gut antizipiert, Herr Rrr.
Und um genau zu sein: auf der Torlinie!
In der Bar?
Das erklärt natürlich einiges, Herr Alleswisser, und zeigt eindrücklich den Erfolg einer konsequenten Frühförderung.
Meinten Sie Milchbar, Herr Je?
die ersatzbank ist noch nichts im vergleich, wie ich es erlebt habe, als ich in einem spanischen verein gespielt habe. der träner sagte in seiner kabinenansprache: ‘isch nume schiri wo schnure, klar?’ und alle haben genickt und gesagt ‘ja träner’. nach jeweilen fünf war das geschrei auf dem platz so laut, dass ich in gleich zwei spielen in der pause zum gegnerr gegangen bin und gesagt habe ‘regt euch nicht auf, die ärgern sich übereinander und fluchen gegen sich, nicht gegen euch’ –
nach jeweilen fünf minuten (Anm. d. Red.)