Der chinesische Konquistador
Es gab Zeiten, da wanderten Chinesen in den Westen aus, um sich da in eigenen Quartieren niederzulassen, in Chinatowns mit chinesischen Restaurants, chinesischen Billigläden, Boutiquen mit chinesischer Mode – in ihrem China fernab von China. Meist taten sie das anonym, schier unheimlich diskret. Früher.
Als der Unternehmer Wang Jianlin (王健林) aus Sichuan, 59 Jahre alt, jüngst in Madrid landete, erwarteten ihn da politische und gesellschaftliche Honoratioren aus dem spanischen Establishment, führten ihn zum Essen ins schwülstige Teatro Real, hofierten und charmierten ihn. Es soll auch Schinken und Flamenco gegeben haben, die ganze Folklore. Und als dann die Desserts serviert wurden, sagte einer der Gäste, Wang sollte sich unbedingt eine Immobilie ansehen, die zu haben sei, ein mächtiges Relikt aus besseren Zeiten mit viel Potenzial für die Zukunft: das neobarocke Edificio España, erbaut 1953, 117 Meter hoch und von eindrücklicher Wucht, einst Europas höchstes Gebäude. Es rottet schon lange leer vor sich hin, mitten in Madrid, als Mahnmal des eingestürzten Baubooms.
Wang liess sich überreden, nach dem Essen fuhr man hin. Er schaute sich den Bau kurz an, schlief eine Nacht drüber und kaufte ihn für 265 Millionen Euro. Wenn alles nach Plan läuft, und das tut es bei Wang offenbar immer, dann entsteht im Edificio España eines dieser Wang-Center mit Fünfsternehotel, Kinos und Luxusboutiquen.
166 Einkaufscenter, 1250 Kinos
Nun muss man dazu wissen, dass Wang Jianlin einer der reichsten Chinesen ist, wenn nicht gar der wohlhabendste überhaupt mit einem geschätzten Privatvermögen von einem bis zwei Dutzend Milliarden Dollar. Gross wurde er in armen Verhältnissen, wo es manchmal nicht genug zu essen gab, ging zur Armee, machte ein bisschen Karriere in der Kommunistischen Partei und baute dann einen Milliardenkonzern auf. Aus dem Nichts. So wenigstens geht die Legende. Seine Wanda Group (ihr Twitter-Kanal hier, ihr Facebook-Profil hier) unterhält mittlerweile 166 Einkaufscenter, 55 Nobelhotels, 84 Karaokeclubs und 1250 Kinos. Seit Wang kürzlich eine amerikanische Kinokette aufkaufte, ist er der weltgrösste Kinobetreiber. Allein 2013 schuf die Wanda Group 108’000 neue Stellen, er beschäftigt nun 539’000 Mitarbeiter.
Das ist die neue Welt. Sie kommt nicht mehr in den Westen, um sich da zu verstecken. Sie kommt, um zu investieren, Träume zu stiften von Business und Jobs, laut und grell. Spanien ist besonders empfänglich für solche Träume. Wang soll bei seinem Besuch auch öffentlich gesungen haben. Es heisst, er habe einen ansprechenden Tenor. Vor allem aber hat er Pläne mit Spanien. Vor den Toren Madrids will er einen grossen Vergnügungspark bauen, wie ihn vor ihm Sheldon Adelson, der Magnat von Las Vegas Sands, schon einmal skizziert hatte. Eurovegas hiess das Projekt. Adelson liess dann davon ab, weil die Spanier ihre Gesetze nicht verbiegen wollten für das zwielichtige Paradies. Der Chinese hat wohl mehr Garantien erhalten. In diesen Tagen soll der Standort bestimmt werden.
«Wir sind Chinesen, keine Araber»
Und dann hat Wang noch ein persönliches Hobby, das sich geradezu prächtig mit Madrid vermählen lässt: Er liebt Fussball, Real Madrid noch etwas mehr als Atlético de Madrid. Könnte er, würde er bei Real einsteigen. Es gab schon Gespräche darüber, dass sein Name gegen ein stattliches Entgelt auf der Stadionfassade des Santiago Bernabéu stehen würde. Doch die Verhandlungen scheiterten am Betrag. Wang sagte danach: «Wir sind Chinesen, keine Araber.» Nun investiert er eben 50 Millionen Euro beim hoch verschuldeten Stadtrivalen Atlético und erhält dafür 20 Prozent der Aktien. Da kommt einer ohne jede Ambition auf Anonymität.
Bildstrecke: Das Projekt Eurovegas von Sheldon Adelson
Video: Die Wanda Group stellt sich vor
Quelle: Wanda Group, Youtube
Video: Interview mit Wang Jianlin
Quelle: CCTV News, Youtube
4 Kommentare zu «Der chinesische Konquistador»
Jungs=Knaben oder Buben, wir sind in der Schweiz.
@Ruedi: rächt hesch!
Die Chinsen haben Langzeitziele, der Westen hat vergessen was das ist!
Einziger Unterschied. Er ist allein. Doch die tausenden von Chinesen, welche in Spanien schon seit Jahren ihre Geschäfte betreiben, dürften für Spanien wohl immer noch wichtiger sein, als dieser einzelne Grossinvestor.
Aber was soll’s. Wenn einer mit Geld winkt, so wird er halt als „wichtig“ taxiert. Bei der PP-Regierung sowieso, die hat ja immer offene Brieftaschen……..