Lieblingswörter auf Chinesisch

This Tuesday, Dec. 21, 2010 photo shows servings of Dim Sum including egg rolls, dumplings, sesame balls and har gow at the Four Seas Restaurant in Chinatown in San Francisco. Dumplings symbolize prosperity and are traditionally eaten late on the eve of the Chinese New Year. (AP Photo/Eric Risberg)

Genüssliche Varianten: Dim Sum bedeutet auf Kantonesisch «das Herz berühren». In Hongkong werden die Teigtaschen aber einfach Yum cha genannt: «Teetrinken». Foto: Eric Risberg (AP Photo)

Es gibt Sprachen, die haben ein Wort für die Widerspiegelung des Mondenscheins im Wasser. Das Türkische nämlich. Yakamoz. Und es gibt das Deutsche, das sich ein Leben lang von Angehörigen anderer Sprachgruppen vorhalten lassen muss, jene zarten Falter, denen die Franzosen ein «Papillon» hinterherhauchen, unter den Silben «Schmetterling» zu zerstampfen. Ein Amboss von einem Wort. Als die Berliner Zeitschrift «Kulturaustausch» vor ein paar Jahren das schönste Wort der Welt suchte, landete Yakamoz auf Platz eins. Auf Platz zwei schon fand sich ein chinesisches: «Hulu», das heisst «schnarchen».

Ich habe andere chinesische Lieblingswörter. Wörter, die auch unserer Sprache gut anstünden, ja mehr noch: die ihr nachgerade noch fehlen. Lehnwörter von jener Sorte wären das, die uns ein neues Instrumentarium zur feineren Beschreibung unserer Gefühle in die Hand geben oder uns mit gänzlich neuen Erfahrungen vertraut machen. Soeben hat das «Oxford English Dictionary» eine Liste meist südchinesischer Wörter veröffentlicht, die es nun offiziell in das Lexikon und damit in den englischen Wortschatz geschafft haben. Viel Wissen ist da dabei. Yum cha zum Beispiel, jener kantonesische Morgen- und Mittagsschmaus, den wir als Dim Sum kennen, was übersetzt heisst: «das Herz berühren». Die Hongkonger selbst sagen zu der endlosen Parade von gedämpften und gebratenen Teigtäschchen aber eben nicht Dim Sum, sie nennen es Yum cha, was einfach nur «Teetrinken» heisst, in seinem Understatement also sowieso in jedes britische Wörterbuch gehört.

Hier eine kurze Liste meiner Lieblingswörter:

Chabuduo. Darüber habe ich hier schon einmal geschrieben: Es findet sich im deutschen Sprachraum nur im Bayrischen eine angemessene Übersetzung, nämlich «Passt scho’». Also jene Lebenshaltung, die sich zufrieden zurücklehnt, wenn sie acht Zehntel des Weges zurückgelegt hat. Weil, im Ernst: reicht doch.

Yuanfen. Das Schicksal, das etwa die Lebenslinien zweier Menschen miteinander verknotet. Es ist den beiden vorbestimmt, einander wieder und wieder zu begegnen. Ihre Wege können sich nicht bloss – sie müssen sich kreuzen. Das zufällige Treffen mit einer alten Schulfreundin in der New Yorker U-Bahn? Alles andere als Zufall. Yuanfen.

Mafan. Alles, was umständlich, anstrengend, frustrierend und einfach nervig oder das alles zusammen ist. In meinem Fall das meist verwendete Lehnwort. Gerne auch als Substantiv. Gerne geseufzt. «Was für ein Maaafan!» Wie massgeschneidert für die Quenglernation Deutschland.

Guoyin. Wird manchmal als «befriedigend» übersetzt, am ehesten trifft es noch der Jubelausruf «geil». Guoyin gehört eigentlich gejauchzt und beschreibt eine süsse Sucht im Augenblick ihrer Befriedigung. Guoyin, das ist der Ritt auf einem Surfbrett, wenn die Monsterwelle sich bricht, das ist der erste Biss ins Chili-Hühnchen, dann, wenn es einem nach der Explosion die Augen in den Hinterkopf dreht, das ist der Moment, wenn nach unendlichen Sekunden höllischen Juckens der Fingernagel endlich kratzen darf.

Wörter sind das, die ich im täglichen Gespräch ständig benutze und unter mein Deutsch mische. Ich wundere mich dann immer wieder für einen Augenblick aufs Neue, wenn mein des Chinesischen nicht mächtigen Gegenüber mich hilflos anschaut, vor allem aber wie ein Mensch ohne diese Begriffe durchs Leben gehen kann.

