So schön kann Logistik sein
Autoverladung im Hafen von Emden, Deutschland
Diese Branche umspannt die Welt, aber man sieht sie kaum und bemerkt sie selten. Man muss schon warten, bis es Abend wird, vielleicht auf dem Perron eines Provinzbahnhofs irgendwo im Schweizer Mittelland. Ein aus der Dunkelheit heranrollendes Dröhnen, dann erscheinen ihre Namen kurz im Licht, um im gleichen Rhythmus verhallend wieder zu verschwinden: MOL, ZIM, CMA, MSC, CNC, APL, P & O.
Containerterminal, Hamburg, Deutschland
Aufbereitung und Lagerung von Steinkohle im Hafen von Rotterdam, Niederlande
Es sind die Embleme auf den Containern eines Güterzugs: die Weltmarken einer Ökonomie hinter der Ökonomie, die Hieroglyphen der planetarischen Warenströme. Logistik also? Klingt zu bescheiden: Ohne sie gäbe es die Globalisierung nicht. Der deutsche Fotograf Henrik Spohler hat sich die Realität auf der Rückseite des alltäglichen Konsumgeschehens angesehen, und zwar bei Tag: Seine Bilder bringen die gewaltige Infrastruktur zum Vorschein, die die Dinge rund um den Globus zirkulieren lässt. Es sind Frachtflugplätze in Deutschland, Verteilzentren in Polen, Rangierbahnhöfe in Spanien, Tiefwasserhäfen in China – aber eigentlich spielt die Geografie keine Rolle. Das sind ortlose Orte, Landschaften einer eigenen, globalen Art.
Rastplatz, Nordspanien
Frachtflugzeug, Frankfurt, Deutschland
Retourenlager eines Online-Händlers, Haldensleben, Deutschland
Was macht sie aus? Nicht zuletzt sind es die Formen, die Spohler schon in seiner Arbeit über die industrielle Landwirtschaft kenntlich machte («The Third Day», 2013): So wie Baumschulen oder Erdbeerfelder tendieren auch die Räume des Verkehrs zum Raster. Norm, Serie, Masse: Die Logik der Ökonomie transformiert die Wirklichkeit. Die Welt wird selber zur Tabelle.
Zufahrt zum Containerterminal, Insel Yangshan, China
Containerterminal, Yangshan Tiefwasserhafen, China
Dazu kommt eine irritierende Schönheit. Verkehr ist Bewegung, und die Globalisierung macht niemals Pause, aber auf diesen Bildern steht alles still. Und so wie die Infrastruktur den Globus erobert und die Natur verdrängt hat, befreit sie sich vom Menschen: Weit und breit ist keiner. Die Welt, wie sie Henrik Spohler zeichnet, ist eine Technosphäre, die uns nicht mehr braucht. Trostlos wird sie deshalb nicht, und auch das ist eine Überraschung: Es liegt ein kühler Friede auf den asphaltierten Flächen.
Paket-Verteilzentrum, Lodz, Polen
Auch wenn man es bisher nicht für möglich gehalten hätte: Es gibt eine Logistik für Melancholiker.
Rollfeld, Frachtflughafen Leipzig, Deutschland

Henrik Spohler: In Between. Text von Thomas Assheuer. Hartmann Books, Stuttgart 2016. 128 Seiten, 56 Abbildungen, etwa 45 Franken.
2 Kommentare zu «So schön kann Logistik sein»
Wir kennen es von der Werbung: Schöne Bilder. Wer weiss denn schon dass von den rund 40.000 Containerschiffen die meist so lange auf See sind bis sie wegen Rost Auseinandrebrechen&das gesammte Gut versinkt&das hochgiftige Schweeröl das Meer verschmutzt. 20 Containreschiffe verschmutzen pro Tag, Schweeröl billig aber unglaublich giftig,die Umwelt mehr als ALLe Autos auf der Erde zusammen.Ausserdem fördern die Dybalance der Meeresbewohner, Invasive Arten durch Wassergewichtausgleichen wo anders wieder ablassen, Korallensterben, jeder 3. Meeressäuger hat Höhrschäden,strandet, weil die Motore der Gigantischen Schiffe wie mehere Düsenjets das fragile Höhrsystem der Meeressäuger massiv (zer)stöhren. („Seeblind“ auf Youtube heisst der Fim der auch auf SRF ausgestrahlt wurde)ausgestrahlt wurde
Verrückte Welten, schöne Bilder und tolle Aussichten!?!
Kommentar auf SRF von Daniel Wüthrich, Ittigen
(Mittwoch, 15.06.2016, 09:15)
Dieser Film ist tendenziös und überhaupt nicht objektiv. Viele Behauptungen und Anschuldigungen sind schlicht falsch. Dass jeder Transport eine Umweltbelastung ist, weiss nun jeder, genauso ist erst bei Lastwagen und Flugzeugen. Als Angestellter einer Reederei staune ich nur, weshalb SRF einen solchen Film überhaupt sendet. http://www.srf.ch/sendungen/dok/seeblind-der-wahre-preis-der-frachtschifffahrt#main-comments
Mein Fazit: Die eindrücklichen Bilder regen zum Nachdenken und Hinterfragen an und das ist gut so!