Von Welt- und Weibergeschichten

Evo Morales und Gabriela Zapata. (Keystone)

Eine Liebesgeschichte voller Leidenschaft und Intrigen: Evo Morales und Gabriela Zapata. (Keystone)

Diese Geschichte spielt in Südamerika, sie erzählt von einem mächtigen Mann und einer schönen – oder zumindest schönheitsoptimierten – Frau. Sie handelt von Leidenschaft und Hinterlist, von Geld, Macht und versäumten Vaterpflichten. Aber nein, sie ist keine Telenovela.

Beginnen wir am warmen Andenabhang vor ungefähr elf Jahren. In Cochabamba trifft eine junge Aktivistin (19) des Movimento al Socialismo auf dessen ebenso leidenschaftlichen wie ledigen Führer «El Evo» (46). Funken fliegen, und aus den beiden wird ein Paar; ein heimliches, in den wenigen freien Momenten, die ihm bleiben auf seinem Weg zum Wahlsieg 2005. Danach franst die Beziehung aus und versandet alsbald, freilich nicht ohne Nachwirkung. 2006 liess Gabriela Zapata, so heisst die junge Frau, Morales, nunmehr Präsident, wissen, er werde Vater. Und 2007, kurz nach der Geburt des Sohnes, teilte sie ihm mit, das Kind sei kurz nach der Geburt gestorben. Er kam nicht zum Begräbnis. Eine unschöne Geschichte, gewiss. Doch auch eine Privatangelegenheit.

Aber was kann schon privat bleiben im Leben einer linken Lichtgestalt mit Fans in aller Welt und Feinden im Norden der Hemisphäre? Bestrebt, seine historische Mission um weitere vier Amtsjahre zu verlängern, rief Südamerikas erster indigener Präsident sein Volk im vorigen Februar zur Abstimmung – und verlor. Erstmals in zehn Jahren. Und noch dazu wegen dieser leidigen Geschichte.

Drei Wochen hatten gefehlt bis zum Referendum. Das ganze Land war mit «Evo, si!» angepinselt, da plauderte der TV-Journalist Carlos Valverde die alte Amour fou aus, ergänzt mit der aktuellen Information, dass Frau Zapata, von plastischen Chirurgen runderneuert, inzwischen für den chinesischen Konzern Camce millionenschwere Staatsaufträge anleiere. Doppelt dumm: Nun war Morales Rabenvater und Vetternwirt zugleich. Der Präsident floh ins TV, beichtete die Affäre und ihr unrühmliches Ende. Doch über Zapatas weiteres Wirken wollte er nichts gewusst haben. Als postwendend Bilder von Evo und Gaby beim letzten Karneval auftauchten, mutierte der «Evo eterno» zum Pinocchio.

«La Gaby» trug alsbald Handschellen. Man warf ihr vor, bei der Anbahnung ihrer Geschäfte ein Näheverhältnis zu Morales vorgegeben zu haben. Das bestreiten Lady und Konzern, der, das sei auch erwähnt, mehr Staatsprojekte realisiert als sämtliche Mitbewerber. Hier hätte die Moritat enden können, wenn Frau Zapata nicht eine redselige Tante gehabt hätte, die ausposaunte, der Sohn des Präsidenten sei am Leben. Nun wollte das ganze Land den Jungen sehen, allen voran der Staats- und Kindsvater.

Doch daraus wurde nichts, denn, so befand eine Richterin in der Vorwoche: Es gebe kein Kind, keinen Vater und auch keine Mutter. Morales Sohn sei lediglich eine, na ja, Kopfgeburt. Hatte die damals 21-Jährige Schwangerschaft, Geburt und Kindstod nur erfunden, um Gefälligkeiten rauszuleiern von einem Präsidenten, dessen physische Verflüchtigung nach vermeintlicher Vaterschaft sie offenbar auch einkalkuliert hatte? Hat sie ihn erpresst? Und hat sie nun ihre Anwälte Fotos von anderen Kindern beibringen lassen, um Lebenszeichen des angeblichen Präsidentensohnes vorzutäuschen?

Genau das behauptet inzwischen der oberste Bundesanwalt, der Zapatas Tante und Anwalt kürzlich verhaften liess. Soll Gabriela Zapata zum Schweigen gebracht werden? Der Advokat, ein bekannter Jurist, bezeichnet sich als «politischen Gefangenen».

Am Dienstag hat Evo Morales nun verkündet, das Referendum wiederholen zu lassen. Die MAS-Mehrheit im Parlament bereitet schon Gesetze vor, um die Presse zu zügeln. Damit nicht noch so eine Weiber- die Weltgeschichte verhagelt.

