Sommermärchen früher

Steve Powells berühmtes WM-Bild mit Maradona lügt. Wieso das trotzdem in Ordnung geht.

Aufgenommen 1982, Bild: Steve Powell/Allsport/Getty Images

Roberto Baggio mit hängendem Kopf beim Elfmeterpunkt, die «Hand Gottes» oder Roger Millas Eckfahnen-Tanz: Es gibt viele ikonische WM-Bilder. Eines der berühmtesten ist Diego Maradona, wie er 1982 in Spanien einer Phalanx von sechs Belgiern gegenübersteht. Die Panik steht den Spielern ins Gesicht geschrieben. Zwei von ihnen scheinen sich sogar hinter einem Kollegen verstecken zu wollen. Das Bild gilt seither als Beweis für Maradonas gefürchtete Genialität. Bloss: So war es gar nicht.
Der 21-jährige Maradona erhielt den Ball damals per Kurzfreistoss, die Belgier stürmten nicht zu fünft auf ihn, sondern waren in der Auflösebewegung begriffen, nachdem sie eine Mauer gebildet hatten. Ausserdem schloss Maradona die Szene mit einem missglückten Heber ab, und Argentinien verlor die Partie 0:1. Steve Powell, ein junger Fotograf mit seinem ersten Auftrag für «Sports Illustrated», kam mit der Aufnahme denn auch erst Jahre später zu Ruhm, als Maradona tatsächlich jenes Genie war, welches das Bild suggeriert. Rückwirkend geht die Bedeutung des Schnappschusses also in Ordnung – ästhetisch war er schon immer Weltklasse. Das Rasengrün mit den orangen Shirts der Belgier sowie Maradonas Hellblau ist ein kompositorisches Sommermärchen. Vor allem aber symbolisiert das Bild die Gründe, wieso so viele Menschen Fussball lieben: der Wettkampf, der zum Drama oder zur Komödie werden kann – und zwischendurch passiert das Unerwartbare, der magische Moment, der sich ins kollektive Gedächtnis einbrennt. In dem Sinn: Allen eine tolle WM!

Und da ja ein einziges Bild  für einen Fotoblogbeitrag etwas dürftig ist, haben wir für Sie weitere überraschende Maradona-Bilder aus den Archiven gefischt:

Maradona steht während der Weltmeisterschaft 1994 im Zentrum des Medieninteresses. Der argentinische Fussballverband schmiss den Stürmer aus dem Team, nachdem er positiv auf Drogen getestet wurde. Ein Spieler, der Drogen konsumiert, verurteilt ist wegen Schüssen auf Journalisten und den Ball mit der Hand ins Netz schiesst, ist nicht der ideale Kandidat für die Rolle des Captains des Nationalteams. (30.Juni 1994, Tim Sharp/AP/Keystone)

Porträt des Fussballers Diego Maradona. (Aufgenommen 1983, François Ducasse/Gamma-Rapho/Getty Images)

Der frühere brasilianische Fussballstar Edson Arantes Do Nascimento mit dem Spitznamen «Pelé» und Diego Maradona sitzen zusammen an einer Hotel Rezeption in Rio de Janeiro. (14.Mai 1995, Guillermo Copolla/Reuters)

Maradona nach einer Niederlage mit der argentinischen Nationalmannschaft. (Bild: Raphael Wolfmann/Gamma-Rapho/Getty Images)

Maradona und seine Frau Claudia Villafane am Tag ihrer Zivilhochzeit in Buenos Aires zusammen mit ihren beiden Töchtern Giannina Dinora und Dalma Nerea. (7.November 1989/Reuters)

Diego Maradona in Sevilla, Spanien. (25.September 1992, Daniel Beltra/Gamma-Rapho/Getty Images)

Maradona küsst nach dem 3:2 Finalsieg in Mexico City gegen Deutschland den WM Pokal. Hinter ihm steht Kanzler Helmut Kohl. (29.Juni 1986/AP/Keystone)

Der ehemalige Fussballstar Maradona tanzt mit seiner Frau Claudia während einer Unterhaltungssendung in Buenos Aires zum Lied «Jail House Rock». (19.November 1996, Zoraida Diaz/Reuters)

Diego Maradona spricht an der Weltmeisterschaft 1986 mit der Presse. (19.Juni 1986, Monte Fresco/Mirrorpix/Getty Images)

Diego Maradona wird von der Polizei eskortiert, als er das Gericht verlässt. Er wird beschuldigt in der Nähe seines Landhauses Journalisten angeschossen und verletzt zu haben. (15.März 1994/Reuters)

Fidel Castro setzt Diego Armando Maradona im Palast der Revolution in Havanna seinen Hut auf. Maradona erhielt eine Auszeichnung als «herausragendster lateinamerikanischer Athlet». (28.Juli 1987/Prensa Latina/Reuters)

Venezuelas Präsident Hugo Chavez und Diego Maradona sitzen zusammen an einer Veranstaltung gegen US-Präsident Bush und das Freihandelsabkommen. Tausende Demonstranten protestierten in den Strassen Argentiniens. (4.November 2005, Andres Stapff/Reuters)

Die beiden argentinischen Fussballlegenden Diego Maradona und Lionel Messi feiern nach dem 3:1 Sieg im WM Vorrundenspiel in Südafrika. (27.Juni 2010, Rungroj Yongrit/EPA/Keystone)

Argentiniens Nationaltrainer Diego Maradona während der zweiten Halbzeit der WM-Begegnung zwischen Mexiko und Argentinien. (27.Juni 2010, Urs Jaudas/Tages Anzeiger)

2 Kommentare zu «Sommermärchen früher»

  • Daniel Sieber sagt:

    Komisch ich zähle auf dem Bild aber 6 Belgier nicht 5.

    • Boris Müller sagt:

      sie haben natürlich recht. in der printausgabe wurde das korrigiert, hier lag die ältere version des textes vor. wir habens angepasst!

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