Solange die Sonne scheint
Der Fotograf Ian Willms bringt seine Bilder über die umstrittene kanadische Ölsandindustrie nach Winterthur.
Die Ölsand-Absetzbecken der Firma Syncrude nördlich von Fort McMurray gehören zu den grössten Bauwerken der Erde und sind vom Weltall aus sichtbar. Insgesamt enthalten sie elf Billionen Liter Rückstände aus einer giftigen Mischung aus Schwermetallen und Kohlenwasserstoffen. (Aus dem Projekt «As Long As The Sun Shines» © Ian Willms)
In der kanadischen Provinz Alberta liegt ein Drittel der weltweiten Ölsandvorkommen. Die Ölsande sind eine der Hauptursachen für die Luftverschmutzung in Nordamerika, keine andere Art der Ölgewinnung ist umstrittener. Der Abbau verursacht hohe Umweltkosten und beeinträchtigt die Lebensgrundlage der indigenen Völker. Der kanadische Fotograf Ian Willms (*1985) hat über ein Jahrzehnt hinweg die Auswirkungen der Industrie und die betroffenen Menschen dokumentiert. Dafür wurde er mit dem Jurypreis des Greenpeace Photo Award 2018 ausgezeichnet.
Die Aufbereitungsanlage der Firma Syncrude für Ölsande. Die Ölsandindustrie setzt jedes Jahr über 70 Megatonnen Treibhausgasemissionen frei. (Aus dem Projekt «As Long As The Sun Shines» © Ian Willms)
Kanahus Manuel bringt ihre Nichte Wasayka (2) zum Ufer des South Thompson River. Seit Jahren haben viele Indigene der Secwepemc First Nation sich zusammengeschlossen, um den Fluss gemeinsam zu schützen und zu verhindern, dass eine neue Ölsandleitung durch das Gebiet gebaut wird. 2016 wurde die Pipeline von der kanadischen Regierung offiziell genehmigt. Der Bau begann 2017. (Aus dem Projekt «As Long As The Sun Shines» © Ian Willms)
Die geschlossene Indian Residential School in Fort Chipewyan. Bis 1996 unterhielt die kanadische Regierung landesweit Internate mit dem Ziel, «den Indianer im Kind zu töten». Generationen von Kindern wurden durch katholische Priester und Nonnen, welche die Schulen leiteten, körperlicher Züchtigung, sexuellem Missbrauch und Vernachlässigung mit Todesfolgen ausgesetzt. (Aus dem Projekt «As Long As The Sun Shines» © Ian Willms)
Unter dem Motto «Wirtschaftswachstum und Fortschritt» wird indigenes Territorium in ganz Kanada von verschiedensten Grossfirmen geleast, besetzt und zerstört. Für die Einheimischen in Fort Chipewyan, Alberta, ist dieser Prozess ein «kultureller Völkermord in Zeitlupe».
«As Long As The Sun Shines» fokussiert sich auf die tägliche Zerstörung, die mittlerweile dermassen grossflächig ist, dass man sie selbst aus dem Weltraum sehen kann. Seltene Krebserkrankungen, Geburtsfehler, Lupus und andere Krankheiten treten in Fort Chipewyan mit alarmierend hohen Raten auf.
Der kleine Dez (7) spielt in seinem Bett in Fort McKay. Dez wurde mit einem Herzfehler geboren und mehrfach am offenen Herzen operiert. Die Familien- und Gesundheitsexperten in Fort McKay sind sich einig, dass seine Krankheit durch Umweltverschmutzung verursacht wurde. (Aus dem Projekt «As Long As The Sun Shines» © Ian Willms)
Ein zwei Meter breiter Küstenstreifen des Shell-Albian-Sands-Absetzteichs in der Nähe von Fort McKay. Er enthält einen flüssigen Mix aus giftigen Abfällen, die täglich in das Grundwasser und in den Athabasca-Fluss sickern. (Aus dem Projekt «As Long As The Sun Shines» © Ian Willms)
Die Eltern von Makenna (7) und Mia (3) kamen vor über einem Jahrzehnt nach Fort McMurray, um in der Ölsandindustrie zu arbeiten, und sicherten sich rasch gut bezahlte Arbeitsplätze. (Aus dem Projekt «As Long As The Sun Shines» © Ian Willms)
Nadia Bouchier umarmt ihren Sohn Dylan, nachdem sie von der Beerdigung eines Mitgliedes ihrer Community nach Hause gekommen sind. (Aus dem Projekt «As Long As The Sun Shines» © Ian Willms)
Für indigene Völker ist ihr Land untrennbar mit ihrer Identität, Spiritualität und ihrem Überleben verbunden. Aufgrund der industriellen Entwicklung und Verschmutzung sind sie jedoch nicht mehr in der Lage, von der Jagd, dem Fallenstellen und dem Fischfang zu leben. Sie werden langsam zu einem unmöglichen Kompromiss gezwungen, bei dem sie für genau diejenigen Industrien arbeiten müssen, die das Land zerstören, das ihre Vorfahren seit Jahrtausenden erhalten haben.
