Liu, bist du da?

Der Chinese Liu Bolin verschwindet in seinen Bildern – nun kann man in Lausanne den unsichtbaren Künstler wirklich kennen lernen.

 

Panda, 2011

Man nennt ihn «den unsichtbaren Mann», den chinesischen Künstler Liu Bolin, dessen Fotoserie «Hiding in the City» eine grosse Popularität geniesst, ertaunlicherweise ohne den Schöpfer selbst wirklich bekannt zu machen. Erstaunlich? Nein, eigentlich passend, denn Bolin hat die Methode perfektioniert, den eigenen Körper für die Fotoaufnahmen so exakt zu schminken, dass er mit der Umgebung komplett verschmilzt. Es ist, als ob die perfekte Camouflage den Mann auch als Künstler unsichtbar machen würde – man kennt die Bilder, ohne auf den Grund ihrer Entstehung, ohne auf den Namen des Urhebers neugierig zu sein.

Policeman and Civilian n°2, 2006

Unify the Thought to Promote Education More, 2007

Road Block, 2007

Selbst Firmen und Organisationen bedienen sich ungeniert bei Liu Bolin, etwa  vor drei Jahren die VBZ, die fast gleichzeitig mit dem Schweizerischen Arbeiterhilfswerk eine Kampagne mit auf unsichtbar geschminkten Menschen startete. Gut, dass nun das Lausanner Musée de l’Elysée eine erste grosse Retrospektive des stillen Künstlers veranstaltet und auch hinter die Bilder leuchtet, deren Aussage von Anfang an jene der zwar leisen, aber doch unnachgiebigen Subversion war.

Water Crisis, 2013

Mobile Phones, 2012

The Laid-off Workers, 2006

Your World, 2014

Alles begann 2005, als das Atelier von Liu Bolin neben denen anderer Künstler im Dorf Suojia im nördlichen Vorort von Peking zerstört wurde. Als Zeichen des Protestes schuf Liu Bolin ein Foto in den Ruinen, auf dem er in seiner seither bewährten Manier gleichzeitig an- und abwesend war. Seit damals tarnt sich Liu Bolin weiter, um die Widersprüche in der heutigen Gesellschaft anzuzeigen. «Einige sagen, dass ich in die Landschaft eintauche – ich würde sagen, dass es die Umgebung ist, die von mir Besitz ergreift», sagte er einmal. Eine Umgebung, die von den Widersprüchen unserer Zeit erzählt, von Polizisten, die Zivilisten blind machen, von Strassenblockaden, die Horizonte versperren und immer wieder von gewöhnlichen Menschen, die hinter den Schlagzeilen und Parolen verschwinden.

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Ausstellung: Liu Bolin, «Le théâtre des apparences»

Musée de l’Elysée in Lausanne, bis 27.1.

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