Blochen in den Bergen

Als Lärm und Abgase ein Sonntagsvergnügen waren: Das Museum im Bellpark in Kriens zeigt Bilder des Bergrennens hinauf nach Eigenthal.

Nationales Bergrennen Eigenthal 1928: Hans Stuber (Bugatti) am Start. Photo-Buholzer (Emmenbrücke), Archiv ACS Luzern

Klar waren nicht alle einverstanden. Der Kaplan der nahen Wallfahrtskirche beispielsweise – er beschwerte sich bei den Veranstaltern, die Bänke seines Gotteshauses blieben wegen des Autorennens leer. Aber der Seelenfriede seiner Schäfchen war zu retten: Das Rennen vom 6. September 1931 wurde erst um 10 Uhr gestartet, nach dem Sonntags­gottesdienst in Hergiswald.

Das war es dann aber auch schon fast mit dem Widerstand gegen den Rennzirkus in der Innerschweizer Bergwelt. 1923 organisierte die Sektion Luzern des ACS den ersten Geschwindigkeitswettbewerb von Kriens hinauf nach Eigenthal, und schon damals kamen rund zweitausend Leute und sahen die Bestzeit eines gewissen Eduard Koch, der seinen Fiat in 8 Minuten und 45 Minuten die Bergstrasse hinaufjagte.

1928: Eduard Probst (Bern) auf Bugatti. Archiv ACS Luzern

1931: Hans Kessler auf Bugatti. Photo Jeck (Basel), Archiv ACS Luzern

1929: Guido Sabatini (Lugano) auf Itala. Photo Buholzer (Emmenbrücke), Archiv ACS Luzern

1964. Archiv ACS Luzern

Die Austragungen in den Zwanziger- und Dreissigerjahren, erst recht dann jene in den Sechzigern waren Volksfeste; 1966 kamen mehr als 20 000 Zuschauer und nutzten das Ereignis zum Picknicken auf den Wiesenborden an der Strasse. Lärm? Abgase? Und das alles mitten in der Natur? Damit hatte man kaum Probleme, und das ist das Erstaunliche, aber auch das Exemplarische der Geschichte dieses Bergrennens, die das Krienser Museum im Bellpark nun erzählt.

1964.  Foto Lorenz Fischer (Luzern), Archiv ACS Luzern

1966. Aus dem privaten Album des Rennfahrers Fritz Lang (Luzern)

1966. Aus dem privaten Album des Rennfahrers Fritz Lang (Luzern)

1966: Ein Fahrer hantiert an seinem Wagen. Archiv ACS Luzern

1966: Der Alfa Giulietta war bei Amateuren ein beliebter Sportwagen für Bergrennen. Photo Weber (Luzern), Archiv ACS Luzern

1968: Charles Ramu-Caccia (Dardagny) auf Alfa Romeo GTA 1600. Foto Guido Weber, Sammlung Thomas Horat.

Dokumente, Filme, Interviews, vor allem aber Fotos zeugen von einer Attraktion, von der heute nicht mehr viel übrig ist. Tatsächlich war das Automobil einmal ein strahlendes Symbol für Tempo und Fortschritt. Und das Gedränge an dieser Strecke ist ein Sinnbild dafür, wie sehr sich die Gesellschaft von diesem Vehikel bannen liess.

Den Grund dafür zeigen diese Bilder freilich auch. Es ist die ­Rasanz, mit der Charles Ramu-Caccia 1964 seinen Alfa Romeo GTA 1600 in die Kurve drückt, so dass sich das linke Vorderrand von der Fahrbahn hebt. Oder die Schnittigkeit, mit der 1931 Hans Kesslers Bugatti auf der Strasse liegt. Kein Bild haben die Ausstellungsmacher allerdings für das Gerücht gefunden, einmal sei sogar der Hollywood-Schauspieler und praktizierende Motorsportler Steve McQueen das Eigental hinaufgeblocht. Gelegenheit dazu hätte er bis 1968 gehabt; damals wurde der letzte «Eigenthaler» ausgetragen.

«Das Bergrennen Kriens–Eigenthal. Heulende Boliden im stillen Gelände». Museum im Bellpark, Kriens. Bis 3. März 2019. Vernissage: 26. Mai 2018, 17 Uhr. www.bellpark.ch.

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