Kohle ohne Kohle
Nahe am Nordpol versucht die norwegische Inselgruppe Spitzbergen den Turnaround vom Bergbaugebiet zum Touristenziel.
Es fährt ein Zug nach Nirgendwo: Ein alter Kohlezug wartet in Ny-Ålesund auf Touristen (13. Oktober 2015). Alle Fotos: Anna Filipova/Reuters
Nach dem Niedergang der Bergbauindustrie setzt die norwegische Inselgruppe Spitzbergen im Arktischen Ozean auf Kälte, Schnee und totale Finsternis und versucht sich als neues Touristenziel 1200 Kilometer vom Nordpol zu etablieren.
Bereit für Kundschaft: Schlittenhunde warten in Longyearbyen auf ihren Einsatz für Schlittenfahrten (22. Oktober 2015).
In Longyearbyen dauert die Polarnacht vom 26. Oktober bis zum 16. Februar. In dieser Zeit steigt die Sonne nie vollständig über den Horizont und die Nacht wechselt sich lediglich mit der Dämmerung ab. Für Touristen bietet Spitzbergen in der dunklen Jahreshälfte Hundeschlittenfahrten im Dämmerlicht, Besuche von Eisgrotten und endlose Langlaufloipen. Jedoch sollte man zur Abwehr von Eisbären immer ein Gewehr auf sich tragen.
Ewige Dämmerung: Die nächsten rund 100 Tage wird es in Ny-Ålesund nie richtig Tag (14. Oktober 2015).
Der Höhepunkt einer Reise in die Dunkelheit ist sicher das Polarlicht – eine Leuchterscheinung durch angeregte Stickstoff- und Sauerstoffatome der Hochatmosphäre, die in Polargebieten beim Auftreffen beschleunigter geladener Teilchen aus der Erdmagnetosphäre auf die Atmosphäre hervorgerufen wird.
Farbenfrohe Dunkelheit: Die Arbeiterhäuschen der einstigen Bergbaugemeinde Longyearbyen heben sich vom monochromen Hintergrund ab (23. Oktober 2015).
Für Arild Olsen, den Bürgermeister der grössten Gemeinde auf Spitzbergen, ist die Exotik der Dunkelheit ein Vermarktungsargument im Tourismus. In der ehemaligen Bergbaugemeinde Longyearbyen leben rund 2200 Einwohner bei einer jährlichen Durchschnittstemperatur von –6.6 Grad.
Griff nach den Sternen: Spitzbergen setzt neben Tourismus vor allem auf Forschungsprogramme wie dasjenige der Eiscat, welche in Breinosa mit Radaranalgen und Antennen die Atmosphäre erforscht (24. Oktober 2015).
Forschungsstationen sind ein zweiter, boomender Einkommenszweig für die Inseln im Polarkreis. Ny-Ålesund auf Spitzbergen ist die nördlichste, permanent bewohnte Siedlung der Welt und wird derzeit ausgebaut, um eine moderne internationale Arktisforschung und Überwachung der Umwelt zu ermöglichen.
Leben in der Kälte: Zu den touristischen Höhepunkten von Ny-Ålesund gehört eine Statue des norwegischen Polarforschers Roald Amundsen (18. Oktober 2015).
Warten auf Jim Knopf: Nach dem Ende des Bergbaus wurden die Züge von Ny-Ålesund abtransportiert. Nur ein Zug wurde vergessen, 1980 restauriert und dient jetzt als Museumsbahn (11. Oktober 2015).
Konzentration auf die Forschung: In Breinosa haben die internationalen Wissenschaftler wenig Ablenkung und können sich ganz auf ihre Forschungsgebiete konzentrieren (17. Oktober 2015).
Die Forschung ist ein wichtiger Wirtschaftszweig für Spitzbergen geworden. So wurde 2008 der weltweite Saatgut-Tresor, ein Projekt zur langfristigen Einlagerung von Saatgut zum Schutz der Arten- und Varietäten-Diversität von Nutzpflanzen, im Platåberget in der Nähe der Stadt Longyearbyen eröffnet.
Schnee statt Kohle: Die Klima- und Polarforschung sowie der Tourismus haben den Bergbau in Ny-Ålesund längst abgelöst (19. Oktober 2015).
Forschung ist definitiv eine Lösung bei der Überwindung der Abhängigkeit vom Bergbau. Aber auch Tourismus ist eine Antwort. Gemäss Arild Olsen, Bürgermeister von Longyearbyen, haben letztes Jahr 60’000 Touristen Spitzbergen besucht und die Übernachtungszahlen in den Hotels steigen markant an.
Denkmalgeschützte Forschung: Sämtliche Überreste menschlicher Zivilisation aus der Zeit vor 1945 sind auf der ganzen Inselgruppe denkmalgeschützt – so auch die heutigen Gebäude der Forschungseinrichtungen in Ny-Ålesund (13. Oktober, 2015).
Ungestörte Forschung: In Breinosa stehen die Antennen der Europäischen Vereinigung für Forschung mit inkohärentem Streuradar Eiscat (24. Oktober 2015).
Anbindung ans Festland: Die alte Funkstation der Bergbaugemeinde Ny-Ålesund ist heute ein Telegrafenmuseum (13. Oktober 2015).
Reden über das Wetter: Die Wetterstation aus Ny-Ålesund liefert Daten für die Wetterforschung (17. Oktober 2015).
Keine A-Post: Ny-Ålesund besitzt das nördlichste Postamt der Welt (18. Oktober 2015).
Neu und Alt: Die Anlagen der Bergbaufirmen in Ny-Ålesund sind seit 1963 ausser Betrieb, die Forschungsanstalten mit ihren Antennen halten den Ort jedoch am Leben (11. Oktober 2015).
Strandpromenade: Der Hafen von Ny-Ålesund ist mit südlichen Touristenzielen nicht wirklich zu vergleichen (15. Oktober 2015).
Kalte Liebe: Die durchschnittliche Temperatur in Ny-Ålesund beträgt im Februar –14,2 Grad und im Juli immerhin +4,9 Grad (15. Oktober 2015).
Spektakuläre Natur: Schnee und Eis bedecken die Brøggerdalen Berggipfel bei Ny-Ålesund (11. Oktober 2015.
Traumreise oder Alptraum: Nebel hängt über der Kings Bay bei Ny-Ålesund (12. Oktober 2015).

Anna Filipova lebt in Paris und arbeitet für Reuters:
“Reporting on environmental stories allows me to inform and influence people.”
2 Kommentare zu «Kohle ohne Kohle»
Schöne Bilder – wir waren ein paar Wochen vorher da. Nicht vergessen zu erwähnen: Ny Ålesund kann ausschliesslich von Tagestouristen besucht werden, übernachten können nur Wissenschafter. ?
Das sind sehr gute Bilder- ich habe mich über das Wiedersehen mit Ny-Alesund gefreut. Danke !
Gabi Schneider