Göttliche Projektionen

Ernst Christen kreiert mit aufwendiger Technik Bilder von Kirchen, die an buddhistische Mandalas erinnern.

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Als Ernst Christen aus der meditativen Stille eines buddhistischen Waldklosters in die hyperaktive westliche Welt zurückkehrte, entdeckte er die Ruhe unserer zumeist leer stehenden Kirchen und begann sie zu fotografieren. Mit diesen stereografischen Projektionen, die an Mandalas erinnern, möchte Christen die Würde und Erhabenheit dieser Sakralbauten wiedergeben. Aufgenommen werden die Bilder als 360-Grad-Panoramas. Um einen Raum komplett abzulichten, müssen …

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… beispielsweise mit einem 20-mm-Objektiv 26 Einzelbilder aufgenommen werden, die dann per Software zusammengerechnet und projiziert werden. Die Kamera muss dabei präzise auf die Position der Eintrittspupille des Objektivs ausgerichtet sein, damit es nicht zu Parallaxenfehlern kommt. Ebenso ist es sehr wichtig, die auf dem Stativ platzierte Kamera innerhalb der Kirche gemäss der Geometrie des Gebäudes auszurichten. Ebenfalls eine Herausforderung ist die korrekte Belichtung, da zwischen Innen- und Aussenlicht, das durch die Kirchenfenster scheint, ein enormer Lichtstärkenunterschied bestehen kann.

Bildlegenden:

1: Die Kirche Saint-Jean-Baptiste (19. Jahrhundert) in Le Thillot, Département Vosges, Frankreich. Der Blickwinkel beträgt rund 330 x 270 Grad.
2: Die neubarocke Pfarrkirche Notre-Dame de l’Assomption in Saignelégier. Sie wurde in den Jahren 1927 bis 1929 erbaut und enthält einen reich geschmückten Altar aus dem Kloster von Bellelay. Der Blickwinkel beträgt rund 357 x 356 Grad.
3: Die römisch-katholische Kirche Saint-Bénigne in Pontarlier im Département Doubs, Frankreich. Die schlichte, im romanischen Stil gebaute Kirche stammt aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Der Blickwinkel beträgt rund 290 x 240 Grad.
4: Die Wallfahrtskirche Notre-Dame de l’Assomption in Altkirch im Elsass, die den Sarkophag des hl. Morandus beherbergt. Der Blickwinkel beträgt rund 355 x 340 Grad.
5: Die Pfarrkirche Maria Himmelfahrt in Baden AG. Die dreischiffige gotische Kirche wurde in den Jahren 1457 bis 1460 gebaut. Der Blickwinkel beträgt rund 355 x 350 Grad.
6: Die katholische Kirche Saint-Michel von Tramelan BE. Die Basilika wurde 1909 erbaut und enthält Stilelemente der Neugotik und des Heimatstils. Der Blickwinkel beträgt rund 300 x 270 Grad.
7: Die Kirche Saint-Blaise in Le Ménil im Département Vosges, Frankreich. Die Kirche wurde 1733 erbaut. Der Blickwinkel beträgt rund 270 x 240 Grad.
8: Die St.-Ursen-Kathedrale von Solothurn. Das Bild hat einen Blickwinkel von rund 357 x 357 Grad und zeigt den Blick hinab durch die Kuppel in den Chor, die beiden Querschiffe und das Langhaus. Die den Märtyrern Ursus und Victor gewidmete Kreuzbasilika wurde zwischen 1762 und 1773 anstelle des ehemaligen Münsters gebaut.
9: Die neugotische Kirche Notre-Dame-de-l’Assomption (deutsch Mariä Himmelfahrt) in Neuenburg. Sie ist die bedeutendste Wallfahrtskirche im Kanton (Basilica minor). Der Schweizer Theologe und Mystiker Maurice Zundel liegt dort begraben. Das Gewölbe ist als nächtlicher Himmel mit fast 10’000 Sternen gestaltet. Der Blickwinkel beträgt rund 355 x 350 Grad.
10: Die 1909 erbaute Pfarrkirche St. Leodegar in Wohlenschwil AG, mit Deckengemälden der drei Apostel Johannes, Lucas und Marcus. Der Blickwinkel beträgt rund 330 x 350 Grad.
11: Die historische Heilig-Kreuz-Kirche in Kaysersberg, Frankreich. Das nördliche Seitenschiff enthält das mit 1514 datierte Grab des Skulpteurs Jaques Wirt. Die übergrosse Christusfigur und der Schnitzaltar stammen aus dem Jahr 1528. Und der Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer, dessen Geburtsort Kaysersberg ist, dürfte hier etlichen Predigten zugehört haben. Der Blickwinkel beträgt rund 270 x 240 Grad.

 

 

zur person ernst christen

Zur Person: Ernst Christen, Jahrgang 1964, arbeitete als Projektleiter in der Automobil-Industrie, bevor er Fahrrad-Weltreisender und später buddhistischer Wald-Mönch in Thailand wurde. Als Autor hat er mehrere Bücher zum Thema Buddhismus geschrieben und übersetzt. Seit 2011 arbeitet er als Fotograf, Autor, Psychotherapeut und Altenbetreuer. Er lebt in der Nähe von Solothurn.

Flickr-Account von Ernst Christen: https://www.flickr.com/photos/ernst-christen/

5 Kommentare zu «Göttliche Projektionen»

  • Schacher Joseph sagt:

    So abgefahrene Perspektiven von Sakralbauten hat man ja noch nie gesehen, wecken Kindheitserinnerungen ans Kaleidoskop. Im Artikel leider praktisch kein Hinweis auf die verwendete Hard-/Software, vor allem die geeigneten Zusatzhilfsmittel. Das wär noch sehr interessant.

  • Andreas Gruber sagt:

    Panorama-Fotographie scheint ja schwer im kommen zu sein. Was Wunder – eroeffnet sie uns doch voellig neue, umfassendere Perspektiven. Nur ist’s da wohl nicht mehr mit “knipsen” getan … Die Arbeiten von Herrn Christen machen Appetit, sich selbst mal naeher mit dieser Technik zu befassen.

  • Robert UTASOM sagt:

    Fuer sowas brauchts auch einen talentierten “Blick”, und den hat der Erich wie’s scheint, davon zeugt auch sein Flickr-Account — Unglaublich schoene Bilder dabei! Wenn man ein bisschen googelt, ist man auch schnell auf seiner Homepage und kann dort stundenlang u.a. an seinen Velotouren teilhaben. Auch sehr kunstvolle Impressionen dabei!

  • Hans Saraphi sagt:

    Tolle Arbeiten!
    Kann man fuer so etwas einen Kurs belegen (Man muss ja nicht das Rad neu erfinden …)?

  • Sofia Velin sagt:

    Diesen göttlichen Augenschmaus, Facetten, Farben, Verbindungen berühren mich sehr und ich empfinde sie frei von kirchlich-kleingeistigem Denken. Vielen Dank.
    http://Www.facettenderliebe.ch

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