Are-bure-boke!
Heftige Zeiten, heftige Bilder: Das Fotomuseum Winterthur lässt die Avantgarde Japans nochmals krachen.
Yutaka Takanashi, aus der Serie Toshi-e (gegen die Stadt hin), 1969
(c) Yutaka Takansahi / Taka Ishii Gallery
Dreimal nur, zwischen November 1968 und August 1969, erschien das Magazin. Doch das genügte, um es legendär zu machen, jedenfalls im Nachhinein: «Provoke» gilt heute als ein Höhepunkt in der Fotografie der Nachkriegszeit. Und das ist noch dezent gesagt: Es ging um eine Eruption.
Yutaka Takanashi, Beatles, Marunouchi Shochiku, Chiyoda-ku, 1965
(c) Yutaka Takanashi / Taka Ishii Gallelry
Koji Enokura, Symptom – Bleiklumpen in den Raum I (P.W. Nr. 41), 1972
(c) Koji Enokura / Shigeru Yokota Gallery
Die Sechziger- und Siebzigerjahre waren eine turbulente Zeit in der Geschichte Japans; Arbeiter, Bauern und Studenten protestierten gegen die Modernisierung des Landes und gegen das Tempo, mit dem sie vorangetrieben wurde. Und gegen das Bündnis mit den USA im Kalten Krieg. Mitten drin in dieser Bewegung: ein Zirkel avantgardistisch gesinnter Fotografen, Literaten, Theoretiker, die eine Zeitschrift gründeten, um dem Aufbruch eine Form zu geben. Eine neue Form, die selber zum Ereignis wurde.
«Provoke» heisst nun auch die Ausstellung, in der das Fotomuseum Winterthur diese Avantgarde nochmals krachen lässt. Es geht um die Bilder aus diesem Magazin und seinem Umfeld, aber eben auch darum, was von ihrer Zeit in diesen Bildern steckt.
Shōmei Tōmatsu, Henshusha Nakahira Takuma, Tōkyō, Shinjuku (Herausgeber Takuma Nakahira, Tokio, Shinjuku), 1964
(c) Shōmei Tōmatsu Estate, Taka Ishii Gallery
Eikō Hosoe, Kamaitachi #31, 1968
(c) Eikō Hosoe
Yutaka Takanashi, Ohne Titel (Tatsumi Hijikata), 1969
(c) Yutaka Takanshi / Taka Ishii Gallery
Nobuyoshi Araki, Ohne Titel, 1973
(c) Nobuyoshi Araki / The Art Institute of Chicago
Daido Moriyama, aus der Serie Akushidento (Unfall), 1969
(c) Daido Moriyama
Shomei Tomatsu, Chi to bara (Blut und Rose), 1969
(c) Shomei Tomatsu Estate, Galerie Priska Pasquer
Anonym, Proteste gegen den Bau des Narita-Flughafen, um 1969.
(c) Courtesy The Art Institute of Chicago
Anonym, Proteste gegen den Bau des Narita-Flughafen, um 1969.
(c) Courtesy The Art Institute of Chicago
Tatsächlich bildete «Provoke» den gesellschaftlichen Protest nicht nur ab: Die Bilder waren selber einer. Auch dann, wenn sie andere Momente des modernen Alltags zeigten. Weil sie radikal mit den traditionellen Formen der Reportage brachen.
Energie ist es – sehr viel Energie, und man bekommt sie fast schon handfest ab, auch heute noch; auf der Aufnahme beispielsweise, die ein namenloser Fotograf von den Demonstranten machte, die um 1969 gegen den Bau des Tokioter Flughafens Narita kämpften.
Weil die Bildsprache so rasant sein sollte wie das Leben selbst. Und weil der Fotograf seine Präsenz, seine subjektive Wahrnehmung zu erkennen gab; womit er eine Art Performer wurde. Das ganze Programm in einem Vers? «Are-bure-boke». Auch dieser Slogan wurde legendär: Rauh, körnig, unscharf!

Fotomuseum Winterthur, Fotografie in Japan 1960 – 1975, Eröffnung: 27. Mai Ausstellungsdauer: 28. August 2016
Ausstellungskatalog Provoke – Between Protest and Performance, 680 Seiten, Softcover, Englisch, Euro 60.00
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