Warum ist im April schon Sommer?
Ja, das gibt es nicht jedes Jahr. Ein Hauch von «uhuere warm» schon im April. Kein Drama, aber halt eine währschafte Sache, diese Höchstwerte vom Donnerstag so früh im Jahr. Das muss aber nicht so sein, kaum jemand wird sich an das Wetter vor einem Jahr erinnern, aber es war ganz anders.
Und es kann noch viel wilder sein: Am 12. April 1986 gab es – es waren noch die Zeiten, bevor es Onlinemedien und Russenpeitschen gab, es wird kaum etwas in der Zeitung gestanden haben, und die Mehrheit der Menschheit wusste noch, dass das durchaus sein kann – sogar in Zürich Frost über den ganzen Tag, einen sogenannten Eistag.
Entscheidend ist, woher der Wind weht
Dass es im April von Jahr zu Jahr etwas wilder zu- und hergeht als in anderen Monaten, liegt an den grossen Unterschieden in den Regionen in Nord und Süd, wo unsere April-Luftmassen herkommen – in Finnland liegen noch grosse Mengen an Schnee. Kommt der Wind von dort, wird die Luftmasse auf ihrem kurzen Weg über die teils noch vereiste und maximal 1 bis 5 Grad warme Ostsee kaum erwärmt und kommt bei uns als füdlichalti Bise an.
Ganz anders, wenn der Wind aus Süden kommt: Über Nordafrika ist es jetzt schon sommerlich und die Strömung muss es einfach so richten, dass die Wärme stürmisch als Föhn zu uns kommt oder über Spanien und Frankreich, damit nicht das kühle Mittelmeer die Luftmasse beeinträchtigt – da ist es nämlich immer noch relativ frisch, wie die aktuellen Werte zeigen.
Nie ein Hotel am Wasser buchen!
Entsprechend sollte man jetzt im Frühling nie ein Hotel am Wasser buchen, wenn man die Wärme mag – die höchsten Temperaturen gibts immer landeinwärts, zurzeit bleiben auch auf Mallorca die Temperaturen am Ufer unter 20 Grad, sobald der Wind vom Meer her kommt – deswegen sind die ganzen lustigen Schlagzeilen, dass es in der Schweiz wärmer sei als in (hier beliebigen Küstenort einsetzen, der dann jeweils genommen wird), nichts als logisch und es ist in jedem Frühling so.
Die relativ tief temperierten Wassertemperaturen führen auch dazu, dass relativ trockene Luft zu uns kommt, es wird keine Feuchtigkeit mittransportiert wie im Sommer, wenn das Mittelmeer zu einer 28 Grad warmen Badewanne geworden ist. Die trockene Luft verursacht ganz viele Dinge:
- Die Nächte bleiben kühl, auch wenn die Nachmittage und Abende warm sind (kurze Bemerkung nebenbei: Der Begriff «Mittagshitze» ist Hafechäs, die Höchsttemperaturen des Tages werden jetzt gegen 17 Uhr, im Hochsommer gehen 18 Uhr erreicht – immer gfürchig, dann nach Feierabend Jogger bei grösster Hitze und Ozon-Smog zu sehen). Der Frühling ist deshalb im Schnitt jedes Jahr die Jahreszeit mit dem grössten Tagesgang der Temperatur, also der grössten Differenz zwischen Tiefst- und Höchsttemperatur am selben Tag.
- Wenn die Luftfeuchtigkeit gering ist, kommt viel UV-Strahlung durch. Im modernen Aufregungsjournalismus kommt in jedem Frühling die Meldung, dass irgendjemand vor hoher UV-Strahlung und Sonnenbrandgefahr warnt. Sie brauchen zum Selbstschutz keine App, sondern nur Ihren gesunden Menschenverstand: Je dunkelblauer der Himmel, desto weniger Feuchtigkeit und Dreck in der Luft, umso mehr UV-Strahlen kommen durch. Ist der Himmel weisslich, ist die Gefahr geringer. Manche denken, dass diese Apps noch geheimnisvolle andere Dinge betrachten wie vorüberziehende Ozonlöcher – nein, nur Temperatur und Feuchtigkeit. Und Sie müssen nur zum Himmel schauen.
