Von überraschenden Schneestürmen und der Wahrheit
Wenn Unfälle passieren, gibt es Berufe, bei denen von vornherein eher von menschlichem Versagen ausgegangen wird. Bei Unfällen mit Lastwagen etwa ist die Annahme a priori weniger, dass die Bremsen versagt haben, wenn das Fahrzeug von hinten auf einen Stau auffährt, als dass der Fahrer geschlafen oder irgendetwas Ablenkendes gemacht hat. Stürzt ein Flugzeug ab, liegt der Fokus der Berichterstattung schnell bei möglichen Pilotenfehlern. Stirbt jemand bei einer Operation, werden die behandelnden Ärzte schnell kritischen Fragen ausgesetzt sein.
Die Schweiz ist das Land der Berge. Unser Selbstverständnis beruht auf der Perfektion unserer menschlichen und technischen Fähigkeiten, diese Berge zu erleben und zu bezwingen. Wenn wir mit der steilsten Standseilbahn der Welt auf den Stoos fahren, macht uns das keine Sorgen: Es ist die Schweiz. Begeben wir uns in die Obhut eines Bergführers, haben wir das bestmögliche Gefühl trotz der Gefahr, in die man sich in den Hochalpen automatisch begibt: Es ist die Schweiz.
Der Brantschen Franz macht keine Fehler
In meiner Kindheit waren wir immer in Randa, zwei Stationen vor Zermatt in den Ferien. Ich habe viele Orte in der Schweiz gesehen, doch für mich ist und bleibt es das wildeste Dorf der Schweiz, auch wenn sich der Bisgletscher seit den 60er-Jahren weit zurückgezogen hat. Wir hören immer wieder von Felsstürzen und Lawinen rund ums Dorf. Die Höhenunterschiede sind sehr gross: das Dorf auf rund 1400 Metern, fast unmittelbar östlich und westlich der Dom und das Weisshorn mit über 4500 Metern.
Mein «Schkilehrer», wie man es im Oberwallis sagt, war der Brantschen Franz. Viele im Dorf heissen so, er war im Sommer Bergführer, später auch Hüttenwirt der Domhütte, wo ich ihn in den 70er-Jahren wieder traf, er wurde selbst verletzt am Weisshorn, als er anderen Menschen half, die in Bergnot gerieten. Der Brantschen Franz war für mich das Sinnbild eines perfekten Menschen. Der Gedanke, dass er Fehler machen könnte, schien mir völlig abseitig, und ich bin überzeugt, dass er am Berg und bei der Beurteilung von Gefahr nie einen Fehler gemacht hat. Das Bergsteigen war noch vor wenigen Jahrzehnten viel riskanter, weil man bei längeren Touren keine Ahnung haben konnte, was am Ende passiert, man sieht dem Himmel nicht an, ob am dritten oder vierten Tag blauer Himmel oder Schneesturm anstehen.
Unser Selbstverständnis geht davon aus, dass alle Menschen, die auf die Berge steigen, so sind wie der Brantschen Franz aus Randa. Deshalb wird nie nach Ursachen gefragt, wenn wie am vergangenen Wochenende Unfälle in den Bergen passieren, wenn Menschen sterben. Das Medien-Mantra konzentriert sich vom ersten Moment an auf den «überraschenden, unerwarteten Schneesturm», auf den «plötzlichen Wetterumsturz», die «schlagartig abfallende Temperatur», die groteskerweise von manchen Zitierten auch noch dem Klimawandel in die Schuhe geschoben wurde. Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Wir sind doch die Schweiz.
Die Prognose im Check
Die Wahrheit ist eine andere. Der Wettersturz vom Sonntag war Tage vorher klar, sowohl was die Gegend um Arolla als auch den Mönch betraf. Es gab keine Überraschung, auch wenn wir es uns noch so wünschen. Es gibt mit wenigen Ausnahmen im Sommer bei sehr rasanter Gewitterentwicklung keine Überraschungen mehr bei alpinem Wetter – denn auch im Sommer weiss man vorher, welche Tage sicher gewitterfrei sind und welche nicht. Es ist nur die Frage, wie jeder Alpinist das Risiko beurteilt, wenn er an einem nicht 100-prozentig sicheren Tag aufsteigt.
Was letzten Sonntag betraf, so war fast 100-prozentig klar, dass jeder Mensch in den Hochalpen in höchste Lebensgefahr geraten musste, weil eben nichts überraschend kam – es kam, wie es kommen musste. Alle Wettermodelle hatten bereits am 26. April für den Sonntagabend das Föhnende vorgesehen, am Vormittag des 27., also zweieinhalb Tage vor dem Unglück, war das Drama in den Wetterkarten konkret. Wir betrachten Wetter, Temperatur und Wind in der Vorhersage vom 27. April 2 Uhr morgens, für den Unglückstag am Sonntag, 29. April.
Die Vorhersage für den Sonntagmorgen um 6 Uhr war korrekterweise noch günstig mit den bei Föhnlagen üblichen leichten Schneefällen unmittelbar am Alpenkamm, aber noch föhnigen Aufhellungen nördlich. Die Windpfeile beschreiben die Mittelwinde und die Windrichtung.
Man kann übers Menü stündlich in die Zukunft gehen, um zu sehen, wie sich die Verhältnisse verändern werden. Die Vorhersage zeigt, dass um 13 Uhr all das «plötzliche», «unerwartete» eintreten würde: Mit den stark zunehmenden Südwinden beginnt der Schneesturm, sich nach Norden auszuweiten.
Abends um 19 Uhr ist der Schneesturm in vollem Gang.
Nachts würde der Schneefall nach Prognose nachlassen, was auch so eintraf.
Der Schneefall an sich muss kein Problem sein, in diesem Fall war es der Schneesturm, der zur Katastrophe führte. Wir betrachten die am 29. April vorhergesagten Windböen für die Region um Arolla. Auch hier begann der Sonntag noch mit normalen und beherrschbaren Föhnböen von 50–75 km/h um 7 Uhr.
Geht man wiederum Stunde für Stunde in die Zukunft, sieht man die rasche Erhöhung der Windgeschwindigkeit ab Mittag, für den die ersten Böen mit 100 km/h vorhergesagt wurden.
Die Winde wurden immer stärker und erreichten bis zum Abend für Menschen im Freien katastrophale Ausmasse mit Böen von gegen 200 km/h um 20 Uhr.
Das Unglück in unseren Bergen kam in drei Stufen. Erst Schneefall, dann Orkan, dann der Temperatursturz. Noch um 17 Uhr war es relativ mild in der Föhnluft, obwohl das im extremen Sturm nicht sehr geholfen haben wird.
