Purpurbart und Trachtentanz
Von Reggae-Pionieren und anderen Zürcher Phänomenen.
Wahn- und Ordnungssinn gehören oft zusammen, doch diese Schulweisheit aus Psychiatrie-Lehrbüchern offenbart sich selten als eine beglückende visuelle Explosion. In der jüngsten Nummer des deutschen Magazins «Interview» ist dies mehrmals der Fall. Die Ausgabe über Zürich hat der Grafiker und Designer Beda Achermann konzipiert, der die beiden zürcherischen Tugenden virtuos ausspielt.
Besonders bunt sticht der von der italienischen Fotografin Andrea Spotorno in Szene gesetzte Besuch bei der Reggae-Legende Lee Scratch Perry in Einsiedeln ins Auge. Perry, ein Dub-Prophet mit Purpurbart, der Lieder für Bob Marley schrieb und das Prinzip des Samplings erfand, bevor es Sampler gab, lebt unweit des majestätischen Klosters und ist glücklich mit einer ehemaligen Zürcher Domina. Klar wird, wie weiträumig die Stadt gedacht werden muss, manchmal reicht sie bis nach New York (wo der Zürcher Künstler Ugo Rondinone in einer Kirche lebt) und manchmal nach Würenlos (wo die Malerin Emma Kunz wirkte). In Achermanns Optik enthüllt Zürich unerkannte Obsessionen und Sehnsüchte – und sieht dabei verdammt gut aus.
Ein Kommentar zu «Purpurbart und Trachtentanz»
Was heisst hier „lesenswert“? Es gibt ja bloss ein paar Bilder, aber kaum was zu lesen.