Täuschte Rousseff ihren Schwächeanfall nur vor?
«Ich fühle mich schlecht»: Dilma Rousseff im Interview. Video: Teleguiado
Sind Sie für Dilma Rousseff oder für Aécio Neves? Falls Sie die Frage mit einem Schulterzucken abtun, befinden Sie sich offensichtlich nicht in Brasilien – denn bei den Wahlen vom 26. Oktober die amtierende linke Präsidentin zu unterstützen oder auf einen Sieg des konservativen Neves zu setzen, das ist hier die Gewissensfrage schlechthin. Täglich berichten Medien von Sängerinnen, Schauspielern, Moderatoren, Sportlern, die sich auf die eine oder andere Seite schlagen und dafür in aller Öffentlichkeit angepöbelt werden. Täglich sorgen sich Politologen, Historiker, Soziologen wegen des aggressiven sozialen Klimas. «Die Gewalt droht in die brasilianische Politik zurückzukehren», schrieb kürzlich ein Experte.
Betroffen sind auch sogenannte Normalbürger. Auf Facebook werden Beleidigungen ausgetauscht und Freundschaften gekündigt, dass es nur so kracht. Ein Neves-Anhänger berichtet, er sei von einer Horde Rousseff-Fans durch die Strassen gejagt worden wie ein wildes Tier. Ein Rousseff-Gefolgsmann klagt, die Gegner hätten seine rote Fahne zu Boden geworfen, darauf herumgetrampelt und ihn aufgefordert, nach Kuba abzuhauen.
Für anhaltende Diskussionen sorgt auch der Schwächeanfall der Präsidentin. Es geschah, nachdem sich Rousseff mit Neves im Fernsehen einen Schlagabtausch geliefert hatte, den eine Kommentatorin seiner Aggressivität wegen als «historisch» bezeichnen sollte.
In einem Interview nach geschlagener Verbalschlacht beginnt Rousseff plötzlich zu hüsteln und sich zu räuspern. Sie setzt erneut zum Sprechen an, bricht ab, schaut ratlos, hüstelt abermals. «Fühlen Sie sich nicht gut?», fragt die Moderatorin. «Ich fühle mich tatsächlich schlecht. Wahrscheinlich der Blutdruck», antwortet Rousseff. Die Präsidentin fühlt sich schlecht! Jemand schiebt einen Stuhl heran, jemand reicht ein Glas Wasser, die Moderatorin tätschelt den präsidialen Unterarm.
Und was schreibt der Arzt Milton Simon Pires aus Porto Alegre anderntags auf Facebook? «Soll sich die Schlampe doch von einem kubanischen Arzt behandeln lassen!» – in Anspielung auf ein Sozialprogramm, das zum Ärger einheimischer Ärzte in entlegenen ländlichen Gebieten kubanische Mediziner einsetzt. Trotz heftigster Empörung der Öffentlichkeit und vieler seiner Berufskollegen verweigert der Doktor jede Entschuldigung.

So schlecht geht es ihr offensichtlich nicht: Rousseff vier Tage später mit Vorgänger Lula da Silva. Foto: Reuters
Aber auch Ex-Präsident Lula, Rousseffs wichtigster Helfer, nutzt den Schwächeanfall, um Wahlkampf zu betreiben. Aécio Neves sei schuld. Der Macho-Rüpel wisse nicht, wie man mit älteren Damen umgehe. In der Stadt Belo Horizonte hängen Unbekannte Plakate aus: «Wollen Sie tatsächlich für einen Kandidaten stimmen, der Frauen angreift?»
