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Mit Ach und Krach zum Kasach (V und Schluss)

Dr. Rüdisühli am Donnerstag den 29. September 2016

Das ging aber rassig! Unser Sonderkorrespondent Herr Shearer ass Kartoffelsuppe mit Kurt und ist nach fünfeinhalb Tagen Reise in Astana eingetroffen.

astana_logo_320_3„Liebe Freunde des eurasischen Fussballs, ich melde mich zum letzten Mal aus dem Zug; Juri und Igor sind letzte Nacht in Ufa wieder ausgestiegen, dafür ist ein junger Kerl aus Karaganda neu im Abteil. Als er sein Gepäck unter der Sitzbank versorgen wollte und diese deshalb hochklappte, kam ein grosser Kessel Honig zum Vorschein. Das Schlafwagenpersonal treibt offenbar nebenbei noch etwas Import-Business.

Morgens wurde ich dann auch noch in ihr Abteil zum Tee eingeladen und mit einer Flasche kasachischen Wodkas der Marke Parlament beschenkt. Dafür musste ich zum wiederholten Male über Löhne und Lebenshaltungskosten Auskunft geben. Wussten Sie übrigens, dass der Bruder des einen „Provodnik“ (Schlafwagenbegleiters) Fussballprofi ist und beim Zweitligisten Kairat Almaty die Nummer sieben trägt? Sehen Sie, da war ich auch ein bisschen überrascht. Er zeigte mir dann ein Bild seines Bruders, und ab sofort ist Kairat meine Lieblingsmannschaft in der zweithöchsten kasachischen Liga, weil auch Gelb-Schwarz.

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Etwas später werde ich wieder ins vorderste Abteil gerufen; kaum habe ich mich gesetzt, stellt man mir schon eine Schüssel Suppe auf den Tisch. Auch mein kasachischer Abteilgenosse isst mit. Die Begleiter haben in ihrem Abteil eine Kochplatte, und heute haben Sie eben Suppe gekocht, mit Kartoffeln, Nüdelchen – und Kurt! Kurt ist eine Art Frischkäse aus Stutenmilch, er gibt dem ganzen einen angenehm säuerlichen Geschmack. Und Dill darf natürlich auch nicht fehlen, viel Dill schwimmt da in der weissen Brühe. Es schmeckt lecker und macht satt. Ich werde mich für die grosszügige Gastfreundschaft mit einem Kilo Schoggi und YB-Feuerzeugen zu revanchieren versuchen.

dscf3311Den Ural und damit auch die Grenze zwischen Europa und Asien haben wir gestern Vormittag überquert. Ein Obelisk an der Bahnstrecke kennzeichnet den Punkt. Tscheljabinsk haben wir mittags hinter uns gelassen, über Kurgan zuckelte der Zug weiter in Richtung kasachische Grenze. Die Landschaft hat sich schon mal angepasst, am Fenster wird jetzt Steppe gezeigt.

Eigentlich wollte ich Ihnen an dieser Stelle ein Video aus dem Zug präsentieren. Aber hier in den Wäldern und Steppen ist die Datenübertragung ein Glücksspiel sondergleichen. Also ein paar Worte statt bewegter Bilder: Unser Wagen wurde 1991 in Ostdeutschland gebaut, so wie quasi alle Personenwagen der russischen Staatsbahn zur damaligen Zeit aus der DDR kamen. Der genau gleiche Typ wurde wohl jahrzehntelang so gebaut, ohne irgendwelche grossen Änderungen oder gar Modernisierungen zu erleben.

Das Interieur aus Holz und Kunstleder ist verlebt, aber das Personal gibt alles, um die Wagen sauber zu halten. Die Viererabteile haben auf beiden Seiten zwei Betten, zum Schlafen sind die unteren beiden Plätze zwar beliebter, weil die Kletterei entfällt und es etwas weniger rumpelt, allerdings muss man morgens dann auch mal aufstehen, damit die andern zum Frühstück sitzen können. Ein grosszügiger Klapptisch dient als Ablage für Geschirr und Besteck.

Damit wären wir auch schon beim Thema, was man denn unbedingt mittnehmen muss, wenn man es sich mehrere Tage gemütlich einrichten will: Neben geeigneter Verpflegung (Nudelsuppen, Quick-Lunch, Brot, Käse, Wurst etc.) sind ein Sackmesser, eine Gabel und ein Löffelchen Sackbefehl. Und natürlich die Tasse, am besten aus Blech oder stabilem Plastik. Schlimmstenfalls kriegt man aber auch einen „Stakan“, ein Teeglas im dekorativen Metallhalter, beim Provodnik.

Wichtigstes Inventarteil ist aber der „Titan“, der grosse Wasserkocher am Eingang, welcher ununterbrochen kochend heisses Wasser für Tee, Kaffee und Nudelsuppen liefert und wo man sich einfach bedienen kann. Ich konnte gerade noch ein Bild davon schiessen, bevor die äusserst humorlose russische Zugchefin die Kasachen zurechtwies, das Fotografieren im Wagen zu unterbinden, denn das helfe potentiellen Terroristen. Das Schmunzeln der Provodniki hinter dem Rücken der obersten Autorität im Zug hat dann allerdings auch Bände gesprochen. Nun gut, als Europäer bin ich den Russen natürlich verdächtig; die volle Verantwortung für das Handelsembargo habe ich auch bereits übernommen.