Wenn Ihnen das alles schon zu warm ist: Die Berge der Heimat haben noch Winter wie die Finnen, wie die Schneehöhen zeigen. Und damit kommen wir zur Besonderheit Nummer drei:
- Trockene Wärme attackiert den Schnee nur wenig, weil es einen Film von Verdunstungskälte gibt, der ein rasches Abschmelzen wie bei Regen oder tüppiger Wärme verhindert. Wenn Sie den Schnee vermissen: Der Berg ruft, es ist alles ganz nah. Sie müssen nicht nach Finnland.
41 Kommentare zu «Warum ist im April schon Sommer?»
Wunderbar formuliert, Herr Kachelmann !
Ja, wenn man eine App braucht für diese Dinge, muss man schon lachen.
Aber der Mensch braucht ja bald schon eine App, um Kühlschrank und Herd zu bedienen, da darf man sich nicht wundern.
Es gibt ja auch das Sprichwort „April, April, der weiß nicht was er will.“ Somit ist dieser Monat IMMER gut für eine Überraschung. Dieses Jahr ist es halt mal wärmer als sonst, was solls. Spannend wird es erst dann, wenn man auf die Durchschnittstemperatur des Aprils wettet. Ja klingt verrückt aber manche Buchmacher bieten das wirklich an.
Jedweder hitzigen Diskussionen die es gab und gibt zum Trotz nehme ich den Blog als eine erfrischende Bise in einem weit verbreiteten Sensationseinerlei wahr. Danke Jörg ?
„Sie brauchen zum Selbstschutz keine App, sondern nur Ihren gesunden Menschenverstand“, einfach wunderbar geschrieben. Interessant auch, dass trockene Wärme den Schnee nur wenig attackiert, was ja für die Gletscher und alle, die sie lieben, ein kleiner Trost ist. „The mountains are calling and I must go“ sagte der legendäre John Muir.
Sehr interessant ist Kachelmann’s Hinweis, im Frühling kein Hotel am Meer zu buchen. Der Grund dafür war mir bis jetzt nicht bekannt. Herr Kachelmann erklärt es einfach und überzeugend. Wäre gut, wenn er wöchentlich eine Voraussage mit einfachen Worten machen könnte bzw. würde. Aber als alter Mann, bin bald 74, habe ich einfach Freude am jetzigen „Sommerwetter“ und den warmen Temperaturen. Ich kann es nicht so mit Eis, Schnee und Kälte.
Schöne Beschreibung des Wetters. Das Klima aber zeigt, dass es wärmer wird, und unbeständiger. Selbst im Vorsommer kann es massive Extremwettersituationen geben, heiss oder kalt, weil die Wettersysteme immer mehr Energie aufnehmen und deshalb stärker werden. Deshalb gibt es fast keine Übergangs-Jahreszeiten mehr, es wird sofort Sommer oder Winter.
Als ob wir das nicht schon längst geahnt hätten…
Gratuliere! In zukunft mehr kachelmann und weniger Bucheli ?. Gibt es eine App? ?♀️
Warum ist im April schon Sommer? Weil der April macht, was er will. Einmal Frühling, Sommer, Herbst, sogar Winter. Wie Vivaldis 4 Jahreszeiten (Le quattro stagioni). „April“ von Deep Purple, echt Klassisch-Rock (in the beginning; Cover à la Hieronymus Bosch), tönt auch verdammt gut. Sogar aus einer Kiesgrube mit Londoner Orchestra (Version P2 Tv 1970; man sehe, höre und staune; etwa auf youtube).
Schön Kachelmann wieder zu erleben. Inhaltlich ist das Meilen vom Rest der Meteorologie entfernt und jeder versteht es auch. Zum anderen als Mensch bin ich glücklich, dass eine feige Attacke den Menschen Kachelmann nicht beschädigen konnte. Alles Gute!
Mir genügt Kachelmann vollkommen, trotz des sympathischen Bücheli werde ich lieber die Einmann-Prognosen geniessen und käme auch viel billiger !
René, geb. 1922
Schade, dass es so anbiedernd geschrieben ist. „Füdlichalt“ z.B. ist kein Begriff, der existiert. Bloss ein Sauglattismus…
das ist wohl die Dialektübersetzung von „arschkalt“
Vielleicht gibt’s den Begriff bei Ihnen in Deutschland nicht, hier schon…
Für mich ein Normalbegriff. Ich hätte noch mehrere solche auf Lager – wie ‚huereguet‘ usw.
Oder giggerig, anstatt geil …
Ich kenne aber arschkalt, das ist doch dasselbe wie f…..!?
