Paläste im Untergrund
So prunkvoll kann Pendeln sein: In den U-Bahn-Stationen der ehemaligen Sowjetunion wähnt man sich in vergangenen Zeiten.
Awtowo, St. Petersburg (Russland).
Unter einer schnöden Neonröhre auf die Metro warten? Njet, nicht in der Station Awtowo in St. Petersburg. Hier, 12 Meter unter der Erdoberfläche, darf der gemeine Passagier unter Stuckdecken und Kronleuchtern die Zeit auf dem Perron totschlagen – und sich dabei ein bisschen so fühlen wie einst Zar und Stadtgründer Peter der Grosse. In der ehemaligen UdSSR hatte das Prächtige Programm: Wie vielen Gebäuden in jener Zeit verpasste man auch Metro-Bahnhöfen ein monumental anmutendes Aussehen.
Der Fotograf Christopher Herwig hat ein Faible für die sowjetische ÖV-Architektur. So lichtete der Kanadier in einem früheren Projekt die besonderen Bushaltestellen ab, welche noch immer die Weiten der einstigen Union zieren. Für sein neues Buch «Soviet Metro Stations» hat er sich hingegen in die urbanen Zentren begeben und deren unterirdische Streckennetze erkundet.
Krasny Prospekt, Nowosibirsk (Russland).
Elektrosawodskaja, Moskau (Russland).
Dinamo, Jekaterinburg (Russland).
Kyiwska, Charkiw (Ukraine).
Schuljawska, Kiew (Ukraine).
Novza, Taschkent (Usbekistan).
Ulduz, Baku (Aserbeidschan).
Ploschtschad Rewoljuzii, Moskau (Russland).
Narwskaja, St. Petersburg (Russland).
Kastrycnickaja, Minsk (Weissrussland).
Tschkalowskaja, Nischni Nowgorod (Russland).
Ploschtschad Iljitscha, Moskau.

Christopher Herwig: Soviet Metro Stations
Fuel Design, 2019, Hardcover
Englisch, mit Essay von Owen Hatherley
240 Seiten, Masse: 16 × 20 cm
ISBN: 978-3-8365-7234-7
Preis: ca. 40 Franken
16 Kommentare zu «Paläste im Untergrund»
U-Bahnstationen haben mich schon immer fasziniert. Einige in Moskau habe ich erlebt – im Rahmen einer Gruppenreise – und fotografiert. Mit Menschen natürlich. Wie ich in den virtuellen Galerien von Fotofreunden sehe, gibt es auch in Deutschland und anderen Ländern stilvolle, schöne und nicht so protzige U-Bahnstationen. Ich habe aber diese Tagi-Bilderschau genossen.
Gisela
Mit Liebe(nicht Affen-) zum Detail und Gesang an Mutterland ist vieles möglich.
So etwas muss man erst mal hinkriegen. Habe mit der heutigen Architektur schon ein wenig Mühe.
Die schöne Welt der Märchen. Und mein Gigantismus…
Eigentlich sehr schöne Metro Stationen. Nur die könnten fürchterlich hallen. Sogar ich als Mann würde es mir unwohl gerade zur Randzeit alleine in einer extrem hallenden unterirdischen Halle auf die Bahn zu warten. Ich fuhr nur in Berlin, Paris, London, Barcelona, Madrid, Mailand, Rom, Wien, München U-Bahn und die Meisten Stationen haben tiefe Decken und sind Schallgedämmt. Ausser München, Berlin und Hamburg haben zum Teil Hallenstationen. Bei uns war die frühere Forchbahnststion Maiacher genau eine solche Zumutung.
Die U-Bahn in St. Petersburg ist eine der tiefsten weil die ganze Stadt voller Wasserwege ist. Bei den angegebenn 12 Metern fehlt eine Null. Ich habe noch nie so lange Rolltreppen gesehen wie in St. Petersburg.
Die Bautiefen der Metrostationen in St. Petersburg variieren stark. Admiralteiskaja ist mit 86 Metern unter der Oberfläche die tiefstgelegene Station. Mit nur 12 Metern stellt Awtowo hingegen eher ein Ausreisser dar.
Man darf vielleicht noch ergänzen, dass von Admiralteyskaja die Metro in Richtung Norden unter den beiden Newa-Armen hindurch geht und darum so tief liegt. Die tiefste Metrostation der Welt ist übrigens die Arsenalna in Kiew (105,5 m).
Die U-Bahnstationen in den ehemaligen Ostblock-Staaten sind auch nicht zu verschmähen: Marmor, Glaspaneele, Mosaike etc. sind in der Prager Metro keine Seltenheit.
Как красиво!
So schön, wenigstens einige Dinge waren wirklich gelungen.
OberObergeil. Da würd‘ ich glattwegs gern zur Arbeit gehen
In Realität sind sind die Stationen nicht ganz so schön. Da wurde erstens für den Fotografen sauber gemacht, zweitens die Stationen abgesperrt, drittens die Helligkeit beim Belichten ziemlich heftig hochgedreht und viertens im Photoshop noch ein bisschen aufgehübscht. In Wirklichkeit sind Moskaus Metrostationen ziemlich duster, in gelbfahles Licht getaucht, es herrscht jederzeit ein unglaubliches Gedränge (HB Zürich um 17 Uhr x 2), eine enorme Hektik und es ist laut, sehr laut. Man ahnt jeweils leider nur, wie schön die Stationen sein könnten. Nämlich so, wie auf den Fotos hier.
Guten Tag Herr Herr Ballmer,
Ich kann Ihnen nur teilweise recht geben. Ich war ca. 10 Mal in Moskau (nur Frühling bis Herbst) und habe es überhaupt nicht als so dramatisch empfunden. Nur während den Rush-Hours. Teilweise konnte ich die Stationen fast alleine geniessen. Und die abgebildeten sind noch nicht mal die Schönsten :o)
Tja, Herr Keller, zehn Mal in Moskau ist halt wie fast nie dort gewesen. Ich habe nahezu zwanzig Jahre in Russland gelebt und bin auch jetzt noch jedes Jahr wochenweise dort. Mit dem „jederzeit ein unglaubliches Gedränge“ habe ich vielleicht etwas übertrieben. Das gibt es tatsächlich vor allem in den Rush-Hours. Also von 7 bis 10, von 11 bis 14 und von 16 bis 20 Uhr. Dramatisch ist es natürlich nicht, aber eben auch nicht so schön, wie die Fotos den Anschein machen.
Da haben Sie eindeutig einen grösseren Erfahrungsschatz als ich. Vielleicht hatte ich jeweils auch einfach Glück. Als düster habe ich die Stationen auf jeden Fall nie erlebt. Und dass sie belebt und im nicht für die Fotos herausgeputzten Zustand weniger prunkvoll wirken versteht sich von selbst. Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall weiterhin tolle Reisen nach Moskau!
Die U-Bahnstationen in Russland sind die schönsten, die ich kenne. Da kann sich eine westliche Stadt wie z.B. Berlin mit ihren versifften U-Bahnhöfen eine Tranche abschneiden.
Zwischenzeitlich gibt es auch im Westen schöne Stationen, z.B. Stockholm…