Er fuhr seiner Herkunft davon

Einblicke in den Rennzirkus der frühen 60er-Jahre. Mittendrin: Jo Siffert.

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Jo Siffert im Lotus 18, Formel Junior, Sieger des Grand Prix des Gardasees im Jahre 1961.

Der Vater hatte einen Milchladen, der nicht rentierte. Die Mutter ging an die Uni, um die Hörsäle zu putzen, für einen Franken zehn in der Stunde. Er selber fuhr dem Elend seiner Herkunft davon, mit 300 und mehr Stundenkilometern. Bis am 24. Oktober 1971, als eine Radaufhängung brach, sein Wagen in einer Kurve geradeaus fuhr, sich überschlug und in Flammen aufging. 50’000 Leute waren auf den Strassen Freiburgs, als man ihn beerdigte: Jo Siffert, den Karosseriespengler und Occasionsautohändler, der als Formel-1-Fahrer zum Volkshelden wurde. Und als Aufsteiger zum Maskottchen der besseren Kreise.

«Ich nannte dich Seppi» heisst die Ausstellung, die ihm nun ein weiteres, aber sehr persönliches Denkmal setzt. In der Freiburger Kantons- und Universitätsbibliothek zeigt der Fotograf Jean-Claude Fontana erstmals die Bilder, die er von seinem Jugendfreund Siffert gemacht hat, seit der, kaum zwanzig, in den Rennsport einstieg. Und Seppi: So rief man ihn, bevor er sich Joseph nannte. Und schliesslich Jo.

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Siffert als Sieger der Trophée de Cesenatico, 1961.

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Die Lotus-Climax von Jim Clark im «Salon» von Jean Tinguely in Neyruz 1972–73: Jean Tinguely, die beiden Mechaniker von Jo Siffert, Walo Schibler und Jean-Pierre Oberson, und Freundinnen.

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Jean Tinguely und Jo Siffert in der Garage Siffert in Freiburg, 1970/71.

Die Namen markieren eine Karriere und eine soziale Ambition, doch Fontanas Bilder er­zählen mehr. Jo Siffert Anfang der Sechzigerjahre unterwegs zu einem Rennen, beim Essen in einer Box, am Grand Prix vom Gardasee und an der Trophée von Cesenatico – das ist auch der Blick aus jenem Zirkel von Getreuen heraus, die ihn bestärkt und begleitet haben. So wie Siffert die Siegprämien brauchte, um weiterfahren zu können, brauchte er seine Freunde: Sie waren sein Rennteam. Und der Fotograf gehörte dazu.

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Siffert und Jean-Claude Fontana beim Essen in den Boxen.

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Jo Siffert pausiert während der Fahrt zu einem Rennen, 1962.

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Die Ausstellung läuft bis am 10. September.

Weitere Informationen finden Sie hier.

8 Kommentare zu «Er fuhr seiner Herkunft davon»

  • HJ Schwertfeger sagt:

    Jo Siffert – ein ganz Grosser. Leider war es ihm versagt, Le Mans zu gewinnen. Zu seiner Zeit hat er den Langstreckenrennsport dominiert. Die Porsches 917K waren das Mass aller Dinge. Kurz danach hat man das Reglement geändert um die Porsches „einzubremsen“. Mario Cortesi hat im Auftrag des Schweizerfernsehens ein ausgezeichnetes Filmportrait gedreht. Leider liegt es seit den 70-er Jahren unbemerkt im Filmarchiv. Es wäre an der Zeit, diesen Film wieder einmal auszustrahlen.

  • Bruno Weibel sagt:

    Kleine Korrektur, auf Bild 1 ist der Lotus 22 zu sehen welcher von Jo Siffert im Jahr 1962 (scuderia filipinetti) eingesetzt wurde. Auf Bild 2 und 6 ist der Lotus 20 zu sehen mit welchem Siffert 1961 Europameister wurde.
    Ich habe die Ehre genau diesen Lotus 20 in der aktuellen FIA Meisterschaft ( Lurani Trophy) einsetzen zu dürfen.
    Ich wünsche allen viel Spass an der Ausstellung und werde diese sicher auch besuchen!

  • Daniel Herren sagt:

    Mann, mir hei wieder Problem. Mi cha numme hoffe, dass dir bi öiem täglechä würke ke grund zum klage gäbet. wird aber öppe nid so so?

  • Stephan St sagt:

    Jo Siffert war und ist bis heute ein Vorbild. Ich bedaure es sehr ihn nie „live“ gesehen zu haben!!
    Ich verschlinge alles was ich zu sehen, zu hören oder zu lesen bekomme. Danke Jo

  • Bracher Ruedi sagt:

    Sein Vater Alois hatte ich persönlich gekannt!
    Ich fuhr mal mit Ihm ,mit einem alten Zodiac nach Monza an ein Rennen!

  • Antonelli sagt:

    …die pingeligen Schweizer…. anstatt den Helden Jo Siffert zu ehren suchen alle nach Schreibfehlern. Besucht die Ausstellung und geniesst das Abtauchen in vergangene Zeiten in welcher die Fahrer ihre Autos selber zusammenbauten und sogar zum Rennplatz fuhren – Chapeau vor den Helden der Vergangenheit!

  • Kurt Müller sagt:

    Das waren noch Zeiten, als Formel-1-Rennfahrer nicht wie Modepüppchen mit Diamantohrsteckern und kiloschweren Halsketten daherkamen! Der Artikel hat leider einen einzigen Makel: Jo Siffert fuhr mit 300 km/h (Stunden pro Kilometer). 300 Stundenkilometer (nämlich in 300 Stunden einen Kilometer zurücklegen) kann jeder.

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