Chalets für den Krieg
Alphütten und Wohnhäuser, die erst auf den zweiten Blick ihr wahres Gesicht zeigen.
Christian Schwager, Pro Litteris 2018, Zürich
Zwischen 2001 und 2003 fotografierte der Winterthurer Fotograf Christian Schwager in allen Landesregionen Bunker, die als Chalets getarnt sind. Zu Hunderten sind diese im Auftrag der Schweizer Armee seit 1941 gebauten Befestigungsanlagen in der ganzen Schweiz verteilt. Im Baustil der jeweiligen Region gestaltet, fügen sie sich auf den ersten Blick perfekt in die ländliche Kalenderbild-Umgebung ein. Doch beim genaueren Hinsehen, das Schwager mit seinen zwar präzisen, aber doch nicht alles offen legenden «Architektur»- Fotografien provoziert, erweisen sich die «falschen Chalets» als groteske Staffage in der als herbstliche Postkarten-Idylle festgehaltenen Schweizer Landschaft.
Christian Schwager, Pro Litteris 2018, Zürich
Lesen Sie hier den Artikel von Matthias Meili über die einst massiven Militärbauten im befestigten Dietikon und wie diese wieder zertrümmert wurden.
Christian Schwager, Pro Litteris 2018, Zürich
Christian Schwager, Pro Litteris 2018, Zürich
Christian Schwager, Pro Litteris 2018, Zürich
Christian Schwager, Pro Litteris 2018, Zürich
Christian Schwager, Pro Litteris 2018, Zürich
Christian Schwager, Pro Litteris 2018, Zürich
Christian Schwager, Pro Litteris 2018, Zürich
Christian Schwager, Pro Litteris 2018, Zürich
Seit den 1990er-Jahren unterstehen die getarnten Bunker nicht mehr der Geheimhaltung. Nach ersten Recherchen konnte Christian Schwager in der Eidgenössischen Militärbibliothek und mithilfe des Militärhistorischen Vereins – das Eidgenössische Militärdepartement zeigte kaum Interesse – ein praktisch vollständiges Inventar dieser liebevoll gestalteten, mittlerweile nicht selten einer privaten Nutzung zugeführten Relikte einer naiv anmutenden schweizerischen Verteidigungsstrategie erstellen. Das Resultat ist eine fotografische Arbeit zwischen wissenschaftlicher Feldforschung und Kunstprojekt, zwischen akribischer Spurensuche und hintergründig ironischer Bestandsaufnahme, ein Inventar schweizerischer Befindlichkeit.
27 Kommentare zu «Chalets für den Krieg»
Die beim Buch hilfreiche Eidgenössische Militärbibliothek (= Bibliothek am Guisanplatz) gehörte übrigens zum Eidgenössischen Militärdepartement (= VBS), welches angeblich wenig Interesse an der Publikation hatte.
Seit den frühen 1990er Jahren erstellte das VBS ein eigenes denkmalpflegerisches Inventar seiner Kampf- und Führungsbauten, deren wichtigste Vertreter heute als Festungsmuseen öffentlich zugänglich sind (www.fort.ch).
Das Buch von Christian Schwager ist längst vergriffen, jedoch empfiehlt sich der neu erschienene Fotoband „Festungen in der Schweiz“ oder auch „Kasernen und Waffenplätze in der Schweiz“, welche beim Herausgeber Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (www.gsk.ch; gsk@gsk.ch) bezogen werden können. Siehe Kommentar von Saskja Ott
Grüezi Herr Külling
es hängt halt auch beim VBS, wie überall von den Personen ab.
Die Militärbibliothek war sehr zuvorkommend, aber die Immobilienabteilung sehr zurückhaltend.
Mein buch ”Falsche Chalets“ ist nicht vergriffen und kann in jeder Buchhandlung bestellt werden.
Guten Tag Herr Schwager
Zwischenzeitlich war Ihr Buch nicht mehr erhältlich, ich gratuliere Ihnen zur inzwischen offenbar 5. Auflage. Noch heute kann ich aufgrund des Berechtigten militärischen Informationsschutzes nicht alles publizieren, was von öffentlichem Interesse wäre – auch dadurch bleibt das Bunkerthema spannend.