Worauf wiederum ein Kommentator des regierungskritischen Magazins «Veja» schreibt: «Ich habe mich ja zunächst innerlich dagegen gewehrt, überhaupt so etwas zu denken, aber jetzt kommen mir doch Zweifel – hat Rousseff Theater gespielt? Ist ihr Blutdruck womöglich auf Geheiss ihres Wahlkampfleiters João Santana zusammengesackt?» Die Opposition führt ein Indiz für die These an: Wenn die Präsidentin der grössten lateinamerikanischen Nation und der weltweit viertgrössten Volksdemokratie nach Luft schnappend auf einen Stuhl sinkt – da könne es doch nicht sein, dass sich nicht binnen Sekunden ein Arzt um sie kümmere, sondern ihr als Erster der Polit-Mephisto Santana zu Hilfe eilt.
Wie auch immer: Dass Rousseffs Strategen jetzt die Macho-Karte spielen, scheint sich auszuzahlen. Jüngsten Umfragen zufolge liegt die Präsidentin wieder leicht in Führung.
5 Kommentare zu «Täuschte Rousseff ihren Schwächeanfall nur vor?»
Brasilien – das theater land der zukunft, die kandidaten gehoeren doch nicht nach brasilia, und auch die dazu gehörenden politiker nicht, wer längere zeit in brasilien war, versteht die bürger nicht, keiner kümmert sich um nur etwas kleines zu verbessern, man nimmt alles hin wie es ist, die grossen bosse in den konzernen, kirchen, regierungen wissen schon was sie machen müssen, der stutz muss in meinen sack landen, die kriminalität wächst weiter, die mittelschicht wenn es überhaupt eine gibt, nimmt rapide ab, und wieder keiner sagt etwas
Dass Sandro Beninis Sympathien nicht bei Dilma liegen, konnte man schon aus jedem Artikel zu diesen Wahlen herauslesen. Er gehört ja auch nicht zu jener Schicht Armer, die Dank der Sozialprogramme der PT aus der absoluten Misere zu einer halbwegs menschenwürdigen Armut gefunden haben oder sogar in den untern Mittelstand aufsteigen konnten. Es ist tatsächlich in Brasilien ein Riesenkonflikt zwischen (Europa-stämmiger) Mittelschicht und (indigener und afrika-stämmiger) Unterschicht in Gange, wobei erstere um jeden Preis verhindern will, dass letztere in die Mittelklasse aufsteigt. Das erklärt auch den unglaublichen Hasse, den die Mittelklasse auf Dilma und die PT entwickelt hat.
PT inherited the social and economics program from PSDB, at that time Pres. Fernado Henrique and make me really happy that the PT continued all programs and development some news, but the power led PT to commit many crimes (many proven!) ONLY to keep the power and for greed of their militants. They give alms to people and forget to teach their own subsistence. Just to remeind: half of the PT leadership are now in jail.
Ganz richtig. Cardoso ist für den verbesserten Status der Armen zu loben und nicht die PT. Dilma hat bisher nicht viel getan – sie weiss nämlich nicht wie. Es ist Zeit, dass wieder einer ans Ruder kommt, der sein Fach versteht. Brasilien ist ein allzu grosses Land, um von Unfähigen geführt zu werden. Lula hatte zum Glück die Einsicht, dass er am besten alles so lässt, wie es sein hervorragender Vorgänger eingerichtet hat. Das ist jetzt aber lange her, und nun muss wieder einer ran, der weiss, was er tut. Und das ist nicht Dilma.
natürlich „muss“ man für minderheiten und schwächen wählen und konstnat in der vvordergrund stellen. denn nur so können frraktionen der bevölkerung , den leistungsststarken sagen wie’s laufen soll. alle bitte auf 30% leistung runterschalten (weiterhin 120% steuertechnisch) beitragen (fairness) und selber nicht einmal kindergeld erhalten. es lohnt sich heute weniger zu bieten und gar nicht mehr teilzunehmen. warum? der staat generiert sich aus den verschiedensten minderheiten selber zu einem grossen „ganzem“ , wo dann neu umverteilt und vorallem neue büros und beamte entstehen. helfen wir also alle dem wasserkopf sich selbst und nicht den bürger zu betreuen. weg von selbstständigkeit und eigenverantwortung , hin zu zentralistischem apparat. früher hiess dies moskau od. peking und war kommunismus.