Abendmahl im Morgengrauen

Daniel Rihs mischte sich unter Gläubige aus Eritrea und gewann mit seiner Arbeit «Beten bis zum Umfallen» am Swiss Press Photo Award in der Kategorie «Schweizer Reportagen».

Buchs, 15.8.2015. Eritreisch-orthodoxer Gottesdienst in der refomierten Kirche von Buchs AG. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo

Beten bis zum Umfallen? «Beten bis zum Umfallen», so nennt der Fotograf Daniel Rihs seine Arbeit. Es war am Abend des 16. August 2015 vor der reformierten Kirche im aargauischen Buchs: Rund tausend Gläubige versammelten sich zum Dreifaltigkeitsfest – christlich-orthodoxe Eritreer, die aus der ganzen Deutschschweiz angereist waren. Wann der Gottesdienst genau beginnen würde, konnte keiner sagen; vielleicht in einer Stunde, in zwei oder drei. Sicher war nur, dass er die ganze Nacht dauern sollte. Eine 17-Jährige hoffte, dass sie durchhalten würde: «Letztes Jahr schlief ich im Stehen ein.» Und sitzen – das kam nicht in Frage, um der Ehre Gottes willen. Das war nur Müttern mit Babys, Kindern und Gebrechlichen
erlaubt.

Buchs, 15.8.2015. Eritreisch-orthodoxer Gottesdienst in der refomierten Kirche von Buchs AG. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo Buchs, 15.8.2015. Eritreisch-orthodoxer Gottesdienst in der refomierten Kirche von Buchs AG. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo Buchs, 16.8.2015. Eritreisch-orthodoxer Gottesdienst in der refomierten Kirche von Buchs AG. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo

Der Fotograf aus Bern hat durchgehalten. «Es war ein bisschen, als ob ich im Ausland arbeiten würde», so hat es Daniel Rihs der Kirchenzeitung «Reformiert» erzählt, in deren Auftrag er den Nonstop-Gottesdienst der Eritreer besucht hat: «Ich konnte eintauchen in dieses Gewühl. Überall passierte etwas. Und niemand drehte sich weg, als ich fotografierte.» So war Rihs auch bei der zweistündigen Taufzeremonie ab vier Uhr morgens dabei – vor dem Abendmahl, das dann bis um acht Uhr dauerte.

Buchs, 16.8.2015. Eritreisch-orthodoxer Gottesdienst in der refomierten Kirche von Buchs AG. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo Buchs, 16.8.2015. Eritreisch-orthodoxer Gottesdienst in der refomierten Kirche von Buchs AG. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo Eritreisch-orthodoxes Dreifaltigkeitsfest in der refomierten Kirche von Buchs AG. In einem Nebenraum der Kirche beginnt um 5 Uhr morgens eine zweistündige Taufzeremonie mehrer Säuglinge. Buchs, 16.8.2015. Eritreisch-orthodoxer Gottesdienst in der refomierten Kirche von Buchs AG. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo

Die Hingabe der Gläubigen, aber auch ihre Strapazen: Man sieht sie auf den Bildern, mit denen Rihs den ersten Preis in der Kategorie «Schweizer Reportagen» am diesjährigen Wettbewerb Swiss Press Photo gewonnen hat (der TA berichtete). Man sieht hier aber auch die Neugier des Fotografen. Und seine Nähe. Da steht einer mittendrin in einer fremden Welt.

Buchs, 15.8.2015. Eritreisch-orthodoxer Gottesdienst in der refomierten Kirche von Buchs AG. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo Buchs, 15.8.2015. Eritreisch-orthodoxer Gottesdienst in der refomierten Kirche von Buchs AG. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo Buchs, 15.8.2015. Eritreisch-orthodoxer Gottesdienst in der refomierten Kirche von Buchs AG. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo Buchs, 15.8.2015. Eritreisch-orthodoxer Gottesdienst in der refomierten Kirche von Buchs AG. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo Buchs, 16.8.2015. Eritreisch-orthodoxer Gottesdienst in der refomierten Kirche von Buchs AG. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo Buchs, 15.8.2015. Eritreisch-orthodoxer Gottesdienst in der refomierten Kirche von Buchs AG. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo Buchs, 15.8.2015. Eritreisch-orthodoxer Gottesdienst in der refomierten Kirche von Buchs AG. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo Eritreisch-orthodoxes Dreifaltigkeitsfest in der refomierten Kirche von Buchs AG. Am Morgen nach dem Gottesdienst, der die ganze Nacht gedauert hat, schläft ein Mann auf einer Treppe.

Und von etwas anderem erzählen diese Bilder auch noch. Die Eritreer, die nicht nur Gläubige sind, sondern auch Flüchtlinge mit einem ähnlichen Schicksal, die es in der Schweiz neuerdings schwer haben – in ihrer Gemeinde finden sie Halt. Und dazu gehört auch konkrete Hilfe für den Alltag in diesem Land. Wer länger hier ist, bietet den Neuankömmlingen Unterstützung an, bei Schulaufgaben, bei Behördenkontakten oder bei der Lehrstellensuche. Glaube kann integrieren: Auch keine schlechte
Nachricht in diesen Tagen, da jede ungewohnte Form von Religiosität unter den Generalverdacht der Desintegration zu geraten droht.

 

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„Beten bis zum Umfallen“ von Daniel Rihs ist vom 4. Mai bis 3. Juli an der Ausstellung Swiss Press Photo 2016 im Landesmuseum Zürich zu sehen.
Weitere Arbeiten und Informationen finden Sie unter: www.danielrihs.ch

Tonspur: Wolfgang Zwiauer

3 Kommentare zu «Abendmahl im Morgengrauen»

  • Ronnie König sagt:

    Und was macht der Schweizer? Bleibt der Kirche fern, weiss nicht mehr um seine christliche Aufgabe und nörgelt nur noch andiesen menschen rum! Traurig wohin wir uns im Herz und Geist verirrt haben. Ich dachte immer die kirchlichen Feiern in Kenia dauern lange, aber das ist ja nur ein halber Tag, bei uns ne Stunde, in Indien waren es immerhin schon wieder 2-3 Stunden, in Indonesien etwa 2. Türopfer kannte man in Indonesien nicht, aber dafür wurden vom Pfarrer Bananen versteigert. Dank dem Ton hier gefielen mir Fotos doch noch, habe schon besseres gesehen. Und nun plagt mich das Fernweh, Familie und Freunde weit weg von hier.

  • Tobias Lienhard sagt:

    obwohl mich Exotisches fast immer fasziniert, bin ich hier aber vom Fotografischen nicht so überzeugt. Viel Abgeschnittenes, was mir hier nicht gefällt (z.B. Personen oder die Bilder an der Wand). Auch sonst mag mich die Wahl der Perspektive und des Ausschnitts nicht begeistern.

  • Michael von Graffenried sagt:

    An der Preisverleihung der Swiss Press Awards am 27. April 2016 wird bekanntgegeben wer der SWISS PRESS PHOTOGRAPHER OF THE YEAR 2016 wird. Daniel Rihs ist einer von sechs Kategoriengewinnern , welche dafür in Frage kommen. Die anderen dafür aufgestellten Fotografen sind: Pascal Mora (Aktualität), Kaspar Thalmann (Alltag), Mara Truog (Porträt), Arnd Wiegmann (Sport) und Niels Ackermann (Ausland). Wird Daniel Rihs Swiss Press Photographer of the Year?

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