Gut zum Thema passt das ebenfalls toll bebilderte Buch, das eben erst erschienen ist:
Titel: Festungen in der Schweiz / Fortifications de Suisse
90 Franken, 196 Abbildungen, 186 Seiten
Buchreihe: pages blanches
Autoren: Thomas Bitterli, Juri Jaquemet, Maurice Lovisa
Inhaltssprache: Deutsch / Französisch
ISBN: 978‐3‐03797‐307‐3
Verlag: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte
Da war noch ein Wehrwille in jeder Hinsicht vorhanden, von dem unsere Generation und Politiker nicht einmal mehr träumen können. Dank an unsere Vorfahren!
Wie wird man wohl in 50 Jahren darüber denken, was man heute gegen heutige Bedrohungen gegen die Gesellschaft vorsieht: werden sie überhaupt erkannt und wird ihnen erfolgreich begegnet (fake news, Opiaten Missbrauch, big brother etc.)? Es wird auch dann die ewigen Besserwisser geben, die ausser negativer Kritik am Zeitgeist vor 50 Jahren keine Antworten auf die Probleme der eigenen Gegenwart wissen werden. Die Welt wurde und wird über die Zeit in der Summe nicht besser, die Kommunikationsmedien erlauben es einfach immer noch mehr Leuten, ihren Senf unbedarft zu verbreiten! In 50 Jahren wird man glücklicherweise auch über sie lachen – gerecht!
@Othmar Riesen. – „…und wäre dabei hoffnungslos überfordert worden. Die paar Hütten, die hier abgebildet werden, hätten nichts dazu beigetragen. Es bleibt dabei, dass diese „Tarnungen“ nach herkömmlichen militärischen Gesichtspunkten zu werten sind und mithin naiv und lächerlich waren.“ – Faktum ist, dass die Schweiz den Wekltkrieg von der eigenen Bevölkerung fern halten konnte, währenddem Europa in Schutt und Asche gelegt wurde und 55 Millionen Tote zu beklagen waren. – Wie viele Kriegstote gab es in der Schweiz ? – Ihre Äusserungen sind ignorant und eine Respektlosigkeit vor der tapferen Kriegsgeneration, deren eigenes Leben Sie zu verdanken haben. Statt solchen Unsinn zu schreiben, sollten Sie und auch der Autor des Artikels Dankbarkeit und Achtung vor der damaligen Leistung zeigen.
Wer greift denn schon sein eigenes Gold und Geld an?
@andi. – Ja, auch das war eine sehr kluge Strategie unserer Grossväter und Urgrossväter. Damit haben sie hunderttausende Leben gerettet. Wir sollten unseren Ahnen auf ewig für diese weltweit einmalige Leistung dankbar sein. – Alle Menschen, welche diese Leistung ins Lächerliche ziehen wollen, sollen mir ein Land nennen, welches quasi inmitten des Tornados, vollständig umzingelt von Ländern im schlimmsten Krieg der Menschheit, den Frieden für die eigene Bevölkerung bewahren konnte.
Die herzige Schweizer Armee war nicht der Grund, weshalb unser Land vom Krieg verschont wurde. Ist inzwischen hinlänglich bekannt, nur offenbar noch nicht bis zu Ihnen durchgedrungen, Regina Bischoff. Mein Vater – Aktivdienstler – hat übrigens jeweils nur höhnisch gelacht, wenn man leere Worte wie „Dankbarkeit“ und „Achtung vor der Leistung“ gesagt hat. „Dumms Züüg“ war jeweils seine Antwort.
vielleicht sollten sie sich überlegen, warum die schweiz nicht angegriffen wurde. sicherlich nicht wegen dieser chalets.
Sie meinen das Reduit das geschützt worden wäre, wenn die Schweiz wirklich angegriffen worden wäre? Die Mittellandschweizer die in die Berge hätten flüchten wollen, zurück ins Mittelland – dann Feindesgebiet! – geschickt worden wären? Oder die Soldaten die mit Waffen an der Grenze standen – ohne Munition (O-Ton mein Grossvater). Ja da müssen wir tatsächlich viel Respekt davor haben. Vorallem vor den fremden Mächten, die uns das ersparten, indem sie ihre Gelder auf unseren namenlosen Konti legten.
Bild Nr. 5 zeigt, dass noch eine Telefonleitung ins Haus führt. Ich wette, da sitzt noch einer als Telefonwache drin und wurde noch nie abgelöst. Vielleicht mal nachschauen gehen und etwas lüften?
Das Tarnen zu Häusern diente Primäre die Objekte in die Landschaft eingliedern. Während des Krieges waren die Bunker mit Tarnfarbe gestrichen.
Kleinkriege können die giftigste sein.