Bis Mitternacht hatten Schnee und Sturm weitgehend nachgelassen, dafür waren die Temperaturen stark gesunken.
Viele verlassen sich auf die App
Diese Vorhersagen vom Freitagvormittag für den Sonntagabend haben sich alle – leider – vollumfänglich bewahrheitet. Der Wettersturz war auch an den Tagen zuvor in groben Zügen bereits klar. Wir – vor allem die Medien – müssen uns mit dem Gedanken abfinden, dass es nicht immer die ach so unberechenbaren Berge sind, die Leid verursachen. Der Aberglaube, dass Wettervorhersage in den Bergen viel schwieriger sei, stammt aus der Mitte des letzten Jahrhunderts und ist heute völliger Unsinn. Dass sich dieser Glaube bis heute hält, liegt daran, dass die weitaus qualitativ schlechteste Vorhersage heute die meistgenutzte ist: die Vorhersage-App auf dem Telefönli. Es gibt grotesk viele Leute, die sich auf diesen Unsinn verlassen – und manchmal Glück haben, man beachte den letzten Satz in dieser Meldung (Quelle TAG24):

Wie abseitig es ist, dass Menschen auf die üblichen Vorhersage-Apps in ihrem Telefon überhaupt schauen oder sie womöglich in den Bergen benutzen oder denken, dass das Eingeben ihrer Postleitzahl irgendeinen Sinn hätte, zeigt die Grafik, welche Topografie diesen Handy-Apps zugrunde liegt.

Unten der Kanton Solothurn bis nach Basel im Norden und die Berner Alpen im Süden mit der Modellauflösung von 1 x 1 km wie bei den Vorhersagen, die in diesem Text benutzt wurden.
Oben derselbe Ausschnitt mit der Topografie, die den herkömmlichen Handy-Apps zugrunde liegt. Sie sehen, dass die Handy-Apps nichts wissen können. Keine Berge, keine Täler, nur das Gröbste einer gemittelten Topografie, nicht mal Jura, Mittelland und Alpen werden in der Handy-App-Auflösung sinnvoll dargestellt, entsprechend ist die Vorhersagequalität.
Viele Menschen denken, dass diese Apps das Beste seien, was Wettervorhersage kann. Das Gegenteil ist der Fall. Die furchtbare Qualität von Wettervorhersage-Apps tötet Menschen. Wir wissen nicht, was am Wochenende in den Schweizer Bergen dazu geführt hat, dass ein nicht überraschender Föhnzusammenbruch eine Tragödie verursachte. Wir müssen nur gemeinsam Sorge tragen, dass es nie wieder passiert, weil es solche Überraschungen, wie sie viele Medien immer wieder gebetsmühlenartig und automatisch nach Bergunfällen erfinden, nicht mehr geben müsste.
Lesen Sie zum Thema Wetter-App auch das Posting «Warum Wetterprognose-Apps nichts taugen».
91 Kommentare zu «Von überraschenden Schneestürmen und der Wahrheit»
Hallo Werner
Was soll das, der bergführer hat grobfahrlässig gehandelt! das ist gar keine frage, redet nicht um den heissen brei herum! der wettersturz mit windgeschwindigkeiten von 120 km/h und mehr war vorhergesagt. Ich bin aus dem grund gar nicht zu einer skitour gestartet.
Jörg Kachelmann hat in allen punkten recht.
Grobfahrlässig aus diesen gründen:
– warum hat die gruppe als gruppenmaterial nicht
biwaksäcke mitgehabt? das empfiehlt der SAC im
Winterlehrbuch
– wenn man eine tour macht, kommen die drei
faktoren wetter, verhältnisse und mensch ins spiel
d. h. sie hätten nie starten dürfen.
– frage. warum hat man keine schneelöcher
gemacht. hatten sie ueberhaupt schaufeln dabei?
herr munter, sind sie objektiv in zukunft.
gruss
raph
Der (angebliche) Klimawandel ist tatsächlich so grotesk (Ihre Formulierung) oder schwach (meine Annahme), dass zu seiner Stärkung alles heran gezogen wird, was sich auch nur im Entferntesten zu eignen scheint. Ich bin der Ansicht, dass die etwa 0.9°C, die uns das IPCC als Erwärmung seit etwa 1870 anbietet, viel zu wenig sind und es sich höchstens um eine durchaus erwünschte Klimaschwankung handelt. Für einen tatsächlichen Wandel sind schon etwa 6°C nötig.
Ich verstehe den Sinn dieses Beitrags nicht.
Es ist unklar ob der BF eine Wetterapp genutzt hat, ob er vom Wetterumschwung gewusst hat – späterstens als es zuzog wusste man es.
Daher finde ich ein pauschales Bashing auf Wetterapps unpassend.
Dementgegen gefällt mir die Aussage, das der Umsturz eben nicht überraschend war.
Die Frage ist eher, was bringt erfahrene Alpinisten dazu, sich in so eine Situation zu begeben.
Da es allerdings 2 Gruppen und eine weitere (2 junge Schweizer) erwischte, muss die Situation schon überraschend gekommen sein.
Es ist mir unklar warum die Gruppe nicht an geschützter Stelle biwkierte, zur Hütte weiterstieg ( orientierungslos?) oder frühzeitig bei eintretender Wetterverschlechterung zurück zur ausganshütte stieg.
Es geht ja nur noch um die Kohle,sonst nichts, alle nur noch schnell aufm Berg, und fertig.
danke für den Blog Kachelmann!
Die Prognosen, auf sie verweisen, sind sehr exakt. Werden künftig die Webseite für unsere Outdoor Aktivitäten konsultieren, wobei Touren über 2500 m ü M bei uns selten sind. Nicht klar ist mir, ob die Prognosen kostenpflichtig sind. Nicht einverstanden, bin ich mit der pauschalen Verurteilung der Wetter Apps fürs Handy. Regen- und Gewitterradar zeigen z.B. zuverlässig an, ob und wo in den nächsten Stunden mit Regen und/oder Gewittern zu rechnen ist. Wir, wohnhaft in Chur, konsultieren nebst Apps aus der Schweiz, z.B. Landi Wetter, auch das Österreichische Valuga Wetterradar, das auch Nord- und Mittelbünden abdeckt. Auf Windows 10 gab es bis vor ca. 1 Jahr standardmässig eine Wetterkachel, die für 2 – 3 Tage Regen fast auf die Viertelstunde genau vorhersagte.
