Einmal als Dackel, bitte!
Mein Satz der Woche war in der Pekinger «Global Times» zu lesen. «Nun, da viele chinesische Familien Hunde als Haustiere halten, überdenken die Chinesen gerade die Rolle des Hundes in ihrem Leben», stand da. «Allerdings sind sie da noch zu keinem Konsens gekommen.» Nämlich, ob man den Hund nun lieber streichelt. Oder isst. Oder ob man ihn zuerst streichelt und dann isst. Oder ob man den, der Hunde isst, an den Pranger stellt. Als Barbaren. So wie es den Leuten in der Stadt Yulin geschieht, die mal wieder ihr Hundefleischfest feiern. Sehr zum Missfallen der zivilisierten Welt, also unter anderem von Pamela Anderson und Kelly Osbourne.
Ich steh da auf der Seite der Chinesen, und nicht erst, seit mich ein Hundekoch fragte: «Sag mal, Ihr esst doch auch Kühe und Kälblein. Was sagen denn da die Inder dazu?» Ich esse kaum Fleisch. Trotzdem hatte ich mir vorgenommen, den Hundeeintopf zu probieren, als ich vor drei Jahren nach Yulin reiste. Ich tat es dann nicht, und das lag daran, dass ich vor dem Fest ein Asyl geschundener Hunde besucht hatte, die teils an üblen Verletzungen litten, die sie während des Transportes nach Yulin erlitten hatten. Mir war der Appetit vergangen. Das Mitleid mit der Kreatur ist eine grossartige menschliche Errungenschaft. Allerdings ist die moralische Empörung der Welt mit einiger Blindheit geschlagen. Dafür etwa, dass in Deutschland noch bis 1986 Hunde geschlachtet wurden, dass die Stadt Dresden für ihre Hundegerichte bekannt war. Und Blindheit dem anderen gegenüber, dafür etwa, dass die Chinesen das Mitgefühl mit allen Lebewesen lange vor den Europäern in den Stand einer Massenbewegung erhoben hatten, nämlich vor knapp zweitausend Jahren mit der Einführung des Buddhismus.
Der pragmatische Prinz aus Dänemark
Die Gegner des Hundefleischfests verweisen oft auf die Qualen, die den Hunden beim Transport und vor dem Schlachten zugefügt werden. Tatsächlich geschieht da Grausames und Beschämendes. Und trotzdem wird man den Verdacht nicht los, dass die Entrüstung stets auch getragen wird von zwei nicht immer ausgesprochenen moralischen Urteilen. Erstens: Hunde sind «Freund! Nicht Essen!» (CNN), und allein deshalb tabu. Und zweitens: Den fremden Chinesen ist jede Barbarei zuzutrauen. Dabei findet sich das Argument, der Hund sei als Freund des Menschen am Leben zu lassen, auch im alten China, beim Gourmet Li Yü – der dann dem Hund gleich das Rind als Menschenfreund zur Seite stellt. Was sich einerseits gut begründen lässt und andererseits die Willkür solcher Einordnungen zeigt. Eigentlich haben allein Veganer das Recht, mit dem Finger auf Hundeesser zu zeigen. Selbst Vegetarier sollten die Klappe halten, denn geschunden und sinnlos gemordet wird auch fürs Frühstücksei. Ob aber all die Chinaverdammer bei sich zu Hause ebenso engagiert für Küken, Hühner, Schweine und Rinder kämpfen?
Mir ist der Pragmatismus eines Prinz Henrik von Dänemark sympathisch. Das ist jener Prinz, der einst seine Liebe zum Hundefleisch gestand, und der dann keinen Widerspruch darin sah, zu verkünden, wenn er je wiedergeboren würde, dann bitte als Dackel, was die Dänen schon weniger verwunderte, da der Prinz Ehrenpräsident ihres Dackelverbandes ist. Damit ist Prinz Henrik in der Summe zwar nicht unbedingt tier- aber doch menschenfreundlicher als so mancher hysterischer Aktivist, und das ist ja schon mal ein erster Schritt.
15 Kommentare zu «Einmal als Dackel, bitte!»
Als Kind ,in einer armen,aber mit viel Liebe gesegneten Taunerfamilie aufgewachsen,assen wir an Festtagen des öfters Hunde-Katzen-Dachs – Rinderhoden etc..Richtig präpariert-und vor allem für den Gast,vermutlich oftmals im Graubereich seines Unwissens ,was er gerade vertilgt,half der Mutter bei den vielen Besuchen das ohnehin schmale Budget einwenig zu schonen.Was stets garantiert war,trotz Armut,die Würde des Tieres wurde stets respektiert.Das allein,sollte eigentlich thematisiert sein..Später fuhr ich mehrere
Jahre als Schiffskoch zur See,alle fünf Kontinente anlaufend.Was man i.d.Zeit,alles dazu lernen konnte(freiwillig bei Landgang) Schlangen,Alligatoren, Gürteltiere,Känguru,Zuchtratten etc. zu essen, zwar nicht immer mein Geschmack-dafür beruflich gutes dazu lernen!