Und wenn man bedenkt, was noch alles unter dem Boden und im Berg ist, dann ist das wirklich ein tiefer Gedanken darüber wert. Interessant finde ich, dass auch zum teil solche Immobilien gekauft werden können und die Umnutzung als Käse- oder Weinkeller um genutzt werden kann. Tolle Geschichte und tolle Bilder der schweizerischen Geschichte.
Sympathisch die Tarnung der Klötze. Kuh und Geiss kümmert’s nen Scheiss.
Klar, Schweizer Selbstverteidigung kann nur naiv und lächerlich sein, obwohl in dieser Art guerillistisch, was ja spätestens seit Vietnam und Afghanistan erfolgreich war.
@Aletsch: Sie vermischen geflissentlich Kraut und Rüben. Die Schweizer Armee wurde gerade nicht für den Guerilla-Krieg trainiert und wäre dabei hoffnungslos überfordert worden. Die paar Hütten, die hier abgebildet werden, hätten nichts dazu beigetragen. Es bleibt dabei, dass diese „Tarnungen“ nach herkömmlichen militärischen Gesichtspunkten zu werten sind und mithin naiv und lächerlich waren.
Hätte und wäre! Es ist immer dasselbe; Hinterher alles ins lächerliche ziehen und grosse Töne von sich geben ist einfach. Nach damaligen Gesichtspunkten war die Tarnung keineswegs naiv, sondern einfach Usus.
@Buetzer: wenn man den Zustand der sog. Besten Armee der Welt anschaut, dann ist ganz klar, dass das hätte + wäre völlig zutreffend ist.
(Sicher waren diese Bauten nur zu Bürozeiten zu benützen). Ich war damals dabei, ich sah einige dieser Bauten, und die Tarnung war denkbar naiv. Und ja, das alles ist wirklich eine Lachnummer.
Beste Grüsse
O.R.
Beste oder nicht beste Armee der Welt – ihr Duktus zielt doch nur darauf ab, nicht nur die Armee, sondern auch die Schweiz insgesamt lächerlich zu machen und dann aufzulösen. Gelingen wird es Ihnen nicht, im Gegenteil – echte Schweizer sind sich dieser Gefahr von innen bewusst und es ist ihnen auch völlig klar, dass an der besten Armee der Welt noch viel zu verbessern ist. Wie übrigens an jeder einzelnen Armee der ganzen Welt – auch dort wirken nämlich bloss ganz gewöhnliche Menschen mit, die eigentlich lieber lange ausschlafen und auf der faulen Haut liegen wollen. Mit dem Unterschied, dass die meisten Mitglieder dieser Armeen tatsächlich bloss Angestellte sind und man für sie weit und breit keinen Bunker aufgestellt hat.
@Neiau: wenn ich an die französische Armee denke, die zurzeit aufgestellt wird: modernste Technik usw. inkl. Flugzeugträger, atomare Rüstung. Da erscheint mir Ihr Kommentar sowas von weltfremd. Da ist nie jemand, der ausschlafen möchte. Was für ein Gedanke, den Sie dabei haben!
@Jessas Neiau: die Schweizer Armee muss man nicht lächerlich machen. Die ist es. War es schon immer. Sie abzuschaffen würde die Schweiz nachhaltig stärken. Darum sind echte, richtige Schweizer dafür. Nur gedankenlose Militärköpfe können das nicht einsehen. Zuviel Beton im Oberstübli.
Da ‚guerilla‘ Krieglein oder Kriegerlein bedeutet, wird auch hier wieder klar, dass die Schweizer auch das nicht schaffen, obwohl keine Ausbildung nötig. Trotzdem hat das nicht verhindert, dass das Schweizer Soldatenbuch unter den einschlägigen Aktivisten in Lateinamerika kursierte. Warum genau, weiss ich nicht.
@Aletsch: da habe ich was gelernt. Vielen Dank.
Beste Grüsse
O.R.
Christian Schwager hat mit den Chalet- und Alphüttenbunkern ein sehr originelles, bilddokumentarisches Projekt ausgeheckt, das er gekonnt und sehr gelungen umgesetzt hat. Die Darstellung der (inzwischen schon fremd anmutenden) zeithistorischen Aspekte zusammen mit den architektonsichen und landschaftlichen überzeugt und gefällt mir sehr. Seltsam, fremd anmutendes Massives und dennoch Vergängliches eingebettet in der sonst vertrauten, bleibenden und beständigen Bergwelt und Landschaft. Einen solchen, einmaligen Spannungsbogen für sich zu finden (und zu besetzen) ist Christian Schwager voll geglückt!