Insgesamt natürlich ein tragisches Unglück. Mein Mitgefühl gilt den Angehörigen.
Grundsätzlich ein sehr schöner Artikel, der die Wetterentwicklung näher beleuchtet.
Ich habe auch Meteorologie studiert und gehe regelmäßig auf Hochtouren. Aus meiner Sicht sind die Verhältnisse in den Alpen ziemlicher Luxus. In anderen Regionen der Erde z.B. Himalaya gibt es keine vergleichbare Prognose (kaum Wetterstationen – niedrig aufgelöste Globalmodelle nut Sattel.). Wenn es kritisch ist, analysiere ich zwar auch mehrere Wettermodelle. Ich würde aber Jedem empfehlen, der keinen meterologischen Hintergrund hat, sich die Prognose des Alpenvereins anzuschauen. Diese wird täglich von den Experten des ZMAG in Innsbruck um 16 Uhr aktualisiert und als schlankes PDF zu Verfügung gestellt.
Der Empfehlung für die ZAMG-Prognose kann ich mich auch anschliessen. Diese nutze ich auch praktisch immer für meien Tourenplanung, auch in der Schweiz, zusammen mit MeteoSuisse. Es kommt schon auch mal vor, dass beide daneben liegen, gerade direkt am Alpenhauptkamm (Schneesturm mit 90km/h anstelle der vorhergesagten Sonne – späte rhören wir, dass es nur eine Kette südlich viel schöner war…), aber die größeren Trends und Lagen beschreiben sie gut.
Das Überraschende an der ganzen Sache ist ja nicht, dass es geschieht, sondern dass es (sogar!, ausgerechnet?) MICH trifft!
Lieber Jörg, am 29.April um 1000 gemäss meinen Fotos sonnig in Arolla und Föhnmauer im Süden. Wenn Du bei dieser Wetterlage von Arolla zur Vignetteshütte hochsteigst, die genau auf der Wetterscheide steht, profitierst Du vom schönen Wetter auf der Nordseite. Oben stehst Du im Föhnsturm und beim Abstieg auf die Südseite zur Nacamulihütte (Achtung Felsen und Spalten) siehst Du überhaupt nichts, white out. Also Umkehr ohne Probleme. Auch ich wäre in der Dixhütte gestartet, aber vermutlich auf der Serpentine umgekehrt weil ich ohne GPS unterwegs bin. Über den Pas de Chèvres erreichst Du Arolla. Warum sind sie nicht umgekehrt? Weil sie GPS hatten? (als Bewohner von Arolla kenne ich die Gegend gut, ich habe diesen Winter mehr als 150 Schneeschuhtouren gemacht).
„Alle Wettermodelle hatten bereits am 26. April für den Sonntagabend das Föhnende vorgesehen, am Vormittag des 27., also zweieinhalb Tage vor dem Unglück, war das Drama in den Wetterkarten konkret.“ Absolut. Ein Blick auf den Wetterbericht hätte den Bergführer dazu veranlasst, die Wanderung sicherheitsmässig um einige Tage zu verschieben, vor allem angesichts des durch eine Kaltfront verursachten Temperatursturzes und Schneesturms (eine „Vollmond Kaltfront“). Diese Lage als „unerwartet“ zu beschreiben ist töricht, und eine Verneinung der Schuld des Bergführers, in den die Wanderer als Kunden volles Vertrauen haben durften – auch wenn die letzteren per I-Phone zu ihrer eigenen Sicherheit auch auf den Wetterbericht hätten blicken können.
“ GOTT “ gibt die Nüsse, aber er knackt sie nicht auf…….
es ist offensichtlich, auch wenn manche es nicht wahrhaben wollen, Herr Kachelmann hat mit seiner wissenschaftlichen Expertise recht.
ABER auch mir war das ENTREE zu langatmig, dachte ‚ watt soll datt denn ‚, wollte schon aufhören zu lesen.
VIELLEICHT bei der nächsten app-afinen Tragödie beachten.
DANKE, an die vielfach gescholtene Baz.ch, dass wir d’as überhaupt kostenlos lesen und lernen durften.
NOCH NIE HABE ICH SO VIELE LESERBRIEFE GELESEN, zu einem Artilel.
und noch ein WORTSPIEL:
eine App ist immer in Form einer KACHEL dargestellt, deshalb kann sich Herr Kachelmann auch neu-deutschso nennen:
‚ Jörg Appman ‚
Das Problem sind nicht die Wetter-Apps, sondern die Technik-Gläubigkeit der Leute.
Ich wurde einige Male ausgelacht und darauf hingewiesen, dass wir heute rutschfestere Schuhe, wärmere Kleider reissfestere Seile, detailliertere Karten, GPS und Mobiltelefone haben.
Somit könne man Schaufeln, Not-Kocher oder Ersatzkleider zuhause lassen.
Die Leute glauben der Werbung und verlieren so Respekt und (Selbst-)Kritik.
Ähnliche Risiko-Kompensation wie beim Auto: Dank Gurten, Airbags und Assistenz-Systemen kann nun sorgloser gerast werden.
Gut werden hier die Grenzen von solchen Wetter-Apps klar aufgezeigt.
Habe mich über den Unfall nur im Tagi und in den Lesekommentaren informiert, es kann sein, dass es anders abgelaufen ist als ich denke. Nach meinem Wissenstand ist der Bergführer der grösseren Gruppe abgestürzt. Uhrzeit ist mir nicht bekannt. War er noch mit der Gruppe, oder hat er schon versucht allein die Hütte zu erreichen und Hilfe zu holen? An dem Hang ist ein Funkloch, das Smartphone hat kein Signal.
Nun ist es so, dass Touristen, die einen Bergführer zahlen mit dem Geld auch die Verantwortung abgeben. Wird auch erwartet, Querulanten sind unbeliebt.
Wie haben also, wie immer, eine Kette von unglücklichen Entscheiden / Ereignissen an deren Ende die Katastrophe ist.
Sehr gut beschrieben. Genau so geht es mir. Wir sind in der Schweiz, unsere Bergführer wissen schon was sie machen. Aber alle können Fehler machen, einfach jeder. Die Tragik hier ist einfach, dass es trotz modernster Technik und erfahrenem Bergführer zu solch einem Unglück kam. Normalerweise sind heute viele Rettungsflüge auf „doofe“ Touristen zurück zu führen, die in Turnschuhen über die Pässe wollen oder denken, sie könnten nach zwei Wochen Skifahren alleine über den Gletscher.
