Terror aus heiterem Himmel

 

Sein berühmtestes Bild von 9/11 hielt Magnum-Fotograf Thoma Hoepker lange unter Verschluss.

 

CONTACT SHEET. USA. New York. September 11, 2001. (KEYSTONE/MAGNUM PHOTOS/Thomas Hoepker)

Kontaktbogen, New York, 11. September 2001. (Bilder: Thomas Hoepker, Keystone, Magnum Photos)

Magnum-Fotograf Thomas Hoepker war am 11. September 2001 in New York als Al-Qaida-Terroristen zwei Passagiermaschinen in die Twin Towers steuerten und beinahe 3000 Menschen den Tod fanden. Sein berühmtestes aber auch kontroversestes Bild des Anschlages, der die Welt veränderte, hielt er lange unter Verschluss. Erst 2006 erschien es in einem Buch. «Ich brauchte einige Zeit bis ich begriff, dass dies ein sehr interessanter und ungewöhnlicher Weg war den Schock und den Horror des Ereignisses darzustellen.»

USA. Brooklyn, New York. September 11, 2001. Young people relax during their lunch break along the East River while a huge plume of smoke rises from Lower Manhattan after the attack on the World Trade Center. (KEYSTONE/MAGNUM PHOTOS/Thomas Hoepker)

Junge Menschen während der Mittagspause in Brooklin am 11. September 2001. Im Hintergurnd steigen riesige Rauchwolken des brennenden World Trade Centers auf. (Bild: Thomas Hoepker, Keystone, Magnum Photos).

Paolo Bianchi (Kurator, Kunstdozent ZHdK) äusserste sich 2011 anlässlich des 10. Jahrestages der Anschläge auf tagesanzeiger.ch wie folgt zu Hoepkes vieldiskutierter Aufnahme: «Eine Fotografie des 11. Septembers 2001 von fast unheimlicher Brisanz wurde allerdings erst fünf Jahre später veröffentlicht. Zum Jahrestag von 9/11 berichtete die ‹New York Times› am 10. September 2006 darüber – ohne jedoch das Bild zu zeigen. Nach seiner Veröffentlichung löste das inzwischen berühmte Foto von Thomas Hoepker massenhaft Polemiken in den USA aus. Hoepker sah sich den Angriffen der politischen Rechten ausgesetzt, die das Bild als Verharmlosung des Terrors bezeichnete. Doch er weiss sich zu wehren: «Dieses Bild ist im Niemandsland der Realitäten. Es schillert, und jeder sieht darin etwas anderes.»
Nachdem die weltberühmte Fotoagentur Magnum in New York einen Tag vor dem 11. September ihr Jahrestreffen veranstaltet hatte, wird Thomas Hoepker, am Tag des Anschlags in seiner Wohnung in der Upper East Side angerufen. Seinem professionellen Instinkt folgend, versucht er so nahe wie möglich zur Katastrophe vorzudringen. Doch die Subway steht still. Er weicht auf das Auto aus, um gleich darauf in einen Stau zu geraten. Er fährt über die Queensborough Bridge Richtung Brooklyn. Eben ist der zweite Tower implodiert.
In einem kleinen Park am Ufer des East River sieht er fünf junge Leute, die vollkommen entspannt in der Morgensonne sitzen. Eine fast idyllische Szene nahe einem Restaurant mit Blumen und Zypressenbäumen. Normalität im Angesicht des Terrors. Thomas Hoepker stoppt den Wagen und drückt kurz entschlossen auf den Auslöser. Gleich darauf fährt er hastig weiter, in der Hoffnung, näher in das Zentrum des Horrors zu gelangen. Vier Jahre später fällt das Bild Hoepker beim Durchstöbern seines Archivs zufällig in die Hände. Er fand es merkwürdig und surreal. Das Bild stellte Fragen, ohne Antworten zu geben.»

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