China hat doch viel grössere Probleme. Ich fände es z.B. wichtiger, dass sie den Smog in ihren Städten unter Kontrolle kriegen. Da werden die Menschen geanuso qualvoll behandelt wie die Hunde, oder noch schnlimmer. In Beijing zu atmen ist das Gleiche, wie wenn man tag und nacht in der Raucherstube des Flughafens verbringen würde. Die Menschen leben deswegen dort 10-15 Jahre weniger als anderswo. Hunde in aller Ehre – aber die Gesundheit der Kinder ist mir doch wichtiger.
Die Welt wäre noch wütender auf China, wenn sie wüsste wie teilweise Hunde und Katzen langsam zu tode gequält werden weil damit angeblich das Tier mehr Adrenalin ausschütte welches wiederum das Fleisch zarter machen würde…
woher wissen Sie das, und wie können Sie einfach Ihre Vorurteile so verbreiten?
Diejenigen, welche sich hier empören, sind wohl alle Vegetarier ? Wenn man sieht, wie auch in anderen Ländern zum Teil mit den Tieren, die dann später verspiesen werden, umgegangen wird, dann wird einem echt übel. Aber darüber oerientiert man sich lieber nicht und verdrückt weiterhin brasilianisches Billiggeflügel (mariniert, damit es wenigstens nach etwas schmeckt) oder Kühe, denen man die Kälber weggenommen und die Hörner zerstört hat. Bravo !
Katzenfleisch ist so langweilig wie Küngel
entweder isst man tiere oder nicht
Vegetarier achten normalerweise auch auf biologische lebensmittel, also auch auf bio-eier, somit ist auch da das tierwohl meistens gegeben!
Genau so sehe ich das auch, Hotel Papa. Es geht nicht darum, dass die Chinesen Hunde essen… Nordländer essen Rentiere, in Ecuador isst man Meerschweinchen, In Australien werden Känguruhs verspeist….uswusf…. Es geht darum WIE sie mit den Tieren umgehen, bevor sie „verarbeitet“ werden! DAS ist barbarisch und das muss geändert werden. Ich werde nie verstehen, wie eine jahrtausendalte Kultur wie es die Chinesen, so respektlos mit Lebewesen umgehen können.
Ich stimme Ihnen zu. In China wird mit allem sehr respektlos umgegangen: mit Tieren, mit Sachen, mit Menschen, mit Meinungen,… – Chinesen sehen in nichts eine erhaltenswerte Einzigartikeit, in die man Gefühle investiert und behutsam umgeht. Der Einzelne oder Individualität zählen in China nicht, wohl weil nach Hunderten von Jahren unter repressiven Regimen keine Entwicklung von individuellen Verhaltensnormen und kein Luxus möglich war.
Ein Reiseleiter hat die Essgewohnheiten der Chinesen mit der Armut und Hungersnöten versucht zu erklären, denn in den Rezeptbüchern der kaiserlichen Küchen gäbe es keine Rezepte mit Hunde-, Katzen-, Reptilienfleisch, usw. Möglich?
Aha – sehr spannende Argumentation. Weil also bei uns die Massentiere gequält werden, dürfen die Chinesen ungehindert und zum Spass tausende Hunde schinden, quälen und grausam und langsam abschlachten, weil dann das Fleisch besser schmeckt? Ich habe als Europäer nicht das Recht, das zu verurteilen, weil bei uns auch Schreckliches passier? Dieser Argumentation folgend, dürfte ab sofort niemand mehr irgendwo irgendwen für irgendwas kritisieren.
Zum Glück lasse ich mich darauf nicht ein. Bekämpfe sowohl die Massentierhaltung bei uns, engagiere mich im Tierschutz und prangere öffentlich die Chinesische Barbarei an. Vielleicht wird die Welt dadurch hier wie dort ein kleines bisschen besser.
Wie war das noch mal? Die Katzen dezimieren die Vogelwelt und Hunde kaken überall hin? Also, vielleicht zum Essen freigeben.
Es geht bei der Kritik an China nicht darum, WELCHE Tiere gegessen werden. Da bin ich einig, warum geht Kuh, aber Hund geht nicht?
Es geht darum WIE mit der Kreatur davor umgegangen wird. Und da ist China nicht nur bei Hunden barbarisch.
Haben Sie schon mal einen Schlachthof besucht bzw. erlebt, wie die Tiere dort hingelangen? Oder ist Ihnen bekannt, dass fast alle männlichen Kücken getötet – entweder vergast, oder aus Kostengründen lebendig zermahlen werden. Ist das weniger barbarisch? Youtube ist da ein grossartiger Spiegel der Menschheit. PS.: Koscher Schlachten ist auch nicht gerade sehenswert…
Mir wurde als Kind auch schon von einem Nachbarn Katzenfleisch zum Versuchen gegeben. Schmeckte wie Kaninchen. Dann kenne ich einen Bauern, der seinen Hund verspeist hat. Natürlich nicht lebendig! So was kommt auch bei uns vor, nicht nur in China.