Hut ab, so klar Stellung zu beziehen, sich zu exponieren für eine tolle, angeregte Diskussion. Selber gern am Skitürlen und Klettern finde ich diesen Artikel wohl eine der besten Texte seit langem als Ausbildung und Prävention zum Thema Wetter im Bergsport.
Offenbar war es schon zu Zeiten von Knickerbocker, Lederschuhen mit Triguni-Nägeln, Stahlsteigeisen, Karte, Kompass, Höhenmesser und Hanfseilen möglich, Hochgebirgstouren zu machen (auch wöchige wie die Haute Route), sonst hätte ich weder meinen Vater kennengelernt noch ihm helfen können seinen schweren Rucksack jeweils zu packen. Aber ich denke, dass man sich damals Zeit gelassen hat zu lernen, bevor man die wirklich schwierigen Routen angegangen ist. Aber man war auch vorbereitet, mal – auch ohne Hightech Biwakmaterial – biwakieren zu müssen (auch einmal kaum 100m von der SAC Hütte entfernt, die man „dank“ Nebel nicht gefunden hat).
Kachelmanns Kommentare zu Allem rund ums Wetter sind, wie dieser hier auch, fachlich zutreffend, informativ, stilistisch gut und immer mit einem deutlichen Schuss Kritik an den verantwortlichen Personen, aber auch der Leichtgläubigkeit der Menschen verbunden. Weiter so!
Weshalb soll ich den Wetterbericht studieren? Für was zahle ich denn den REGA- und den SAC-Beitrag? Die sollen mich rausholen, wenn es brenzlig, bzw. eisig wird – und für etwas habe ich doch die „Mammut extreme“-Ausrüstung gekauft.
Danke Herr Kachelmann, für diese gute Analyse. Leider schreiben (und fotografieren) immer mehr Leute, die kaum Fachwissen, sondern nur Ahnung haben. Aber es muss ja alles gratis sein.
Da bin ich froh, wenn zumindest einige Fachleute noch schreiben und hoffentlich auch entsprechend entlohnt werden.
Herr Kachelmann, ich hätte da mal ne blöde Frage:
Wieso findet meine Cousine (Fluginspektorin, -expertin, Flugschulen-Zertifiziererin und was weiss ich was alles noch beim BAZL) die Wetterapp der Landi besser als jene hochoffizielle von Meteo Schweiz?? Hat das irgendwie eine algorythmische Bewandtnis oder ist das Ihres Erachtens lediglich eine persönliche Marotte von ihr?
Mit freundlichen Grüssen
Margrit Ryssel (Meteotechnisch maximal-ungebildet; ich weiss grad mal was Isobaren sind.)
Das meiste Gesagte von Herr Kachelmann stimmt. Ergänzendes jedoch zur Wetterlage: Ich selbst war am Sonntag auf Skitour im Monte-Rosagebiet, also nicht weit weg (Stockhornpass, 3400m). Nach der Ruhephase am Morgen hat der Föhn um 9.30 mit voller Stärke begonnen. Am Hauptkamm (wozu das Unglücksgebiet zählt) hiess das: Starkwind, Schnee, eisige Kälte (-5°C), unten in Zermatt immer blaue Löcher bis weit in den Nachmittag (als wir vom Stockhornpass in Z. landeten)! Meteodaten der nicht laufenden Bahnen oben um 14 Uhr: zw. -5 und – 10°C, bis 80 km/h. Die Gruppe kam um 10 Uhr an auf dem Serpentine, hätte also beim Aufkommen des Föhns Zeit zur Rückkehr gehabt! Der Frontdurchgang kam ja erst am Abend. Das war eine mission impossible, bei diesen Bedingungen dieses Gebiet zu durchlaufen!
Lieber Jörg Kachelmann
Besten Dank für ihren Bericht zum tragischen Ereignis in den Bergen.
Es ist gut das sich Weterspezialisten dazu äussern. Mir scheint, dass der heutige Zeitgeist dazu führt das sich jeder berufenfühlt seinen Senf mit politischen Ansichten vermischt zu jedem Tagesereignis kundzutun.
Leider kommt Expertenwissen heute viel zu kurz und das bedauere ich sehr.
Wenn Emotionen über dem Sachverstand gehandelt werden gehen wir schlechten Zeiten entgegen. Jeder soll sich überlegen wieviel Selbstverantwortung er übernehmen will und kann. Risikoverhalten lässt sich nicht delegieren weder an andere Menschen noch an technische Assistenzsysteme.
Ich erinnere mich an am 14.04.1977 war ich in Arolla um Skitouren zu machen,
der Start wurde um 2 Tage verschoben weil die Wetterprognosen nicht so gut waren. Am 15. gab es Retteralarm weil eine Gruppe von 8 Leuten im Gebiet Vignette verschollen waren. Als Militär stiegen 20 Mann auf und suchten bei extremem Sturm Ganze gebiet ab und fanden alle bei einander eingegraben.
Teilweise mit Erfrierungen und total Erschöpft.
Alle konnten durch uns nach Arolla ohne Helikopter gerettet werden.
Das schlechte Wetter war für Sonntag Nachmittag-abend angesagt, die waren kurz vor dem Ziel, der Hütte:
Meine Spekulation: Der Bergführer hat geplant, rechtzeitig, wenig nach Mittag in der Hütte zu sein. Und dann hat es länger gedauert und man kam zu spät. Gerade die genauen Wettervorhersagen führen dazu, dass man glaubt, knapper kalkulieren zu können. Und die Kunden haben „Haute-Route“ gebucht, haben nur diese Woche.
So geht es mir auch durch den Kopf.
Spekulation Marschtempo.
Mit Touris zusätzlich riskant.
Sehenden Auges ging der Bergführer ins Finale.
Trotzdem Tragisch. So gesehen ist der Beruf hoch riskant. Wer macht diese Wochen-Angebote?
Es gibt wohl nur wenige gefahrlose ganze Wochen.
Das Wetter in die Tour mit einzubeziehen ist ein „Muss“. Die richtige Ausrüstung aber auch. Ein Not-Biwaksack ist kleiner als eine Faust…eine Daunenjacke muss bei einer solchen Tour auch dabei sein…und wo waren die Schaufeln um sich einzugraben und vor dem Wind zu schützen…im Rucksack? Die Handlungsweise dieser Gruppen ist für mich nicht nachvollziehbar.
„Accidents don‘t just happen, they are caused.“ Piloten wissen das und bereiten sich dehalb auf ihre Fluege minutioes vor. Der Flugpionier Walter Mittelholzer umrundete mit seinen Kisten die halbe Welt und starb am Schluss bei einem Bergunfall. Danke fuer Ihren klaren und instruktiven Beitrag, Herr Kachelmann.