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12 Kommentare zu «Lieblingswörter auf Chinesisch»

  • Ruth Falk sagt:

    Habe keine Ambitionen Chinesisch zu lernen, aber einen Vorschlag für Herrn Strittmatter: NUDNIK. Das kommt aus dem Hebräischen von „nidnud“ = schaukeln und beteichnet jemanden der einem tierisch auf den Nerven schaukelt,
    Die klassische Erklärung ist: man grüsst wen und fragt: wie gehts? und ers sagts einem. Tschüs!

  • ClBr sagt:

    Bu yao keqi ist auch nicht übel (machen Sie mal keine Umstände).

  • H.Nieuwesteeg sagt:

    Hat Mafan etwas mit ^doe niet zo maf‘ (duh niht so maff), wat een maf gedoe (getue) oder ‚wat een maffe vent (D Type)‘ in meiner Muttersprache (NL) zu tun? Steht für duselige dumm gestört irritierendes schachsinniges getue.

    Lieblingswörter sind für mich übrigens immer mit Lieblingsgedanken/Errinerungen verbunden, oft damit auch Familieninternen Wortspile/Wortschöpfungen und damit sehr individuel. z.B ‚piepertjes‘ und ‚oppiepen‘ für Frühkartoffeln (‚krieltjes‘).
    Du reucht mann wieder die Duft aus Mutters Küche..
    Und wenn nicht Familien/Szenendialekt dann doch oft Lokaldialekt wobei gerade die Schweiz in hren sprachlichen Vielfalt eine richtige Schatztruhe ist..

  • Edi Widmer sagt:

    Sehr schön, diese chinesischen Wörter – eigentlich wäre es noch schöner, wenn man sie hören könnte. Leider ist das schönste Wort der Welt, das türkische YAKAMOZ griechischen Ursprungs. Und es bedeutet nicht die Spiegelung des Mondes auf dem Meer, sondern das Funkeln des Meerwassers durch phosphoreszierende Algen. Siehe Langenscheidt: Yakamoz = Meeresleuchten. YAKALANMAK = PHOSPHORESZIEREN.

  • Pi Ya sagt:

    Vielen Dank an Herrn Strittmatter für die charmante Sammlung.
    Ich möchte meine Lieblingsworte hinzuzufügen:
    Xiuxi beschreibt – phonetisch gesehen – die Tätigkeit des Ausruhens viel besser.
    Oder: Mamahuhu für „so lala“, nicht so toll.

  • maja sagt:

    Yuanfen die Bedeutung kennen wir ja auch, das ist doch das wichtigste.

  • Arno Radtke sagt:

    Vielen Dank für „bla bla bla“ Artikel und schönes Bild mit genusslichem Essen. Kommt jemand vielleicht auf die Idee, statt uns Lesern nur täglich hier Appetit auf chinesisches Essen mit Fotos zu machen auch ein Paar authentische Rezepte parallel zu den Fotos zu veröffentlichen??? Oder würde das schon für den China-Korrespondenten, der in Peking jeden Tag so genüsslich speist zu anstrengend?

    • Astrid Meier sagt:

      Da möchte ich jetzt Frau Falk zitieren, und antworte Ihnen mit einem tief empfundenen: Nudnik! Chinesische Kochbücher gibt’s doch überall zu kaufen.

  • Ronnie König sagt:

    Gibt es dies nicht in jeder Sprache? Und, aus welchem Winkel man dies betrachtet? Der Klang. Gigampfe, zB ist besser wie alles was die chinesische Sprache dafür zu bieten hätte. Wie wir sehen, es ist offenbar auch entscheidend, wo man geboren ist um die Worte seiner Heimat zu fühlen oder den Klang zu leben. Oder nehmen wir das Puff, im chinesischen Raum das Haus der Blumen genannt, aber wie geht der Mensch denn im Alltag damit um? Und wie werden die Dinge dann wirklich gesehen, zB die Stellung der Frau in der Gesellschaft? Was nützt da die Poesie? Ist es nicht wie die Töpfe die immer weiter nach hinten wandern und die Deckel immer seltener gehoben?Oder: Schöne Wendung/Wort, hässliche Realitä

  • nicht lieb sagt:

    Wie wärs mit ein Paar brauchbaren Rezepten von den oben abgebildeten Köstlichkeiten?

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