Der härteste Brexit von allen

Kurz nach ihrem EU-Beitritt hatten die Briten brisante Pläne für den Tunnel zu Europa. Foto: Keystone
Wie weit würden Londons Brexiteers gehen, um ihr Land wieder vom Kontinent abzukoppeln? Diese Frage hat einen neugierigen Mitarbeiter des Londoner «Independent», Adam Lusher, jetzt veranlasst, einmal im Nationalarchiv von Kew nachzugraben. Lusher stiess dabei auf das eine, was britische Regierungen im Blick auf Europa immer besonders nervös gemacht hat: nämlich die Idee – und seit 1994 die Realität – einer Festanbindung Englands an den Kontinent.
Denn dass Britannien vom Eurotunnel Gefahr drohen könnte: Das glauben nicht wenige Briten. Jüngst spazierte ja schon einmal ein Migrant unangefochten vom Calais-Eingang zum Folkestone-Ende des Tunnels, bevor er von der Polizei in Empfang genommen werden konnte. Und während der Referendums-Kampagne des letzten Jahres hatten Brexit-Wortführer vor einer regelrechten «Invasion» Britanniens durch Millionen Türken und Heerscharen von Flüchtlingen aus Nahost und Nordafrika gewarnt.
Das Bild, das sich in den Köpfen verängstigter Insulaner damals verdichtete, war das wilder Horden, die durch den Kanaltunnel gezogen kommen und ins Königreich drängen. Solche Sorgen hat es, wie Lusher fand, seit den ersten Gedanken an einen Tunnelbau, also seit Anfang des 19. Jahrhunderts, immer wieder gegeben.
Früher Napoleons Kavallerie, heute Migranten
Frühe Tunnelkritiker fürchteten, so eine Anbindung würde «unerwünschtes Volk» ins Land lassen, das «fremde Sitten mitbringen» und «den englischen Way of Life stören» wolle. Daneben gab es natürlich auch Angst vor napoleonischer Kavallerie, Nazitruppen und sowjetischen Panzern mit Kurs auf London. Kein Wunder, dass britische Planer und Militärs stets auch Zerstörungsmechanismen für einen Tunnel in ihre Pläne einschlossen.
Winston Churchill zum Beispiel schwebte 1914, als er Erster Lord der Admiralität war, ein Tunnel mit einem kurzen Brückenstück am Calais-Ende vor – einer Zugbrücke hinüber zur französischen Seite: «Beim geringsten Anzeichen von Gefahr würde das Hochziehen der Zugbrücke absolute Sicherheit gewähren. Und dann könnte man den Tunnel in aller Ruhe unter Wasser setzen.»
Später, als immer konkretere Tunnelpläne geschmiedet wurden, dachte man eher an Sprengstoff, um eine feste Verbindung zum Kontinent bei Bedarf wieder zu zerstören. Aber irgendwann war auch Dynamit nicht mehr gut genug. 1974 entwickelten emsige Staatsbeamte und Topmilitärs, wie die Dokumente zeigen, einen neuen strategischen Ansatz – nämlich den, einen nicht länger erwünschten Kanaltunnel mit einer Atombombe ausser Gefecht zu setzen.
Europa brauchte nichts zu erfahren
«Etwas Kollateralschaden» würde das natürlich anrichten, räumte ein Memo des Verteidigungsministeriums aus jenem Jahr ein. Aber dafür wäre eine solche Methode «100 Prozent effizient». Ein Nuklearschlag würde «einen nicht mehr umkehrbaren totalen Kollaps» des Tunnels ebenso wie des Meeresbodens an der betreffenden Stelle zur Folge haben. Das war die perfekte Lösung. Einen Rat an die Regierung hatten die Planer allerdings.
Der entsprechende Plan müsse «streng geheim» gehalten werden, meinten sie nachdrücklich. Und er sei für «UK EYES ONLY» gedacht. Den Franzosen sage man besser nichts. Auch der Rest Europas brauche nichts davon zu erfahren. Schliesslich war Grossbritannien der Europäischen Gemeinschaft gerade erst beigetreten. So gut würde es da nicht aussehen, dass man 1974 bereits Vorkehrungen für den härtesten aller harten Brexits im Ärmelkanal traf.
Zwanzig weitere Jahre sollten vergehen, bis dann wirklich die ersten Züge durch einen Kanaltunnel rollten. Und noch einmal 22 Jahre, bis die Briten sich entschieden, der EU wieder Goodbye zu winken. Derweil unterliegen militärische Pläne zur Unterbrechung der Tunnelverbindung noch immer strikter Geheimhaltung. Niemand weiss, was sich London inzwischen ausgedacht hat.
Als er im Verteidigungsministerium telefonisch nachfragte, ob aktuelle Szenarien immer noch die Option eines Atomschlags enthielten, stiess Adam Lusher allerdings auf Verblüffung – und auf «lang anhaltendes Gelächter». Es war, meinte er erleichtert, wohl eine «ehrliche» Reaktion.