Guter Artikel der das wiedergibt was ich mich bei den Artikeln zu Arolla und Mönch auch gefragt habe: Man wusste doch von der Wetteränderung? Und zum Kommentar mit dem Garmin etrex kann ich nur ergänzen: und niemand hatte ein Findmespot oder ähnliches dabei?! Ein Knopfdruck und man löst Alarm auch aus dem Funkloch aus… aber das böse Wetter war Schuld…
Na ja, mein Bruder kam auf dem Vorder-Glaernisch ums Leben mit seinen 3 Kollegen, bevor es diese Apps gab. Sie stiegen bei schoenem Wetter auf den Vorder-Glaernisch und wollten dort die Alpen-Huette erreichen. Das war wohl auch so um diese Zeit vor ungefaehr 65 Jahren. Als sie oben ankamen, erwartete sie dort ein Schneesturm. Seine 3 Kollegen gruben sich ein. Mein Bruder war wohl noch der Staerkste und versuchte Hilfe zu holen. Er rutschte dann aber unterwegs ab in den Tod. Und die anderen 3 erfroren in Iglu. Also App oder nicht. Gefaehrlich ist gefaehrlich.
Das tut mir leid.
Ja Herr Kachelmann Ihr Beitrag ist sehr wertvoll in Bezug auf das Wetter und Wettervorhersagen. Am Schluss steht und fällt es halt immer mit der Ausrüstung die Mann/Frau mitgenommen hat oder eben nicht. In der Bergen besteht immer ein Restrisiko. Auch wenn Sie sich auf eine Tour vorbereiten und die Aussichten sind für die nahen 5 Tage optimal, nur kurze Hosen einpacken, ist hirnrissig. Man muss eben immer alles dabeihaben. Lieber 3/5 Kilo zuviel und genügend Zeit einplanen bei Alpinentouren.
Die Aussage App=schlecht ist viel zu pauschal und kann man so nicht stehenlassen. Gerade für die Schweiz gibt es Wetterapps mit sehr hoher Vorhersagequalität, und das erst noch gratis. Meine Meteo Schweiz App würde ich nicht mehr hergeben.
Das ist alles gut, nur sehe ich dort nicht, wie man hochalpin und länderübergreifend drei bis vier Tage vorher eine Tour planen kann. Das war das Thema.
Klar kann man das, ganz einfach mit dem normalen Wetterbericht. Im Text steht alles, was es vier Tage im Voraus braucht.
MeteoSchweiz hat auch eine Telefonnummer, wo man sich persönlich von einem Meteorologen beraten lassen kann. Kostet halt 2.90 pro Minute, ist aber bei heiklen Wetterlagen, wenn es drauf an kommt, seinen Preis wert.
Telefonieren geht oft schlecht im hochalpinen Gelände. Selbst wo es Netz gibt, macht der Wind Probleme. Es geht um die Planung im Vorfeld, nicht um das „Und jetzt?“
Gerade bei einer vorausschauenden Planung können die Experten man Telefon hilfreich sein. Die haben ja durchwegs auch eine Ahnung, wie das Wetter in drei, vier Tagen wird. Und überdies noch viel Erfahrung beim Interpretieren der verschiedenen Modelle.
Was ist Ihre Empfehlung für ein Gelingen? Woher die Infos?
Vielen Dank, Herr Kachelmann, für diese dringend benötigte Klarstellung. Anzumerken wäre noch: Im Artikel angesprochen wurden wohl die im Gebirge nutzlosen bis gefährlichen Standardapps, die jedes Smartphone hat. Meteoschweiz und andere Wetterdienste (z. B. Meteoblue) bieten Apps mit professionellen Wetterprognosen und hoher Modellauflösung an.
Gerade im Winter würde ich mir ausserdem von Meteoschweiz eine Wetterrückschau mit Messdaten zu Wind, Temperatur und Niederschlag der letzten Tage wünschen. Auch wenn man die Verhältnisse aufmerksam verfolgt, kann man nicht alle Gebiete gleichermassen im Auge behalten.
Für die Wetterrückschau gibt es sicher verschiedene Quellen, notfalls können Sie hier https://kachelmannwetter.com/ch/messwerte/temperatur.html Messwerte bis weit zurück ansehen, Auswahl von Zeit und Parametern via Menu.
Es brauchte an dem Tag keine App sondern nur minimal offene Augen, wie man am Webcamarchiv von Arolla auf Bergfex sieht. Um 7 Uhr (30 Min nach Abmarsch) war der Himmel noch quasi blau. Um 8:30 Uhr, allerspätestens um 9 Uhr sind alle Berge in dichten Wolken. Das ist 1h vor Ankunft der Gruppen auf dem Septiner und unumstössliches Zeichen dass das Wetter kippt.
Um 9 Uhr war im Sustengebiet der Wind bereits so stark, dass oberhalb von 3200m im Wind keine Tour mehr sinnvoll war, und der Wind frischte von Minute zu Minute auf. Alle 45 Leute drehten um! Wie man dann bei Arolla 1h später noch den Pass auf 3400m erreichen, voll in den Wind reingehen und NICHT umdrehen kann, obwohl man bis auf 3800m hoch muss, ist komplett unverständlich.
Es braucht kein Hightech sondern einfach minimal Hirn.
Der Artikel gehört zum Besten, was ich über die ganze Tragödie gelesen habe! Unglücke ereignen sich nicht, sie werden verursacht. Eine Aufarbeitung durch Hinterfragen der verwendeten Planungsinstrumente und Daten ist ein korrekter Ansatz. Hoffentlich werden die richtigen Lösungswege eingeschlagen, denn auch bei Wetterapps, wie anderswo auch, gilt: Was nichts kostet, ist nichts wert.
Ich hatte beireits einen Komentar abgegeben; dieser wurde jedoch nicht publiziert. Herrn Kachelmann muss ich absolut Recht geben und mich wundert seine spezielle Stellungnahme zu diesem Unfall nicht. Allein die Interpretation der Isobarenkarte erlaubte keinerlei extr. Bergsport im schweiz. Alpenraum zu diesem Zeitpunkt. Von überraschendem Wetterumschlag kann keinerlei Rede sein. Auch die Föhnwarnungen der SMA wurden ignoriert. Offenbar musste wieder ein Freizeit-Projekt in den „Brückentagen“ durchgezogen werden.