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So, jetzt aber fertig mit dem Exkurs in die Eisenbahnwelt und zurück zum allerwichtigsten auf der Welt – dem BSC Young Boys aus Bern! Wenn Sie das lesen, bin ich schon voll auf das schwere Auswärtsspiel gegen den FK Astana fokussiert. Besten Dank für Ihr Interesse in den vergangenen Tagen, do svidanjea und Hopp YB!“

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25 Kommentare zu “Mit Ach und Krach zum Kasach (V und Schluss)”

  1. Herr Maldini sagt:

    Löhne und Lebenshaltungskosten

    Erzählen Sie doch endlich, Herr Shearer, wie steht es denn bei Ihnen um Lohn und Lebenshaltungskosten? Wie schaut es mit Zivilstand, Freunden und Hobbys aus?

  2. nadisna sagt:

    Hopp Herr Shearer! Das war ein wunderbarer Reisebericht. Beinahe hatte ich das Gefühl, als wäre ich dabei.
    Fast schade eigentlich, spielt YB nicht noch weiter ostwärts.
    Mögen unsere Jungs heute Abend auch ein solches Herzblut zeigen. Hopp YB!

  3. Ernesto Escobar de Tijuana sagt:

    Wenn Sie das lesen, bin ich schon voll

    Herr Shearer, bitte wie?

  4. Alleswisser sagt:

    spielt YB nicht noch weiter ostwärts

    wie wär’s mit Wladiwostok?

    Und im übrigen schliesse ich mich dem Dank an und auch für mich gilt

    Beinahe hatte ich das Gefühl, als wäre ich dabei.

    Hoffentlich wird Ihre schöne Reise nicht durch das abendliche 3:0 getrübt.

  5. Sgt.Pepper sagt:

    Toller Bericht !
    Interessante Wiederaufbereitungsanlage und das ganze nur für Wasser?
    HoppYB

  6. Harvest sagt:

    Das war ganz grosser Blogismus, Herr Shearer. Bravo!

  7. Baresi sagt:

    die volle Verantwortung für das Handelsembargo habe ich auch bereits übernommen.

    Ich kann mich nicht erinnern, Ihnen die Befugnis dazu gegeben zu haben.

  8. Frau Senn sagt:

    Danke fürs Mitnehmen Herr Shearer – und hopp YB!

  9. Nörgel sagt:

    Grande Shearer!

    Ich trinke ein Bier für Sie mit in der Halbzeit. Was darf’s denn sein?

  10. Newfield sagt:

    Well done, you Herr Shearer. Und sowas …

    Mögen unsere Jungs heute Abend auch ein solches Herzblut zeigen.

    astana

    … von Wort, Frau nadisna.

    YOUNG!

  11. Newfield sagt:

    BOYS!

  12. Newfield sagt:

    Messi.

  13. imi sagt:

    BREAKING!!!
    29. September 2016 um 12:36

    Herr imi hats nach Monaten gemerkt!

    Also, dass Herr Pelocorto keine Kunstmatinee mehr macht und keine Beiträge mehr schreibt, weiss ich natürlich schon lange. Ich meinte jetzt eher, dass er auch schon lange nicht mehr kommentiert hat.

    Ich hoffe halt einfach, dass er wohlauf ist und immer noch für den GC fänen tut. Weil der Verlust von JimBobIII geht mir immer noch nahe!

  14. Briger sagt:

    Schon zweimal kam dieser Shearer jetzt bereits im TV-Bild, jetzt reichts dann.

  15. Aarhus GF sagt:

    hopp herr shearer!

    HOPP YB!!!!!!!!! tami.

  16. Frau Weber sagt:

    Messi vielmal Herr Shearer! Und äbe: Hopp YB!

  17. Max Power sagt:

    Ich trinke ein Bier für Sie mit in der Halbzeit. Was darf’s denn sein?

    Ich trinke grad ein Whisky Ale. Sehr lecker.

  18. Briger sagt:

    Dieser Shearer hat doch Freunde beim kasachischen TV, darum kommt der ständig im Bild.

  19. maude sagt:

    Ich melde mich zum letzten mal aus dem Zug

    Das ist aber schade. Danke viel mal, Herr Shearer!
    Hopp YB!!!

  20. clanam sagt:

    Haha unsereins hat einen handlichen elektrischen Teewärm-Krug… Ist diese Wasserwärmungsmaschine für den ganzen Zug gedacht?

  21. Natischer sagt:

    Prächtigstvorstellbare Reiseberichterstattung, Herr Shearer!

  22. R'olé sagt:

    Merci!
    Und tolle Bilder (Fotograf Schärer lacht).

  23. R'olé sagt:

    Ah, es war Scherrer

  24. Problemfan sagt:

    Wodka der Marke Parlament

    WOLLEN!!!!!!

  25. knappdaneben sagt:

    Sie sind sehr gut gefahren.
    Ich danke Ihnen.