Er liefert den täglichen Wahnsinn frei Haus

Matt Drudge verdient mit seinem Internetportal jährlich eine Million Dollar. Bild: KeystoneAP Photo/Brian K. Diggs

Matt Drudge verdient mit seinem apokalyptischen Internetportal jährlich eine Million Dollar. (Keystone/Brian K. Diggs)

Der amerikanische Tag beginnt mit vielerlei Zerealien. Am liebsten Fruit Loops, weil sie so lustig-bunt und süss sind. Sie bieten einen letzten Hoffnungsschimmer vor dem Ende der Welt. Dieses kommt jeden amerikanischen Morgen frei Haus in Form des Drudge Reports. Dessen Betreiber, ein Mann namens Matt Drudge, trägt in der Öffentlichkeit oft einen weissen Hut. Sein Produkt, ein Online-Nachrichten-Aggregator, dient konservativen Amerikanern als Kompendium des täglichen Wahnsinns.

So erfolgreich ist die Website, dass Matt Drudge pro Jahr über eine Million Dollar Gewinn verbucht. Wovon er allerdings nicht viel hat. Schliesslich geht die Welt unter. Früher war die Apokalypse eine Spezialität des heiligen Johannes und der Linken. Es gab den Atomkrieg, den sauren Regen und Lebensmittel mit Kunststoff. Ausserdem gab es die Punks: No Future, Baby! Heute gibt es links lediglich den Klimawandel. Ansonsten wird die Apokalypse eher von der Rechten beschworen, besonders der amerikanischen Rechten.

Ihr Nostradamus ist Matt Drudge. Täglich überschüttet er seine Leser mit Nachrichten vom nahenden Weltuntergang. Wie Hieronymus Bosch malt Drudge endzeitlichen Horror auf seine Website. Amerika ist derart überlaufen von bärtigen Terroristen, illegalen Einwanderern und pfiffigen Sozialschmarotzern, dass den Leuten die Fruit Loops im Halse stecken bleiben.

Nichts ist mehr heilig: «Vatikan erhöht Sicherheitsvorkehrungen». Ein «Superbösewicht droht, einen Araber pro Woche zu killen». In Chicago kündigt eine schwarze Frau einen «Sexstreik» als Protest gegen die Gewaltwelle in der Stadt an. Obama macht sich derweil «über die Ängste von Witwen und Waisen lustig». Das Allerunterste, nicht wahr! In Grossbritannien ist ein «weiblicher Robocop das furchterregende neue Gesicht der Polizei». Roboter nehmen uns die Jobs weg. Terroristen nehmen uns das Leben. Sozialschmarotzer die Fruit Loops! Illegale unsere Töchter! Und Afroamerikaner nehmen unsere Fernseher. Und unsere Töchter!

Dagegen zu protestieren, ist ausserordentlich gefährlich: «Mann mit Protestplakat wird aus Clinton-Veranstaltung in Dallas entfernt». Obamas Polizeistaat! Wie in Kenia! Das FBI fürchtet unterdessen «die Weihnachtstage». Weil der IS «umfassende Verschwörungen» schmiedet. Laut einer Umfrage in Texas sind nicht Fruit Loops, sondern Einwanderer «die grösste Bedrohung für die USA». Ausserdem erlaubt ein Gesetz «kubanischen Migranten den Empfang staatlicher Lebensmittelmarken». Mit dem gesparten Zaster machen die Migranten Ferien in der Karibik.

Obendrein hat sich in Boston ein Erdbeben ereignet. In Boston! Und das alles an einem einzigen Morgen, noch vor dem Frühstück. Was ist eigentlich aus Ronald Reagans Optimismus geworden? Er ist vom Winde verweht. Nach sieben ätzenden Jahren unter einem muslimischen Präsidenten ist Amerika schrottreif. Matt Drudge berichtet täglich darüber. Kein Wunder, dass der Verkauf von Schusswaffen aller Kaliber nach oben schnellt. Wer möchte schon ohne Ballermann gaffen, wenn die vier Reiter der Apokalypse über die Prärie jagen?

Nicht einmal Fruit Loops wird es nach dem Weltuntergang geben. Und Walmart und Amazon sind auf ewig geschlossen. Überhaupt ist alles zu.

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5 Kommentare zu «Er liefert den täglichen Wahnsinn frei Haus»

  • koch ra sagt:

    Wie aufgescheuchte Fliegen gesellen sich dann diese Hetzer. „Bombenalarm überall“ – obschon praktisch alle künstlich stilisiert meist von ortsgebundenen Phobikern stammen: Was diese bezwecken ist eine degenerative Hysterie; damit sich schlussendlich (endlich?) einmal jeder bewaffnen darf. Die Gefahr geht nur von Innen aus!
    Dies hat mit Kriegstraumatisierten wenig zu tun. Die Inszenierung von erneuten Anschlägen und allgemein dieser Ängste von einem ‚Dasch‘ ist psychologische Kriegsführung; finanziert von denen, die damit Geschäfte machen wollen. Denn der Irak, Syrien und andere Brandherde wollen wieder aufgebaut sein! Solchen spielt es in die Hände der dümmsten Form, über alle Opfer…

  • Dieter Neth sagt:

    Die Dinger heissen aber Froot Loops. Schauen Sie mal auf die Schachtel. Eine Alternative sind Lucky Charms. Auch damit kann man hinterher farbig pinkeln. Und bei Gelegenheit sollten Sie mal die Rush Limbaugh Show anhoeren. Am Radio. Da ist Blocher National ein Waisenknabe dagegen. Zum Ausgleich gibt es dann ja noch NPR.

  • Er liefert die tägliche anti-amerikanische Hetze frei Haus. Die Tagesanzeigerleser werden es ihm danken. Peinlich, langweilig, immergleich. Gääähn.

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