Der Artikel fängt gut an. Die Kritik der Handy-Apps mutet aber schon sehr seltsam an. Müssen wir nun die Kachelmann-App kaufen? In der Schweiz nutzen wohl die meisten die gratis App „MeteoSwiss“ von MeteoSchweiz. Die Prognosen werden dabei mit COSMO-1 (1×1 km Auflösung) und COSMO-E (2×2 km) berechnet. Keine Ahnung woher diese 28 km kommen. Und was die Vorhersage in den Bergen anbelangt, so stimmt die Lokalprognose z. B. gerade bei Föhnlagen oft nicht so gut. Wo nun genau Front verläuft und deren stündlicher Verlauf variieren oft und können eben genau darüber entscheiden, ob eine Tour sicher abgeschlossen werden kann, oder nicht. Letztendlich liegt es im Ermessen des Alpinisten/Bergführers zu entscheiden, ob er bei gegebenen Verhältnissen aufbrechen will.
Wir haben keine Vorhersage-App. Und nein, die Lokalprognose funktioniert durchaus gut. Und im vorliegenden Fall wurde tagelang vorher korrekt berechnet, was am Sonntagnachmittag-/abend passiert.
Und zur Frage: Fast alle Wetter-Apps beruhen auf dem US-Modell, weil die Daten kostenlos im Internet sind. Auflösung: 28×28 km.
Eine mögliche Antwort findet sich in einem verlinkten Text von Kachelmann. Offenbar benutzen viele Apps das kostenlos abrufbare amerikanische Wettermodell. Hier gibt es vermutlich die 28×28 km Auflösung für die Schweiz.
Zudem: Wenn das Gelingen einer Tour davon abhängt, dass das Wetter sich auf die Stunde genau so entwickelt, wie die Vorhersage es sagt, ist die Entscheidung für die Tour sehr risikoreich. Es gibt zudem nicht nur Unsicherheiten bezüglich des Wetters sondern auch noch bezüglich des Vorwärtskommens. Ein etwas verfrühter Sturm oder eine kleine Verspätung beim Gehen/Klettern sollte nicht gleich zu Lebensgefahr führen.
Jeder ernsthafte Alpinist verwendet zur Planung die Daten von MeteoSchweiz und zieht vlt. noch die Daten von Meteoblue, Meteocentrale etc. zum Vergleich dazu. Wer mit Yahoo, Accuweather etc Bergtouren plant, ist tatsächlich selber schuld. Das macht ein Bergführer aber mit Bestimmtheit nicht!
Und was die Zuverlässigkeit anbelangt, so ist auch die Lokalprognose in der Regel tatsächlich sehr gut – typischerweise auch schon 48h im voraus. Bei gewissen Lagen, z. B. Föhn, aber auch Westwind gibt es doch viele Unsicherheiten bzgl. exaktem Verlauf der Front und/oder zeitl. Ablauf. Für besagte Gruppe lief ganz vieles schief. In einer steilen Felswand mit Absturzgefahr nützt bei null Sicht übrigens auch ein GPS herzlich wenig – auch wenn das viele Kommentatoren hier glauben…
mag ja fachlich gut und recht sein, aber werden sie pro zeile bezahlt? das ganze uufsätzli am anfang ist zum beispiel komplett unnötig. wenn sie ein faible für lange erzählerische texte haben, sollten sie vielleicht bei der republik anheuern.
zudem machen sie dann noch den klassischen fehler und sagen zwar nicht zu wissen, was geschah. und unterstellen dann dem bergführer trotzdem, das wetter nur mit einer unbrauchbaren wetterapp gecheckt zu haben.
Ich unterstelle gar nichts, wenn Sie sich nochmal durch den unendlich langen Text bemühen wollen. Wahrscheinlich sind Sie vor der Textstelle eingeschlafen, wo steht:
„Wir wissen nicht, was am Wochenende in den Schweizer Bergen dazu geführt hat, dass ein nicht überraschender Föhnzusammenbruch eine Tragödie verursachte. “ Zitat Ende. Tatsache ist, dass das Unglück vermeidbar war und (sprechen Sie mit Bergrettern) viele Rettungen nicht stattfinden müssten, gäbe es eine minimale Vorbereitung.
Wenn ich mich recht erinnere ist die grösse dieser „MessPixel“ inzwischen bei 110 Meter. oder habe ich da was falsch verstanden bei dem Artikel von Meteo.ch anfangs letztem Jahr? da wurde noch gross gefeiert, dass man von über 250 meter jetzt auf dieses format schrumpfen konnte.
…Tonnerwetter, Jörg!…
Absolut richtig beschrieben. Wenn man aber aus welchen Gründen auch immer in einer Schnee/Schneesturm/Nebel-Suppe steckt, helfen nur noch gut funktionierendes GPS, -mit dem man allerdings auch umgehen kann!-, welches buchstäblich Meter um Meter den Touristen um Gefahrenzonen herum zur Hütte führt, oder eben die Schneeschaufel, um ein Schneeloch zu graben. Man sieht ja nicht einmal mehr, geht’s auf- oder abwärts, fahren jetzt meine Skis oder stehe ich still. Kenntnisse der Gegend nützen rein gar nichts mehr. Es gab ja vor allem in früheren Jahren viele Geschichten von Berggängern, welche einige Meter von der rettenden Hütte entfernt erfroren sind, ortskundig hin oder her…
Da haben Sie recht, das ist nochmal ein anderes Thema, mir ging es um die Prävention, dass man am besten gar nicht erst in die Situation kommt.
Welche Informationsquelle, wenn nicht eine Wetter-App, ist denn für die nicht-Meteorologen unter den Berggängern unterwegs die zuverlässigste?
Die Hüttenwartin, der Hüttenwart kennt sich in der Regel aus.
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Der Brantschen Franz wäre bei dieser Situation zu Recht hinter dem Ofen in der gemütlichen Hütte geblieben!
Wettervorhersage-Apps in ihrem heutigem Zustand sind vollkommen sinnlos. Eine Prognose für eine lebensgefährliche Tour ist Arbeit, Modellvergleichen und Risiken abwägen. Eines der Modelle ist ja im Text gezeigt, es gibt viele mehr, die in Überlegungen einbezogen werden müssen.
Aha… und was hat man früher gemacht als es noch keine Wetterapps gab? Wie konnten es die Leute früher nur wagen Skitouren ohne App zu machen?
Ein schlauer Kopf hat mal gesagt, gewisse Alpinisten würden auf bestimmte Touren verzichten, wenn sie wüssten, dass im Notfall kein Heli kommt (der Mann heisst Reinhold Messner, wenn ich nicht irre).