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12 Kommentare zu «Von Welt- und Weibergeschichten»

  • Ulrich F. Sackstedt sagt:

    Herr Fink,
    natürlich befriedigt ein Bericht über private Affären eine bestimmte Klientel von Lesern. Solche Erzählungen sind jedoch nicht der Stoff, aus dem die südamerikanischen Träume sein sollten. Das Ablenken der Aufmerksamkeit von den eminent wichtigen politischen Bereichen in die Privatsphäre ist ein allzu durchsichtiges Manöver, Einfluß zu nehmen auf das reale Geschehen. Findet man keinen anderen Hebel, um eine Person zu demontieren, dann wühlt man in ihrem Privatleben herum, erfindet auch schon mal großzügig diesen oder jenen Nicht-Fakt, womöglich deckt man noch Probleme bei der korrekten Abführung von Steuern oder die Inanspruchnahme staatlicher Dienste für private Zwecke auf.

  • Beat Zumstein sagt:

    War gerade 3 Wochen in Peru, Bolivien, Argentinien und Brasilien.Obwohl Präsident Evo Morales nicht gerade meiner politischen Ansicht entspricht, hatte ich den Eindruck, dass das Volk unter ihm zufrieden ist, und er doch viel für die ärmere Bevölkerung tut.

    • Hansueli sagt:

      Gerade deshalb ist es schlecht wenn er sein Amtszeit verlängern will. Im Gegensatz zu Handwerker werden Politiker mit viel Routine schlechter (sprich überheblich).

    • Thomas Meier sagt:

      In 3 Woche vier Länder besucht – da hatten Sie sicher sehr viel Zeit sich mit der bolivianischen Bevölkerung zu befassen.

    • Rene Rey sagt:

      Das war auch bei Hugo Chavez und jetzt bei Maduro in Venezuela der Fall, aber wo sind die jetzt ???>>?

  • Latino-Suizo sagt:

    Tatsächlich ist das Thema „Fussball“ in Südamerika ein Türöffner – jedoch der viel grössere Türöffner ist das Thema „Gobierno“ (Regierung)

    • Beat Müller sagt:

      @Latino Suizo: Na ja das Thema „Gobierno“ ist je nach politischen Ansichten des Gesprächspartners oft eher ein Türschliesser denn ein Türöffner!

  • Fritz Lüthi sagt:

    Es ist wahrhaftig eine Telenovela, die sich hier in Bolivien abspielt. Aber Evo und seine Berater, allen voran der Vizepräsident, werden schon ihren Kopf aus der Schlinge ziehen. Schliesslich heisst der oberste Richter nicht vergebens EVO.
    Im übrigen ist Evo kein Indigener, sondern ein Cholo, also Mischling. Andrenfalls wären ja x-tausend Spanier, die den Namen MORALES tragen, Ureinwohner aus Südamerika.

    • Fritz Lüthi sagt:

      ok

      • Beat Müller sagt:

        Herr Lüthi aus Bolivien – wir wissen ja inzwischen alle, dass Sie Evo nicht mögen. Aber dass Sie jetzt noch Ihre Rassenlehre hervorziehen müssen um Evo zu verunglimpfen zeigt eher auf für welche Humanideologien Sie Affinitäten haben und die wecken Erinnerungen an düstere Kapitel der Menschheit!
        Einfach zur Erinnerung – die Kolonialherren- und Herrenmenschenzeit ist auch in Bolivien schon lange vorbei – nur ein paar Ewiggestrige haben das noch nicht so ganz geschnallt!

        • Julia sagt:

          @Beat Müller: Und woher wissen Sie denn, was sich in Bolivien genau abspielt? Die westlichen Medien berichten kaum über Evo und seine Machenschaften. Hätten Sie mal in Bolivien gelebt und mit den Einheimischen gesprochen, die gebildet sind, hätten auch Sie ein ganz anderes Bild vom Präsidenten. Reisen Sie doch mal nach La Paz oder Santa Cruz und hören Sie wirklich zu!

          • Toni Roth sagt:

            @Julia: Was meinen sie, mit den Einheimischen sprechen, die gebildet sind? Ich habe in meinem letzten Bolivienaufenthalt mit verschiedenen Einheimischen geredet. Die Mehrheit ist tatsächlich mehr oder weniger zufrieden mit Evo’s Regierung, zufriedener jedenfalls als mit seinen Vorgängern.
            Ihre Botschaft ist schon angekommen: Evo und seine unterstützende Mehrheit sind ja keine „Gebildeten“, nur so Cholos und Indios…

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