Der Teflon-Kandidat

Scheinbar unangreifbar: Donald Trump an einer Wahlveranstaltung in Ohio (21. September 2016). Foto: Mandel Ngan (AFP)
Hillary Clinton ist ein wandelnder Klebestreifen. Alles bleibt an ihr hängen. So klebrig ist sie, dass ihr sogar Dinge angelastet werden, die nie passiert sind. Ein Mord zum Beispiel. Man unterstellt ihr, den Rechtsbeistand ihres Gatten, einen Mann namens Vince Foster, ermordet zu haben. Foster beging Selbstmord. Auch daran war Clinton schuld.
Ihr sieht man bereits von weitem an, dass sie schuldig ist. Trump hingegen ist kein Klebestreifen. Er ist Teflon. «Ich könnte in der Mitte der Fünften Avenue in Manhattan stehen und jemanden erschiessen, ohne Wähler zu verlieren», sagte er. Alles tropft von ihm ab, seine Skandale, seine Lügen, was auch immer. Dass er Frauen auf einer Skala von eins bis zehn nach ihrem Aussehen bewertete: kein Problem. Seine Stiftung ist so undurchsichtig, dass sich die Stiftung der Clintons daneben wie ein Glashaus voller Altruisten ausnimmt.
An «Teflon Don» perlt alles ab
Trump ist der «Teflon Don». Es gab schon einmal einen «Teflon Don», nämlich den New Yorker Mafioso John Gotti. Man konnte ihm nicht ans Leder, was Gotti viel Bewunderung eintrug. Nun trägt Trump den Ehrentitel «Teflon Don». Wer einen Passanten auf der Fünften Avenue niederstrecken kann, ohne eine einzige Wählerstimme zu verlieren, ist gewiss mit Polytetrafluorethen beschichtet. Das ist Expertenlingo für Teflon. Dessen Dichte beträgt übrigens 2,2 g/cm³.
Deshalb perlt sogar die Buntscheckigkeit seiner Berater von Trump ab. In Baudelaires «Blumen des Bösen» wurden sie beschrieben: «Des Teufels Fäden sind’s, die uns bewegen, Wir lieben Graun, berauschen uns im Sumpf.» Da ist etwa Roger Ailes. Bis vor kurzem war er Boss des TV-Senders Fox News. Dann wurde er hinausgeworfen, weil er angeblich Mitarbeiterinnen sexuell belästigte. Jetzt berät er Trump. Oder Chris Christie, der Gouverneur von New Jersey. Er stellte sich hinter Trump, um vielleicht dessen Vize zu werden.
Jetzt heisst es, Christie sei im New Yorker Brückenskandal mit von der Partie gewesen. Er behauptete stets, nichts davon gewusst zu haben, als diverse Untergebene mehrere Fahrspuren einer Brückenauffahrt willkürlich schlossen, um einen unliebsamen Bürgermeister und dessen unschuldige Bürger abzustrafen. Jetzt sagen seine Untergebenen, Christie habe von allem gewusst. Sie stehen vor Gericht.
Ein weiterer Consigliere des «Teflon Don» ist Roger Stone, ein Meister des politischen Handkantenschlags. Trump könnte King Kong oder Charles Manson zu seinem Privatsekretär berufen, ohne dass es ihm schadete. Helter Skelter, Baby! Hier kommt der «Teflon Don»!
Clinton hingegen könnte nicht einmal einen Kaugummi stehlen. Nicht nur würde sie erwischt werden. Sofort würde gefragt, warum sie den Kaugummi geklaut habe. Was führte sie im Schild? Wo wollte sie den Kaugummi zerkaut auf das Trottoir werfen? Damit er an wessen Schuhen kleben bleibt? Wenn sie auf der Fünften Avenue einen Passanten mit einem Ballermann erledigte, wäre sie auch erledigt: Keiner ausser Bill würde sie wählen, eine Mordanklage samt lebenslanger Haft wäre ihr sicher.
Der «Teflon Don» dagegen würde gefeiert werden: «Trump räumt auf», jauchzten seine Bewunderer. «Donald neuer Schützenkönig von Manhattan», jubelten die Moderatoren bei Fox News. Trumps Beschichtung garantierte es.

11 Kommentare zu «Der Teflon-Kandidat»
Das Weltfinanzsystem ist kaum zu retten, weder in den USA noch in Europa oder gar im völlig überalterten Japan. Dass diese Gefahr die Demokratie aktuell aushebelt, ist offensichtlich. Daran wird allerdings auch Blutsauger Trump nichts ändern. So wie auch Blocher seine SVP zur Herausgabe der Bankkundendaten stimmen liess, als die Konsequenzen ersichtlich wurden. Der drohende Systemzusammenbruch wird durch Trump vielleicht schneller und schmerzlicher von statten gehen. Er hat seine Schäfchen ohnehin im Trockenen.
