Eine erfüllende Menschenleere
Etwas weniger ist manchmal viel, viel mehr, gerade in der Fotografie. Beleg hierfür sind Tom Hallers Landschaftsbilder aus Amerikas unendlichen Weiten.
Im Experimentalfilm «Koyaanisqatsi» von 1982 liess Regisseur Godfrey Reggio erahnen, wie unser «Leben im Ungleichgewicht» (so die Übersetzung des Filmtitels, der aus der Hopi-Indianer-Sprache stammt) dereinst aussehen könnte – wobei seine unheilvollen Zeitrafferaufnahmen von anonymen, hektischen Massen, die morgens die City fluten und abends von dieser wieder ausgespuckt werden wie durchgekaute Bubblegums, längst Realität sind.
Da unser Wesen jedoch ein Leben im Gleichgewicht bevorzugt, wecken solch stürmische Menschenmeere häufig das Bedürfnis nach dem Gegenteil davon – einer gähnenden Menschenleere. Wobei, halt: horizontlose Weiten fernab jeglicher zivilisatorischer Spuren? Viel zu öde, das kann es auch nicht sein.
Der Mann mit der Lösung heisst Tom Haller. Der Zürcher Fotograf, bekannt geworden durch starke Porträts in wichtigen Magazinen, präsentiert im Bildband «Nuggets. American Landscapes» eine inspirierende, erfüllende Variante der Menschenleere – weil seine Fotos das Kopfkino anwerfen und dem Betrachter je nach Fantasie wilde Roadmovies vorführen.
Zum Beispiel die Story von Roy und Denny, zwei College-Baseball-Stars aus Idaho, die im Spiel, das die Meisterschaft entschied, unerklärlicherweise beide versagten. Derweil Denny den Misserfolg wegsteckte und in Kalifornien eine florierende Diner- und Liquor-Store-Kette etablierte, zerbrach Roy an der Niederlage, blieb ohne Job und begann, sein Erbe zu versaufen. In schierer Verzweiflung bestieg er einen Bus mit dem Ziel Acapulco, um dort das erste und einzige Mal von der Klippe zu springen. Bei einem Stopp im Nowhereland Utahs sah er unverhofft ein heruntergekommenes Motel, das zum Verkauf stand. Es war Liebe auf den ersten Blick. «Zwei Loser, das kommt gut», sagte er lachend, als er den Preis bezahlte.
Veranstaltungshinweis:
Vernissage: Kaufleuten Zürich (Festsaal), Donnerstag, 7. März 2019
Tom Haller und Pascal Möhlmann stellen ihre aktuellen Werke in Zürich aus.

7 Kommentare zu «Eine erfüllende Menschenleere»
Herr Fröhlich, kennen Sie den Maler Dennis Hopper?
In erster Linie war dieser aber ein Schauspieler…..
Was vermittelt mir dieses und alle andern Bilder ?
Eine trostlose, nicht inspierirende Leere. Sinnbild einer von Trump fehlgeleiteten Nation, der droht den letzten einst grossartigen Glanz von Staerke und Innovationskraft zu verlieren.
Leere und Vereinsamung angesichts der herrschenden Abschottungs- und Streitpolitik . Was ansteckend sein koennte auch fuer die prosperierenden Teile der USA wie den Zusammenhalt in der Bevoelkerung.
…..ich habe schon vor über 30 Jahren solche Fotos in den USA gemacht, damals war noch keine Rede von Trump……
Herr Fröhlich, was vermittelt mir ihr Kommentar?
Trostlose, nicht inspirierte Worte und Sinnbild eines kulturfremden Kommentarschreibers, der die Ausdruckskraft und Stärke der gezeigten Bilder nicht versteht.
Also schreibt man einfach mal ein paar Zeilen zu einem ganz anderen Thema. Versteht der Kommentator wenigstens davon etwas? Nicht unbedingt aber auch nicht nötig. Es reicht schon völlig, einfach den anderen Lemmingen abzuschreiben.
Links halt, dieser Schreiberling
Ich habe also schon schönere „leere“ Bilder von den USA gesehen als die hier im Beitrag. Aber zum Glück ist ja alles Geschmacksache …