Eine teuflische Untersuchung von 116 Todesfällen
Am 12. September des vergangenen Jahres fuhr der Satan in T. B. Joshuas Gotteshaus. Der Gottseibeiuns flog mit einem kleinen Flugzeug mehrere Male über das umfangreiche Anwesen des Propheten in der nigerianischen Wirtschaftsmetropole Lagos, bis ein fünfstöckiges Gästehaus der satanischen Macht schliesslich nichts mehr entgegensetzen konnte und mit ohrenbetäubendem Getöse in sich zusammenbrach. In der Lawine aus Beton, Backsteinen und Ziegeln kamen 116 Menschen ums Leben, darunter 81 Südafrikaner.
Die überlebenden Diener des weltberühmten Gottesmannes reagierten mit Weitsicht. Sie sperrten das Gelände der «Synagogen-Kirche Aller Nationen», auf dem sich jeden Sonntag mehr als 10’000 Gläubige einfinden, weiträumig ab und liessen nicht einmal Rettungsmannschaften zu. Auch diese hätten schliesslich dem teuflischen Angriff zum Opfer fallen können. Für manchen Verletzten kam daher jede Hilfe zu spät. Die Südafrikanerin Lindiwe Ndwandwe überlebte fünf Tage unter den Trümmern und weiss, dass das kleine Flugzeug eine Bombe abwarf. Nur so sei der Ausschlag zu erklären, unter dem sie noch heute leide: Das Pulver des Sprengsatzes sei in ihre Haut eingedrungen.
Für weniger geistbeseelte Erdenbürger stand von Anfang an fest: Das Gästehaus war zusammengebrochen, nachdem auf das ursprünglich zweistöckige Gebäude noch drei weitere Stockwerke draufgesetzt wurden. Und zwar ohne dass sich Prophet T. B. Joshua um irdische Nebensächlichkeiten wie eine Baugenehmigung gekümmert hatte, wie ein Untersuchungsrichter später herausfand. Dieser empfahl jetzt, dass dem 52-jährigen Kirchengründer wegen fahrlässiger Tötung in 116 Fällen der Prozess gemacht werde. Temitope Balogun Joshua, vom «Forbes»-Magazin zum drittreichsten Prediger Nigerias gekürt, hatte es nicht einmal für notwendig befunden, der Einladung des Richters zu einer Befragung zu folgen.
Das hat ein Gottesmann, der nach eigenen Angaben 15 Monate lang im Bauch seiner Mutter verweilte und heute selbst Aids-Kranke heilen kann, auch gar nicht nötig, befand sein Sprecher. Die Ermittlungen des Richters hätten sich ohnehin nur auf irdische Phänomene des Einsturzes beschränkt, warf Bally Chuene ein: Dabei habe es sich bei dem Angriff doch eindeutig um eine «spirituelle Intervention» gehandelt. Sein Ziel habe der Satan allerdings nicht erreicht, fügt der Mund des Propheten noch hinzu: Denn viele «erleuchtete Familienangehörige» hätten durch den «Tod der Märtyrer» zu «bedeutenden spirituellen Erkenntnissen» gefunden. Das vorzeitige Ende der Mütter, Väter und Söhne hatte also sein Gutes.
Davon ist auch Philipp Mbedzi überzeugt, dessen 30-jährige Tochter in den Trümmern starb. Er sei an den Ergebnissen der «teuflischen Untersuchung» gar nicht interessiert, teilt der Südafrikaner mit: T. B. Joshua habe sie schon darauf vorbereitet, dass der vom Satan geführte Richter auf derartige Schlüsse kommen würde. «Da hören wir gar nicht drauf», fügt Mbedzi hinzu: «Stattdessen warten wir auf die weiteren Anweisungen unseres Propheten.»
3 Kommentare zu «Eine teuflische Untersuchung von 116 Todesfällen»
Die Erklärung liefert nicht Satan, sondern Darwin…
Ich kann nichts aus Ihrem Post lesen, dass in mir keine Übelkeit hochsteigen lässt.
@Anh Toàn: im Zweifel für den Angeklagten – der Gerd meinte sicher, dass nur eine von Weissen verbreitete Religion solch dümmliche Ergebnisse hervorbringen kann oder wollte selbstironisch darauf hinweisen, dass er, rund 100 Jahre nach der Widerlegung des Sozialdarwinismus (der übrigens, lieber Gerd, nicht auf Darwin sondern auf Herbert Spencer zurückgeht), sich immer noch nicht dahin gehend entwickelt hat, dies auch begreifen zu können… na ja – ich habs fadenscheinig versucht aber auch mir wird übel…