Wer nicht Meteorologe ist, sollte zumindest soviel vom Wetter verstehen, dass er _seine_ Tour ohne App und ohne zusätzliche Informationen unterwegs durchführen kann. Das bedeutet, dass man entweder viel vom Wetter versteht oder nur eine kleine, überschaubare Tour macht.
Weder GPS noch App noch Telefon sind Geräte, auf die man sein Leben setzt – egal ob in den Bergen, auf dem Meer oder in der Wüste.
Sind denn alle Apps in dieser Hinsicht gleich schlecht oder gibt es auch bessere, z.B. die von Meteo Schweiz?
Ich möchte nicht andere bewerten, sie ist sicher nicht für die Planung einer hochalpine Bergtour geeignet, aber dafür ist sie auch nicht gemacht, sondern eher für Alltagsnutzer.
Herr Kachelmann ist Wetterexperte und hat mit den Einlassungen zum Wetter hier sicher 100% recht. Was mir bei der Diskussion aber viel zu kurz kommt ist die Eigenverantwortung von Personen, die mit einem Bergführer (BF) unterwegs sind: Dieser Unfall, bei dem Menschen in „Sichtweite“ einer Hütte erfrieren wäre auch bei „0-Sicht“ nicht passiert, wenn sich nicht alle Teilnehmer auf die Orientierung des BF verlassen hätten. KEINER hat sich die Mühe gemacht einen GPS Track der Tour auf ein entsprechendes Gerät zu laden und dieses mitzunehmen. Ich mache das bei jeder Tour, auch mit BF, und das dauert 10 Minuten. Geräte wie ein eTrex30 mit Topo Wanderkarten funktionieren im Funkloch und bei 0-Sicht. Wetter-App hin oder her: Das ist Vollkasko-Mentalität und die ist in den Bergen eben tödlich.
Das ist vollkommen richtig, mir ging es nur darum, dass man die Orientierungslosigkeit schon im Vorfeld vermeidet.
Aus früheren Artikeln habe ich entnommen, dass eben der Bergführer abgestürzt und tot ist. Jetzt kann man auf in schimpfen, er wehrt nicht nichtmehr.
Zudem ist gut verständlich, dass der Absturz des Bergführers den anderen den Schneid genommen hat.
Ob Blödsinn oder nicht, ich verlasse mich auf die APP wenn es um den Entscheid geht ob ich mit dem Auto oder dem Zug in den Spätdienst starte. Wenn die APP voraussagt, dass es ab ca 2 Stunden vor Arbeitsende nicht mehr regnet, nehm ich den Zug und laufe nach Mitternacht die 45 Minuten heim. Ansonsten wird das Auto genommen. Die letzten 2 Jahre sind die Voraussagen so genau, dass ich nie verpisst wurde.
So gesehen ist meine APP für meine Ansprüche hinreichend genau.
Das ist es ja, was Jörg Kachelmann sagt: Für den Alltag sind die Apps brauchbar, wenn man z.B. wissen möchte, ob man eventuell verregnet werde oder nicht. Er kritisiert aber zurecht das Vertrauen auf Wetter-Apps, wenn es bei Hochgebirgstouren ums Überleben geht. Erfrieren ist nicht dasselbe wie ein Regenguss auf die frisch geföhnte Frisur.
Eine Handy App mag ja gut sein, wenn ich mich am Morgen entscheide, mal kurz um den Sihlsee zu fahren; aber sicher nicht, um eine mehrtägige Skitour im Hochgebirge zu machen. Berggänger sollten sich auf andere Weterinformationen verlassen und nicht irgendwelchen kleinen Hilfsmittel. Vor 44 Jahren war ich als Gebirgsfüsel im Gebirge unterwegs, Schon damals hatten wir einen Kameraden, der die verschiedenen Wetterinformation genau analysieren musste und demnach auch die Verantwortung für die ganze Kompanie trug. Und wir verliessen uns auf seine Vorhersagen, die immer stimmten.
Danke, Jörg, endlich mal jemand der sagt was da lost war. Ich war in den 80iger da oben und wir mussten zur Dixhütte umkehren wegen einem exterm starken Südweststurm. Wir hatten weniger Info zum Wetter als heute aber vielleicht etwas mehr Respekt. Tja die Brantschen sterben wohl aus. Dafür gibt es ja die Rega-App.
Wenn es schon so tolle Wetterapplikationen gibt wie die Kachelmann’sche, dann stellt sich mir automatisch die Frage, wie denn Bergführer oder auch Höhenbergsteiger/Tourenfahrer punkto Wettervorhersagen ausgebildet sind? Woher beziehen diese ihre Wetterprognosen? Es wäre doch Mindestvoraussetzung, dass diese in der Lage sein müssen, eine komplexe Wetterapplikation wie diese zuverlässig lesen und für ihre Tourenplanung auswerten zu können. Bergführer sind verantwortlich für ihre Kunden, Tourengeher/Bergsteiger tragen zumindest eine Verantwortung auch den Rettungsdiensten gegenüber, die schlimmstenfalls ihr eigenes Leben riskieren müssen, um sie aus aussichtslosen Wetterbergnotlagen herauszuholen.
Wir haben keine Wetter-App, weil man eben in dieser Einfachheit der Komplexität der Bedürfnisse nicht gerecht wird. Es wäre genauso, als wenn es fürs Flugwetter einfach nur eine App gäbe, wo jeder Linienpilot vor dem Flug kurz draufschaut. Es ist komplizierter.
Wieder ein Grund mehr, den Fake-Medien keinen Glauben zu schenken! Danke für diesen lehrreichen Bericht.
Wer alle Medien als Fake-Medien bezeichnet, macht sich ja selbst unglaubwürdig. Der Bericht beweist dabei ja eindrücklich, dass die freien Medien eine funktionierende Selbstkorrektur haben. Die ersten Medienberichte enthielten Fehler und Übertreibungen und diese wurden jetzt korrigiert.
Jeder Bericht kann falsch sein, egal bei welchem Medium, auch bei sogenannten Qualitätsmedien. Die Frage ist dabei, wie geht damit um, wenn man den Fehler merkt.
Welche Fake Median meinen sie Paukner?
Sorry, das hat mit Fake-Medien nichts zu tun.
Aber Ihr Kommentar ist (wieder) einer, bei dem man die Intention des Schreibers erkennt. Deutlich. Und ganz ohne App.
Welche Fake-Medien? Und haben Sie wirklich gerade in den (fake) Medien für den lehrreichen Bericht der (fake) Medien gedankt?
