In Europas Mitte herrscht Tristesse
Sieht ein Vertragswerk so aus? Die Fotografin Ruth Stoltenberg war in Schengen unterwegs und machte traurige Bilder, die lustig zum Ansehen sind.
1985 wurde im luxemburgischen Schengen das erste Abkommen zur Abschaffung der innereuropäischen Grenzen unterschrieben. Die Fotografin Ruth Stoltenberg hat sich in dem an Frankreich und Deutschland grenzenden Winzerdorf
Auf den leblosen Strassen sind kaum Menschen unterwegs, und die Häuser, die traurig aus ihren Fenstern schauen, strahlen selbst in forciert bunten Kleidern keinerlei Fröhlichkeit aus, nicht mal in verkleinerter Form. Selbst die zum Trocknen aufgehängten Wäschestücke gehen auf Distanz zueinander, und der revolutionäre Dreiklang «Liberté, Egalité, Fraternité» verstummt an einer Hausmauer. Es sieht ganz so aus, als ob Schengen, das natürlich vor 30 Jahren schon so aussah, zum Symbol für die aktuelle Befindlichkeit in der EU wird. Das Konzept des grenzenlosen Kontinents stösst an seine Grenzen.
Ruth Stoltenberg hat einen Blick für sprechende Details, in denen sich eine ambivalente Stimmung ausbreitet: Obwohl die stilvoll reduzierten Fotos die Tristesse des Alltags einfangen, sind sie durchaus witzig. Zumal Schengen ja überall ist.

Ruth Stoltenberg: Schengen.
Kehrer-Verlag
ISBN 978-3-86828-886-5
112 S., 71 Farbabbildungen. ca. 30 Fr.
5 Kommentare zu «In Europas Mitte herrscht Tristesse»
Von meinen Camper-Tüürli kenne ich sowohl das Elsass als auch das deutsche Gebiet auf der anderen Seite des Rheins. Dort sieht man überall solche Dörfer. Schengen ist also nichts Besonderes.
Die Bilder sind top! Den Text hätte man einfach weglassen können.
Es stimmt schon, dass man solche Bilder überall machen kann, aber auf Luxemburg passen sie besonders gut. Ich war schon oft in diesem Land und stelle immer wieder fest, dass es zwar ein reiches Land ist, aber gleichzeitig wirkt es auch irgendwie seelenlos, was die Fotos meiner Meinung nach gut einfangen.
Ganz nett für einen Fotoblog, aber 30 Stutz für 112 Seiten? Wer tut sich sowas an? Und dieser schadenfreudige Unterton in der Reportage ist total unnötig und vermittelt leider mal wieder ein schlechtes Bild des überheblichen Schweizers, der alles besser zu wissen scheint. Europa hat lange sehr gut funktioniert und nun droht es an den Brettern vor den Köpfen vieler Menschen zu scheitern. Schade, denn Freiheit und Demokratie sind am wichtigsten. Leider vergessen das heute sehr viele.
Solche tristen Fotos kann man auch in der Schweiz machen (welche ja auch in der Mitte Europas ist). Die subtile, politische Färbung der Fotoreportage ist deplatziert.