Herr Kilian,
Vielleicht ist Ihnen das entgangen: Wir sind nicht der 51. Staat der USA und somit ist das Gros der Leserschaft Ihrer Artikel nicht wahlberechtigt.
Sie könnten noch viel Schlimmeres über Trump offenbaren – es ist vollkommen irrelevant, weil wir als Wähler irrelevant sind.
Anstatt den 3452. Artikel über den bösen Trump zu schreiben, wäre es interessanter zu erfahren, wieso ein so unmöglicher Typ wie er (und ein so linker Demokrat wie Sanders) so gut gegen Clinton bestehen konnten/können.
Man muss unglaublich abstossend sein, wenn man gegen Sanders fast verliert und auch gegen Trump kaum Abstand gewinnt.
Da wir eh‘ nicht wahlberechtigt sind – wieso bringen Sie nicht einfach die Wahrheit über Clinton?
Wir werden im Gegenzug nicht Trump wählen, grosses Ehrenwort!
Wenn ich die überbordende Berichtserstattung über den US- Wahlkampf in CH- Zeitungen lesen, geschätzt Faktor 10 häufiger als in vergleichbaren überregionalen bundesdeutschen Blättern, dann scheint es so, als würden die Schweizer mit wählen oder zumindest vom Wahlausgang abhängen.
Wenn wir schon bei funktionalen Kunststoffen sind: Trump besitzt nicht nur eine Polyfluortetraethan-Beschichtung, sondern ist gar vollvolumig mit Aramid-Fasern (chem. Poly(p-phenylenterephthalamid), PPTA, Markenname Kevlar) verstärkt. Die hohe Reissfestigkeit des Materials verhindert, dass er von der Presse zerrissen werden kann. Und die Kugelfestigkeit sorgt dafür, dass er weder von seiner Partei, noch den Demokraten abeschossen werden kann.
Die Kugelfestigkeit betrifft die Wähler, nicht Donald Trump. Das ist weil die Wähler sich nicht um solche Schmutzkampagne der Medien kümmern. Sie wollen Jobs und Sicherheit. Sie und Herr Kilian beide schauen in die falsche Richtung.
Herr Martin Kilian versteht immer noch nicht, wo das Problem liegt: Der Unterschied zwischen Donald Trump und Hillary Clinton ist so fundamental und von solch grosser Tragweite, dass die traditionellen Schmutzkampagne der Establishment-Medien nicht mehr funktionieren. Im Gegenteil, die Main Stream Media hat sich durch ihre auffallende einseitige und verfälschende Berichterstattung den Wählern ihre eigene Verstrickung mit dem „Big Business“ aufgezeigt.
Donald Trump als Kämpfer gegen Big Business, fundamental anders als die anderen Kandidaten? Wie verblendet kann man denn noch sein?
Das ist so nicht ganz richtig, Herr Hegetschwiler. Herr Trump kämpft genau so wenig gegen Big Business und für das Volk, wie ein Herr Dr. Blocher – seines Zeichens selbsternannter halber Bundesrat auf Lebzeiten. Vielmehr geht es den Oligarchen darum, die Politik auf die Linie ihrer eigenen Interessen (und die ihresgleichen) zu bringen. Und weil der homo sapiens ein Herdentier ist, glaubt er stets, dass das, was gut für seine Alphatiere ist, auch gut für ihn wäre. Das ist der Antrieb jedes Feudalsystems. Auch des modernen Neofeudalismus. Dass diese Anbiederung letztlich zur Verarmung und in die Versklavung führt, wird verdrängt. Auch das war schon immer so.
Trump ist so ein extremer Hochstapler. Hoffentlich wird er ganz einfach nicht gewählt, dann hört man endlich auch in Europa nichts mehr von dem.
Ich würde es der USA gönnen, wieder einmal einen harten, kantigen Brocken, in den dort herrschenden samtweichen Oberstschichten zu sehen! Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit dazu gleich Null. Immerhin kommt das langweilige und ewig monotone und europäisch-dekadente Trumpbashing, demnächst zu seinem baldigen und viel zu lange erlittenen, Ende! (Herr Trump, sie haben keine Chance gegen das globale Kapitalsozialistische Milieu, aber ich werde sie nie vergessen! Danke für ihre starken und saftigen Bemühungen!)
Wie und ob das Menü aus der neuen Teflonpfanne Trump etwas wird wird die Zukunft zeigen. Das Problem ist nicht Teflon oder Klebestreifen, sondern, sondern dass immmer mehr Wähler in Amerika das alt Menü nicht mehr wollen, weil zuviel vergammeltes mit Gewürzen aus PR und Neusprech (=political corrrectness) überdeckt worden ist. Die alten Teflonfannen dagegen sind schon ziemlich zerkratzt und einiges bleibt haften.