Ihre Majestät, die Erde
Mit Elendsbildern voller Schönheit wurde er berühmt – nun feiert Sebastião Salgado die Grossartigkeit unseres Planeten.
Dort, wo der grosse und der kleine Colorado zusammenfliessen, beginnt der Grand Canyon in Arizona. Der Fotograf Sebastião Salgado nahm diese Gegend aus einer göttlichen Perspektive auf, das Bild würde sehr gut zur Illustration des ersten Kapitels der Bibel taugen: «Genesis». Das ist typisch, denn Salgado, vor 74 Jahren im brasilianischen Minendistrikt Minas Gerais geboren, hat von Anfang seiner Karriere an weder suggestive Schönheit noch atemberaubenden Pathos gescheut. In den Achtzigerjahren verewigte er Szenen mittelalterlichen Horrors in den brasilianischen Goldminen, es waren Bilder, wie sie die Welt noch nie gesehen hat. Salgado stieg in die Liga der Magnum-Giganten auf – und geriet auch in die Kritik. Intellektuelle wie Susan Sontag oder Ingrid Sischy warfen ihm …
… Voyeurismus vor. Salgado liess sich dadurch von seiner Sache nicht abbringen, im Gegenteil: Er ist in Kriegsgebiete gereist, hat die Hungersnöte in der Sahelzone, den Völkermord in Ruanda fotografiert, mit der Langzeitarbeit «Exodus» die Migranten begleitet, unablässig hat er das Elend dieser Welt in wunderschöne Bilder voller menschlichen Anteilnahme umgemünzt und wäre psychisch fast zerbrochen daran. Mit «Genesis» wandte sich der Mann, der im Hässlichen immer auch das Schöne sah, nun dem wirklich Schönen zu, den Naturreservaten unseres Planeten. Inzwischen ist er mit seiner Frau Lélia auf die heimatliche Farm in Brasilien zurückgekehrt. Dort betreiben die beiden das ökologische Institut Terra, wo sie Bäume pflanzen und sich für den Erhalt der amazonischen Ökosysteme einsetzen. Die grossartige Ausstellung «Genesis», zusammengestellt von seiner Frau, wird seit 2013 auf der ganzen Welt gezeigt (sie war auch im Musée de l’Elysée in Lausanne) und bricht, wo sie gastiert, Zuschauerrekorde. Nun kommt sie endlich nach Zürich.

«Sebastião Salgado – Genesis»
Museum für Gestaltung
Ausstellungsstrasse 60
8005 Zürich
16.11. – 23.6.2019
2 Kommentare zu «Ihre Majestät, die Erde»
Die Anschrift oder Überschrift oder auch der Titel find ich superschön. In Kombination mit den Bildern bekomme ich fast Gänsehaut:)
Herzlichen Dank für die Publikation. Mein nächster Ausflug nach Zürich ist somit definiert. Salgado inspiriert mich unwahrscheinlich. Seine Werke Genesis und Exodus sind sehr beeindruckend.