Dabei sollte die Beweislast nicht auf den Schultern von den Menschen lasten, die von den toxischen Industrien betroffen sind. Es sollten die Verursacher sein, die beweisen müssen, dass ihre Entwicklungen keinen Schaden anrichten.
Diese improvisierte Vogelscheuche auf dem Ölsandgebiet von Syncrude soll Zugvögel davon abhalten, im Ölsand-Absetzbecken zu landen. (Aus dem Projekt «As Long As The Sun Shines» © Ian Willms)

Die Ausstellung «As Long As The Sun Shines» kann vom 18. Oktober 2019 bis zum 9. April 2020 in der Coalmine in Winterthur besichtigt werden.
Vernissage: Donnerstag, 17. Oktober 2019, ab 18.30 Uhr
Um 19 Uhr Einführung mit Sibylle Jenni (Greenpeace), Ian Willms und Kurator Sascha Renner
7 Kommentare zu «Solange die Sonne scheint»
Erschütternd.
Dabei hat man gedacht, Oelförderung in Kanada sei in etwa sauber
und Kanada selbst ein zivilisiertes Land, mit Menschenrechten, Umweltvorschriften und so.
Und Autofahren hier sei sauber heutzutage…
Wer bezahlt fuer diesen einseitigen Artikel? Wo sind die Fotos von der wiederhergestellten Landschaft? Den Hirsch- und Bueffelherden die es jetzt wieder gibt? Wo sind die Fakten dass Kanada knapp 1% der erdhausgase beitraegt? Bitte Fakten zeigen. Und jeder kann ein Foto von irgendwo im Winter zeigen und die Schornsteine rauchen sehen. Auch in Zuerich oder Winterthur
Was in diesem Beitrag fehlt ist der Hinweis, dass das gefrackte Öl/Bitumen per Pipeline an den Pazifischen Ozean gespült, in Frachtschiffe verladen und nach China verschickt wird. Eine Ölkatastrophe wird somit immer wahrscheinlicher. Abgesehen davon fahren immer mehr Leute in China Auto, während uns ein schlechtes Gewissen gemacht wird.
Das ist die Basis, auf der „saubere Verbrennungsmotoren“ betrieben werden. Wirtschaftsinteressen, Gier, Rückständigkeit, Faulheit… das sind die Punkte, die jeden von uns betreffen. Die, die in der Prozesskette der Ölindustrie arbeiten, und die, die nicht einmal die Fahrt nach von Laufen nach Basel mit dem Zug hinbekommen, sondern weiter mit dem Auto fahren, weil der Strom ja auch irgendwie dreckig sei (oder zumindest die Batterie, wenn es denn ein Elektroauto wäre). Und das ist nur Kanada: USA, Niger, Venezuela, in den meisten ölfördernden Ländern sieht es ähnlich aus. Verwüstung, für Jahrhunderte unbewohnbare Gebiete, so weit das Auge reicht. Unsere Enkel und Urenkel werden es uns dereinst danken.
So – unendlich – traurig. Warum machen Menschen das?
Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Tropfen Erdöl verbrannt ist, werden die Menschen merken, dass man Geld nicht essen kann. (frei nach Papalagi, einem Indianerhäuptling)
Macht mich sehr traurig …
Wann erwachen diese Menschen?