Die schönsten Urlaubsbilder
Hintergründig und witzig: Der britische Fotograf Laurence Stephens zeigt Urlauber in etwas speziellen Situationen. Wir fühlen uns ertappt.
Die vermeintlich schönste Zeit des Jahres ist nun zu Ende. Wir waren in den Ferien, um uns zu erholen, zu geniessen und offline zu gehen. Als Tourist ist man, selbst im eigenen Land, ein Fremder und neigt dazu, Dinge zu machen, auf die man sonst nicht im Traum käme. Die Hitze, welche den Norden Europas ebenso zum Glühen brachte wie den Süden, tat ein Übriges, dass manche Reisende ein wenig die Haltung verloren.
Der englische Fotograf Laurence Stephens war drei Sommer lang in Spanien und Portugal, um die seltsame Spezies bei ihren Freigängen zu beobachten. Was bewegt die Menschen dazu, bei archäologischen Ausgrabungen selbst in verschattete Löcher zu gucken? Was bringt sie dazu, den Selfiestick wie einen Rutengänger einzusetzen?
In klimatisierten Museen nahm Stephens erschöpfte Besucher auf, deren Gesichtszüge mangels Konzentration etwas unschön entgleisen. Und wenn ihnen alles zu viel wird, legen sich pragmatisch veranlagte Touristen auf die erstbeste Matratze, den Koffer stets im Griff – und damit die Aussicht, endlich nach Hause reisen zu dürfen.
Nun hat der Fotograf Anstand und auch Stil genug, um sich nicht einfach über diese armen, auf der iberischen Halbinsel ausgesetzten Kreaturen in ihren etwas speziellen Posen zu erheben. Seine ästhetisch subtilen Blicke in die Rand- und Sperrbezirke des touristischen Bildes sind im wörtlichen Sinne reflexiv. Denn sie werfen das Gesehene auf den Betrachter zurück und stellen nüchtern fest: Das könntest auch du sein.
So mischen sich die Beobachtungen aus dem ganz normalen Alltag, der auch die Ferien strukturiert, mit einer angenehmen Dosis Ironie und Satire. Wenn man viel Zeit der unablässigen Hitze ausgesetzt ist, äussert sich dies mitunter in bizarren Übersprungshandlungen. Es bieten sich dann filmisch anmutende Szenen, die an eine Mixtur aus Jacques Tati und Louis de Funès erinnern. Wollte man die Fotografien arrangieren, man würde scheitern. «Es schien mir sehr ironisch, dass sich die Touristen so viel Zeit nehmen, ihre Ferien zu planen, und so viel Geld investieren, nur um am Ende irgendwie enttäuscht zu sein, wenn sie endlich da sind», meint der englische Fotograf zu seinen spontan entstandenen Bildern, die nun in einem Band versammelt sind.
Entstanden ist ein touristisches Familienalbum der anderen Art: In der bunten Summierung all dieser skurrilen Ansichten erscheint die Krone der Schöpfung gewaltig geerdet:
In Sandalen, Shorts und Shirts präsentiert sich hier der Homo sapiens – und versprüht eine nicht sonderlich gepflegte Langeweile.

Bored Tourists
Laurence Stephens
Pocket Photography.
Hoxton Mini Press
112 S.,
ca. 17 Fr.
4 Kommentare zu «Die schönsten Urlaubsbilder »
nun, l. stephens fotografiert genau gleich und genau das gleiche wie der berühmte magnum fotograf martin parr und nennt sein buch „borerd tourists“. martin parr hat vor jahren ein buch mit dem namen „bored couples“ publiziert. das hätte man zumindest im begleittext erwähnen können.
selten so gefreut ab der Fotografie diese Kombination von Humor und Kunst gepaart mit Handwerklichem Können beindruckt mich.
Hoffentlich bekommt dieser Soziopath eine gesalzene Rechnung für das Missachten des Persönlichkeitsrechts.
So toll die Bilder sind: sie zeigen bestens auf, was an der Touristenwelle alles falsch ist. Genauso sollte es nicht sein.
Im übrigen weiss ich nicht, wie der Tagi dazu kommt zu sagen, dass die „schönste Zeit des Jahres“ nun vorbei sei. Ich fahre übermorgen nach Griechenland, um antike Stätten im Süd-Peloponnes aufzustöbern. Dort hat’s garantiert keine Touristen, jedenfalls keine, wie sie auf den Fotos zu sehen sind.
Beste Grüsse
O.R.