23 Kommentare zu «Der härteste Brexit von allen»
irgendwie Eigenartig,sind doch genau viele Städte Englands „Muslimisch“ geworden mit Moscheen und im Untergrund eigenen Gesetzen, fürchten die etwas was sie schon lange bei sich haben wie kein anderes Land der EU. Vielleicht werden sie mal froh sein wenn sie unter den Tunnel zu uns fliehen können:-))
Dass die Briten diese Massnahme, mindestens im Konzept, geplant hatten, ist seit Jahren bekannt und eigentlich kalter Kaffee, sorry Tea. Das Vorführen der Britten mit dieser Geschichte, als irgendwie gestörte Isolationisten, ist nicht fair. Gerade auch weil die Briten, ausserhalb der Zentren, einiges freundlicher und hilfbereiter sind als wir Schweizer.
Und als Schweizer sind wir ja gerade die richtigen, den Briten diese Geschichte vorzuhalten. Hatten wir doch an vielen Brücken und in vielen Tunneln auch die Sprengung für den Kriegsfall vorgesehen. Viele dieser Vorrichtungen werden ja erst heute, bei Renovierungen, ausgebaut. Oder vielleich auch nicht.
Auf unseren diversen Reisen durch Europa mit unserem Minicamper sind wir in keinem anderen Land so unfreundlich behandelt worden wie von den Inselbewohnern ausserhalb Londons.
Die Briten SIND irgendwie gestörte Isolationisten. Mit einer gehörigen Portion Grössenwahn obendrein. Sie fühlen sich wahrscheinlich wie ein Beinamputierter, denen sagt man ja auch nach, dass sie manchmal noch das Gefühl hätten, Schmerzen im entfernten Glied zu spüren. Sie wollen einfach nicht verstehen, dass die Zeit von Rule Britannia der Vergangenheit angehört.
Wer sich nur ein ganz bisschen mit der britischen Seele auskennt, der weiss, dass für so einen getreuen Untertanen Ihrer Majestät, bloss schon der Gedanke, dass hunderte von Millionen Migranten durch den Channel-Tunnel einströmen könnten, die (Existenz-)Angstperlen auf die Stirn treibt. Da ist ein thermonuklearer Stöpsel, den man im Notfall in Folkstone in den Tunnel schiebt, genau die richtige Option. Allerdings müssen das nicht einmal Migranten sein. Schon beim Gedanken der Überstülpung französischer, oder gar deutscher Lebensart ist der Brite not very amused. So ist anzunehmen, dass beim Vollzug des Brexit der Tunnel auf ewige Zeiten geschlossen wird. By one way or another.
Naja, mit den Briten und den Deutschen ist das nicht so einfach, immerhin stammt das Königshaus aus Deutschland, man hat dann den Namen geändert auf Windsor von Sax Coburg: Aber auch mit den Franzosen ist das nicht so klar, die Texte auf dem Wappen der Windsor sind Französisch.
Die Posse erinnert etwas an all den Sprengstoff deponiert an Brücken entlang der Schweizer Grenze, der erst vor wenigen Jahren entfernt wurde.
Peter Nonnenmacher kann/will den Brexit nicht akzeptieren. Wie viele Linke träumt er von der Elite-Demokratie, in der sich die Bevölkerung den Interessen der Elite unterordnet. Dass diese Elite bloss ein undurchsichtiges Geklüngel aus Berufspolitikern und Wirtschaftsführern ist, müsste aber selbst Nonnenmacher klar sein. Als linker Undemokrat kann er aber auch mit Geklüngel leben.
Die Globalisierung nützt ohne Frage der Elite, ob sie schon reich ist oder bestens ausgebildet. Die Globalisierung nützt der Mehrheit aber wenig, weil überdurchschnittlich hohe Einkommen naturgegeben nur einem kleineren Teil der Bevölkerung offen stehen. So werden die „Armen“ zunehmend staatlich versklavt. Und wehren sie sich mit einem Brexit, so verunglimpft Nonnenmacher sie als dumm und ängstlich.
Die Gobalisierung wurde meines Wissens nach in Englang zunächst ab 1979 von Margaret Thatcher eingeführt. Auf sie folgte John Major, auch nicht sehr links. Danach ab 1997 13 Jahre Tony Blair und Gordon Brown, vermutlich die rechtesten linken Premiers, die man sich vorstellen kann. Und dann seit 2010 wieder David Cameron. Wo genau Herr Rothacher finden Sie die Linken, die England ins Verderben geführt haben?
Linke Wirtschaftsführer? Wie Grübel, Ospel, Vasella, Tillerson.
Mann!
Das WEF ist dann das Treffen der sozialistischen Internationale.
@Rolf Rothacher: Wenn ich mich so in Europa, in der Welt umschaue, habe ich das Gefühl, dass der Demokratie von Rechts definitiv mehr Gefahr droht als von Links. Aktuelle Beispiele wären da z.B. Polen, Ungarn, Türkei und falls sie die Wahlen gewinnen würden FN, AfD. Aber auch hier in der Schweiz ist es die SVP, die systematisch Schindluderei treibt mit der Demokratie. Immer wieder amüsant zu lesen, wie das Stimmvieh der Rechten sich immer und immer wieder willfährig verar…. lässt. Und sich dabei noch gross und mächtig vorkommt.