„Aufregungsjournalismus“, herrlich! Diesem Trend ist es ja auch zu verdanken, dass es keine einfachen Gewitter mehr gibt. Unterhalb von „unwetterartig“, „Platzregen mit Überflutungsgefahr“ und „Böen in Orkanstärke“ steigt heute kein Journo mehr ins Geschehen ein!
Vielen Dank für diesen unterhaltsamen und lehrreichen Artikel – erinnert mich an Tim Krohns Scheibstil. Herrlich!
Ich fand ihn immer so toll im Fernsehen..schade das Kachelmann den Wetterbericht da nicht mehr macht
Danke für diesen interessanten Kommentar.
Zusammen mit dem Geldblog einer der wenigen lesenswerten und unprätentiösen Blogs beim Tagi.
die „tief temperierten Temperaturen“ – was für eine flotte Schreibe!
hueregopferteli, warum schreibt das der Kachelmann erst jetzt? Ich gehe nächste Woche nach Venedig in die Ferien und dort (am Meer!) wird es kälter sein als hier in der Schweiz.
Hoffen Sie auf ablandigen Wind, dann ist es schnurz, ob sie sich am Meer oder im Landesinneren befinden.
Das isind Wetter Informationen vom Feinsten und originell dazu. Bitte mehr!
Doch, ich finde den Stil lustig, den Inhalt lehrreich.
Wobei…. das Video letzte Woche war noch viel lustiger. Kachelmann pur, sozusagen. Wie heisst es doch so schön: „Ist der Ruf erst ruiniert….“
Schön, ist Kachelmann inzwischen so ungeniert. Und er geniesst es, ganz offensichtlich. Ich auch.
Ganz interessant, wenn da nur nicht ständig diese Sauglattismen wären…
Bitte weniger anbiedernd, pseudovolkstümlich.
Inhalt wäre trotzdem interessant.
Liebe Christina, er muss eben auch seine Fan-Girls und Fan-Boys bedienen – und die erwarten halt diese Ausdrucksweise. Sonst würden die nicht merken, dass sie beim Kachelmann und nicht beim MeteoSchweiz-Blog sind.
Ich werde dieses Jahr 60. Ich kann nicht anders. Ich bin so.
Ja, ja schon klar!
Bleiben Sie ruhig so. Wir brauchen mehr Beiträge in Newsmedien, die man mit einem Lächeln im Gesicht liest. Dringend. Und auch wenn Sie Ihren Stil ändern würden – es gäbe immer jemand, den dieses oder jenes stört. Nur weiter so, uhuereguet.
Vielen Dank – so wird „Wetter“ verständlich 😉
Ich finde auch, hier wird das immer richtig toll geschrieben und erklärt
danke für den informativen meteorologischen beitrag, meine frage: kommt der winter nochmals oder was bescheren uns die eisheiligen und die schafskälte?,
schönwettergrüsse aus sevelen, hubert
Das weiss man leider nicht, man kann einigermassen einen 14-Tage-Trend ansehen mit Unsicherheitsbereich, einfach Ort bei kachelmannwetter.com/ch eingeben.
Sehr guter, spannender und leichtverständlicher Kommentar von Kachelmann wie immer, Schade, ich vermisse seine interessanten lehrreihen samstagvormittags Wetterkommentare am Radio, die immer eine grosse Bereicherung waren.
Hier ist es am schönsten!
Ich weiss nicht, ob man dies hier schreiben darf. Aber Kachelmann hat wieder eine Webseite. kachelmannwetter.com Ich finde diese sehr gut und die Vorhersagen stimmen meist sehr genau.
Ja, auf seine Vorhersagen konnten wir uns letzes Jahr sogar in der Toskana verlassen.
zu 1. / Am Mittag hat es die intensivste Sonneneinstrahlung, welche sich auf dem Körper resp. der Kleidung in Hitze umwandelt. Die „Mittagshitze“ hat daher durchaus seine Berechtigung. Der Hinweis auf den dunkelblauen Himmel, welcher mit der höchsten UV-Strahlung korreliert ist aber ein wertvoller Tipp. Obwohl ich selber darauf hätte kommmen können ;-(
Wenn es mittags 10 Grad kühler ist als abends, spielt das nicht mehr so eine Rolle. Zudem bietet der vertikale Körper einer von oben scheinenden Sonne weniger heizbare Angriffsfläche als der Spätnachmittagssonne.