Ein geschenktes Kalb und 3700 Euro dazu

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Ansiedlungsprämie: Japanische Kobe-Rinder liefern sehr hochwertiges Fleisch. Foto: Japanexperterna.se/Flickr

Wer nach Mishima zieht, erhält ein Kalb zur Begrüssung. Oder 500’000 Yen, etwa 3700 Euro. Dazu einen Beitrag an die Umzugskosten. Und während der ersten drei Jahre einen monatlichen Zuschuss, Paare 750 Euro. Die einzige Bedingung: Der Haushaltsvorstand darf zur Zeit der Ansiedlung nicht älter als 55 sein.

Das Angebot gilt seit 1990, bisher hat es niemand angenommen. Vor zwei Jahren hob die Gemeinde deshalb die Zuschüsse auf die derzeitigen Beträge an. Mishimas Einwohnerzahl ist in dieser Zeit weiter gesunken, von 500 im Jahre 1990 auf 372. In den Nachkriegsjahren lebten sogar Tausend Leute hier. Doch seit einigen Wochen brechen massenweise Anfragen über die winzige Gemeindeverwaltung herein. Ihre Angestellten seien überfordert, schreibt die Tageszeitung «Minami Nippon». 90 Prozent der E-Mails kommen aus Serbien, Kroatien und Brasilien. Dazu einige aus Taiwan.

Mishima, deutsch «drei Inseln», umfasst Takeshima, Iojima und Kuroshima, drei subtropische vulkanische Inseln etwa 40 Kilometer südlich von Kyushu, der westlichsten von Japans vier Hauptinseln. Sie sind nur mit einer Fähre erreichbar, die dreimal pro Woche verkehrt. Die Menschen leben von der Fischerei und etwas Landwirtschaft, es gibt kaum Jobs, keine Klinik, wenig Kinder, fast keine jungen Erwachsenen, dafür viele Alte. Aber Natur, frische Luft, Ruhe. Und Platz.

Japans demografisches Problem

Die drei Inseln sind keine Ausnahme, sie sind dem übrigen Japan nur voraus. Nippons Bevölkerung nimmt seit fünf Jahren ab, 2013 um 244’000, der Trend beschleunigt sich. Bis 2040, so das Nationale Institut für Bevölkerung, gebe es 20 Millionen Japaner weniger als 2010. Vor allem die Provinz stirbt ab: Die Frauen im gebärfähigen Alter kommen ihr abhanden, sie ziehen in die Grossstädte. Der frühere Innenminister Hiroya Masuda erwartet, die Hälfte aller Gemeinden würde nicht überleben.

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Die drei Mishima-Inseln liegen am südlichen Ende Japans. Karte: Google Maps

Die Präfektur Akita im Norden der Hauptinsel Honshu versucht, die jungen Frauen mit vom Staat organisierten Kontakt-Partys zurückzuhalten, um den demografischen Kollaps zu bremsen. Gebracht hat es nichts. Auf Hokkaido geben mehrere Orte Neuansiedlern Bauland umsonst ab. Die einzige Bedingung: Die Leute müssen wirklich dort leben. Ferienhäuser will man keine. Doch die Nachfrage ist gering.

Der E-Sturm auf Mishima wurde vermutlich von der Website Rocketnews24 ausgelöst, die regelmässig über Sonderbares aus Nippons Alltag berichtet. Blogger in Serbien, Kroatien und Brasilien dürften die Meldung aufgegriffen haben. Eine japanische Staatsbürgerschaft war im Angebot nicht verlangt. Die Dorfväter von Mishima hatten gar nicht daran gedacht, es könnten sich auch Ausländer melden, sondern gehofft, Leute zurückzulocken, die ihre Wurzeln auf den Inseln haben. Die meisten Anfragen aus Serbien, Kroatien und Brasilien erledigten sich mit etwas genaueren Informationen, so die Gemeinde. Alle anderen wurden abgelehnt. Sicher müssten die Bewerber Japanisch können. Jetzt haben die Dorfoberen das Angebot ausgesetzt, sie wollen es – nach 25 Jahren Erfolglosigkeit und diesem E-Sturm – neu überdenken.

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2 Kommentare zu «Ein geschenktes Kalb und 3700 Euro dazu»

  • Spotdrossel sagt:

    Titel und die ersten beiden Sätze des Artikels widersprechen sich… Was richtig ist, entscheidet nun das Licht ;o)

  • Christian Ermelinger sagt:

    Eine Schweizer Zeitung schreibt über Japan und Geldbeträge werden in Euro angegeben? Was ist denn das los?

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