Und dann kam Darth Vader

Die entsorgten Lenin-Denkmäler in der Ukraine.

Historisches Museum Dnipropetrowsk (heute Dnipro). 13. November 2015

Manche sind froh, dass er weg ist. Weil es ein Zeichen ist, dass sich die Zeiten geändert haben. Weil er für einen Schrecken stand, den sie nicht mehr jeden Tag vor Augen haben wollten. Anderen dagegen fehlt er. «Als wir aufwachten, hatte Lenin keinen Kopf mehr. Und niemand tut etwas! Wir sind mit Lenin aufgewachsen, Herrgott nochmal! Sehen Sie sich das Chaos an, das wir in unserem Land haben!»

Schabo, Region Odessa, 21. November 2015

Charkiw. 2. Februar 2016

So hat es eine ältere Ukrainerin dem französischen Journalisten Sébastien Gobert gesagt. Zusammen mit dem Fotografen Niels Ackermann, der in Genf und Kiew lebt, hat er sich auf die Suche gemacht. Über fünftausend Lenin-Denkmäler gab es in der Ukraine einmal. Dann kam der Abschied vom Kommunismus, und heute steht keines von ihnen mehr. Wo sind sie hin? Was der Fotograf und der Journalist aufgespürt haben, in Privatsammlungen und Museumsdepots, auf Schrottplätzen und an Strassenrändern, das puzzelt sich zusammen zur Diagnose eines zerrissenen Landes.

Slowjansk, 15. September 2015

Charkiw, 2. Februar 2016

Odessa, 21. November 2015

Kiew, 5. Februar 2016

Krementschuk, 30. März 2016

Ukrainisches Haus, Kiew, 12. Januar 2016

Museum der Sowjetischen Besetzung, Kiew, 12. September 2015

Tschernobyl, 6. Oktober 2016

Gemeinsam machen Ackermanns Fotos und Goberts Interviews klar, wie sehr das Selbstverständnis der Ukrainer bis heute um ­Lenin kreist; im Guten wie im Schlechten. Und wie verzwickt so eine «Entkommunisierung» tatsächlich ist: Lenin ist noch da, dort draussen, aber auch in den Köpfen. In Odessa hat sich ein Künstler den Scherz erlaubt und Darth ­Vader, den Finsterling aus «Star Wars», auf Lenins leeren ­Sockel gestellt. Im Dorf Horbani haben ihn derweil einige in einem Wald versteckt, um ihn zu retten. Weil sie ihn mögen. Und weil sie damit rechnen, dass sich die Verhältnisse im Land vielleicht bald wieder ändern: Man könnte ihn noch einmal brauchen.

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Der 30-jährige Genfer Niels Ackermann lebt seit 2015 in der Ukraine. Er ist Fotojournalist für internationale Zeitungen und Magazine und hat mit seinen Projekten schon diverse Preise abgeräumt. Darunter auch den Swiss Press Photo Award.

Im Coalmine-Forum für Dokumentarfotografie in Winterthur sind die Bilder bis zum 23. Dezember 2017 ausgestellt.

Information zum Fotografen finden sie hier.

Ein Kommentar zu «Und dann kam Darth Vader»

  • René Borel, Brünnmatt 2, CH3045 Meikirch bei Bern sagt:

    Die Fotoreportage fand ich sehr interessant.
    Anlässlich meiner Reise nach Littauen 2017 könnte ich Ihnen, sofern interessiert, auch noch ein zum Thema passendes Foto zukommen lassen.

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