@Tigercat. Sie haben noch nie das AfD-Partei-Programm gelesen und beurteilen ahnungslos „Gefahr für Demokratie“. Genau das Gegenteil ist Fakt: 1.1 Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild Die AfD setzt sich dafür ein, Volksentscheide in Anlehnung an das Schweizer Vorbild auch in Deutschland einzuführen.
Wir wollen dem Volk das Recht geben, über vom Parlament beschlossene Gesetze abzustimmen.
In der Schweiz werden Volksentscheide nur nach belieben umgesetzt, z.B. hat der Souverän am 09.06.2013 mit 78.4% entschieden, dass Dienstverweigerung kein Asylgrund ist. Trotzdem erhielten letztes Jahr 18’379 Eritreer Asyl.
Wie viele Meere muss ein Mensch überqueren.
bevor man ihn einen Menschen nennen kann?
Die Margot weiss Bescheid
aber kennt die Antwort nicht.
Narürlich kenne ich die Antwort. Aber gerade Sie sind ein Parade-Beispiel eines int. Schmarotzers, deswegen kann spar ich mir eine Antwort.
„Int. Schmarotzer“ bin ich und die Eritreer, gell Margot, die wollen sich doch nur in unsere Hängematte legen, diese Eritreer, dass die Militärdienst verweigern bewiest, wie faul die sind. Aber die Nazikeule ist nicht gerechtfertig, Nazis würden von Parasiten reden, Schmarotzer ist vergebende christliche Nächstenliebe, unsere Tradition.
Es stimmt, ich habe mir das Parteiprogramm der AfD noch nicht zu Gemüte geführt und werde es auch nicht. Ich beurteile die AfD und andere rechte Parteien anhand ihrer Exponenten, als da währen Gauland, Höcke, Petry, Le Pen, Blocher etc. Parteiprogramme sind im besten Fall Absichtserklärungen bar jeglicher Verpflichtung und im allgemeinen das Papier nicht wert, worauf sie stehen.
Wenn eine Forderung nach Volksabstimmungen in einer repräsentativen Demokratie von einer so rechtsstaatsfeindlichen Partei wie der AfD kommt, ist äusserste Vorsicht geboten. Sie als Deutsche sollten eigentlich wissen, wohin das führen kann. Und alle werden später sagen, dass das so nicht gemeint gewesen sei. Aber zum Glück ist die AfD gerade dabei, sich selbst zu zerlegen. So gut!
Also Sie wollen sich nicht informieren, aber mitdiskutieren? Schön, dass Sie sich selbst Ihr Niveau darlegen.
Margot: Petri wollte die AfD wie Marine Le Pen Richtung bürgerliche Mitte führen. Das wollen die Nazis nicht, die wollen genau so braun bleiben wie sie sind, genau wie Sie.
Als rechter Undemokrat ziehen Sie es wohl vor, sämtliche Brexit-Gegner – und das waren immerhin 48% – als Befürworter der ach so undurchsichtigen Elite abzustempeln, wobei man dann in frühestens 2 Jahren erkennen kann, was „der Brexit“ denn eigentlich genau ist. Aber Ihresgleichen lieben ja die Vereinfachungen, anstatt sich besser zu informieren. Und Ihresgleichen möchten ja immer so gerne die freie Meinungsäußerung unter dem Motto „das wird man ja noch sagen dürfen“ bemühen. Ja, das darf dann halt auch Herr Nonnenmacher. Ihnen geht es darum, sich an einem möglichen Schaden für die verhaßte EU zu laben, nichts weiter. Und Ihre Meinung ist nicht frei, sondern das Gegenteil: Nachgeplapper vom Stammtisch. Haben Sie den Eindruck, Farage, Johnson & Co. seien Stimme der Armen, Versklavten?
Das Vorhandensein von efwas Wasser zwischen UK und dem Kontinent verursacht Erstaunliches in den Köpfen. Etwa dasselbe wie bei uns in Bezug auf das Mittelmeer.
Irgendwie spaltungsirr, haben sie doch massenhaft Leute aus Pakistan, Bangla Desh, Jamaika, Nigeria hergeholt. Lieber Muslime aus ehemaligen Kolonien, denn die verstehen die Britische Lebensart, statt Katholiken aus Polen.
Genau das ist das Problem. Die Hälfte der Zuwanderer mit denen sie die geringsten Probleme haben, wollen sie nicht mehr, die andere Hälfte, die Probleme breitet, aber einen rechtlichen Anspruch auf Einwanderung hat (die aus den ehemaligen Kolonien), die wollen sie weiter haben.
die Angst vor Migranten hat die Briten in den Brexit getrieben. Warten wir mal ab was passiert wenn die Schlepper entdecken dass mit ein bisschen grösseren Schiffen jede Küste (auch die von England) problemlos erreicht werden kann.