Guten Tag Herr Kachelmann
Welche Tools würden Sie anstatt den Handy Apps empfehlen für Tourenplanung?
Gruss Chris
Ausführlichen Modellvergleich mit Modellen, die zumindest eine Auflösung von 9×9 km oder besser haben, weil bei schlechteren Auflösungen (siehe Graphik) Berge und Täler überhaupt nicht sinnvoll stattfinden.
Das Bergwetter der DAV (durch den ZAMG-Wetterdienst Innsbruck) ist für eine grobe Übersicht ganz gut. Wenn eine Kaltfront angekündigt wird, wird sie kommen, darauf kann man sich verlassen und defensiv planen.
Frage. Ich gehe davon aus, dass es abgesehen von Schrott-Apps durchaus auch gute Handy-Apps wie schätzungsweise „MeteoSchweiz“ gibt? Ich benutze spezifisch diese, auch für die Berge, und gebe natürlich immer den geplanten Aufenthaltsort ein.
Sie müssen eine andere MeteoSchweiz-App haben als ich. Ich kann damit keine Tourenplanung drei bis vier Tage im voraus machen, sie ist auch nicht als Bergsteiger-App gedacht, soviel ich weiss.
Interessanter Beitrag zum „Wenn der Berg ruft“ und keine groben Fehler verzeiht!
Hurra! Wunderbar klar und sachlich geschrieben. Nichts beschönigt dafür kritisch hinterfragt und mit Infos hinterlegt! So stelle ich mir eigentlich jeden Artikel im Tagi vor. Danke Herr Kachelmann – schön sind sie zurück.
Nun fehlt mir diese Art des Journalismus nur noch an anderen Stellen und der Tagi wird wieder vermehrt lesbar…. 😉
ich höre überall nur noch: umfälle vermeiden. keiner darf mehr sterben. kürzlich hab ich mit einem ehemaligen militärpiloten gesprochen. wir diskutierten, über die immer härteren regeln in der militärfliegerei. wie sollen die piloten fliegen? wie kann man unfälle vermeiden?
dieser herr hat das ganze dilemma in einem satz auf den punkt gebracht: „ein pilot weiss worauf er sich einlässt und muss dazu bereit sein. ist er das nicht hat er im jet nichts zu suchen!“
dasselbe gilt meiner meinung nach für die berge. dort oben ists gefärlich und man kann sterben. akzeptiert das! sie sollen nicht sicher und berechenbar werden. ihre wildheit macht den reiz aus. ungezähmt und frei!
Das mag sein, dass die Alpinisten das so sehen, deren Kinder hätten gerne den Papi noch gehabt. Mir geht es vor allem auch um die.
Jeder weiss, dass man in den Bergen verunfallen kann. Das Restrisiko muss man immer tragen. Angenommen man weiss dank modernen Technik, dass es morgen in den Bergen ein fürchterlicher Sturm geben wird. Sollen die Leute trotzdem losziehen, wie zu Zeiten der Anfängen, als man einfach auf gut Glück losging? Soll das wirklich reizvoll sein? Wieso wird dann nicht mehr mit Hanfseilen geklettert?
Ich denke, es gibt noch genügend Abenteuer und Wildheit in den Bergen, auch wenn man die moderne Technik (Wetter, GPS, Handy) dabei benutzt.
Das Medien-Mantra konzentriert sich vom ersten Moment an auf den «überraschenden, unerwarteten Schneesturm», auf den «plötzlichen Wetterumsturz», die «schlagartig abfallende Temperatur», die groteskerweise auch noch dem Klimawandel in die Schuhe geschoben wurde. Wahrscheinlich ist auch Blocher, die CVP oder Trump daran schuld, weil dieser das Pariser Klimaabkommen gekündigt hat. Es entspricht den apokalyptischen Weltuntergangs-Szenarien der Grünen und Linken, dass nicht sein kann, was nicht sein darf. Wir sind doch die Schweiz! Gopfridstutz nochmal!
Mein Mitleid mit den Verunfallten hält sich in Grenzen. Dummheit und Aberglaube haben ihren Preis.
Komisch wie Sie den Fall dazu missbrauchen, die Linken und Grünen zu kritisieren. Ich bin eher links und grün und ich würde niemals so ein Einzelereignis in Verbindung mit dem Klimawandel bringen. Es ist aber unredlich die sehr berechtigen Anliegen der Linken und Grünen als apokalyptische Weltuntergangs-Szenarien klein zureden. Wir haben sehr grosse Umweltprobleme und wer diese ignoriert, handelt absolut Verantwortungslos.
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Ich finde es zudem ziemlich pietätslos die Opfer als dumm und abergläubisch zu diffamieren. Klar haben die Fehler gemacht, aber wer macht das nicht?
Bernegger, sie werden sicher nicht in den Bergen sterben, sie wissen was Sache ist, wo Gott hockt und natürlich kennen sie auch die Trennlinie von gut und böse.
Und genau das wünsche ich ihnen: EINEN Tag auf dieser („Scheiss“-) Trennlinie hocken bleiben.
Dann verstehen sie auch diesen Artikel.
Vielleicht…
LeviFuller&Co: Warum diese Emotionen? Warum dieser Hass? Anscheinend fühlen Sie sich angesprochen und können auf Sachebene nicht so artumentieren, wie Sie es fühlen. „Klar haben die Fehler gemacht, aber wer macht das nicht?“ Und jetzt sind sie tot. Was für eine kindliche Verharmlosung von grundsätzlichen Fehlern! Und als linksgrüne Reaktionäre wissen Levi&Fuller auch, wo Gott hockt.Wenigstens sind Gehalt und Rechtschreibung bei den beiden kongruent.
Werter Herr Bernegger, mit Ihrem Mitleid kann man sich auch nichts kaufen. Ich sehe keine Dummheit und keinen Aberglauben. Die Leute waren gewöhnliche Touristen, haben einen Bergführer bezahlt und damit die Verantwortung abgegeben. Der ist anscheinend abgestürzt und dann waren die anderen Rat- und Hilf- los. Man muss schon etwas erfahren sein um in so einer Situation gleichmütig und vernünftig weiter zu machen und nicht in Panik zu geraten.
Herzlichen Dank Herr Kachelmann. Es ist Zeit, dass jemand, wie Sie die Dinge beim Namen nennt. Jeder der zu den 50% gehört, die diesen Artikel nicht lesenswert finden, ist selber Schuld und bewahrheitet nur das, was schon Albert Einstein von der Intelligenz der Masse hielt.