Von Chromosomen und schwulen Söhnen

Gegen gleichgeschlechtliche Paare mit allen Konsequenzen: Anhänger der Bewegung «La Manif Pour Tous» verteidigen in Paris ihre Vision der traditionellen Familie, 2. Februar 2014. (Foto: Eric Feferberg/AFP)

Gegen Gleichgeschlechtliche: Anhänger der Bewegung «La Manif Pour Tous» verteidigen in Paris ihre Vision der traditionellen Familie, Februar 2014. (Foto: Eric Feferberg/AFP)

Wie das Leben doch so spielt! Von Raymond Bardet, dem Bürgermeister der französischen Ortschaft Ville-la-Grand bei Genf, Hochsavoyen, 8000 Einwohner, viele Pendler, hätte die grosse Welt abseits von Ville-la-Grand wohl nie etwas erfahren, hätte nicht das Leben eines seiner hübschen Spielchen mit ihm gespielt.

Steht zu seinen Meinungen: Raymond Bardet, Bürgermneister und Vater, im TV-Studio von 8 Mont-Blanc, Juni 2013. (Screenshot: Youtube)

Steht zu seinen Meinungen: Raymond Bardet im Studio von 8 Mont-Blanc, Juni 2013. (Screenshot: Youtube)

Die Geschichte beginnt vor bald zwei Jahren, da setzte in Frankreich ein Kulturkampf sondergleichen ein, ja eine Propagandaschlacht aus weit entfernt gewähnten Zeiten. Manchen Franzosen schien es gänzlich unvorstellbar, dass sich Menschen gleichen Geschlechts ehelichen könnten, wie das die sozialistische Regierung damals einzuführen gedachte. Der Gedanke allein zürnte die zumeist reaktionären und erzkatholischen Gemüter so sehr, dass sie zu Zehntausenden auf die Strasse gingen, rosa und hellblaue Fähnchen schwenkten, die Standarten der «Normalität», und nicht weniger als das Ende der Menschheit heraufbeschworen, das nun dräute.

Raymond Bardet ging nicht auf die Strasse, ist nicht seine Art. Doch seine Haltung versteckte er nicht, nein – ça non! Er ist jetzt 72 Jahre alt, da steht man zu seinen Meinungen. Siebenmal haben sie ihn schon zum Bürgermeister von Ville-la-Grand gewählt, zuletzt mit 80 Prozent der Stimmen. Und Bardet findet nun mal, Homosexualität gehe «wider die Natur». Punkt. Nie würde er eine Homoehe zelebrieren in seiner Gemeinde, richtete er aus. Ähnlich rebellisch gaben sich Hunderte anderer Bürgermeister im Land. Man sprach schon davon, dass die Herrschaften gebüsst würden, wenn sie sich dem Geheiss des Staates widersetzten. Egal.

Die Bürger lieben seinen Humor: Bardet gibt zwei männlichen Mitarbeitern der Gemeinde im Januar 2013 seinen Segen. (Foto: ledauphine.com)

Die Bürger lieben seinen Humor: Bardet gibt zwei männlichen Mitarbeitern der Gemeinde im Januar 2013 seinen Segen. (Foto: ledauphine.com)

Als das Gesetz dann in Kraft trat, führte Bardet mit zweien seiner männlichen Mitarbeitern eine kleine öffentliche Parodie auf, eine Verballhornung der Norm, und vermählte sie. Es gibt Bilder der Nummer, einer der Männer trug einen weissen Schleier. Die Regionalzeitung «Le Dauphiné Libéré» schreibt, Bardet sei für seine humoristischen Einlagen bekannt. Es heisst, sein bissiger, schenkelklopfender Humor sei es, der ihm die Gunst der Bürger sichere.

Sogar TF1 berichtete über das Wunder von Ville-la-Grand.

TF 1 berichtete über das Wunder von Ville-la-Grand.

Nun, dann spielte das Leben. Vor zweieinhalb Monaten eröffnete ihm sein Sohn, der schon lange in Paris lebt, dass er schwul sei, dass das nette Mädchen aus dem Heimatort, das man in der Familie schon als künftige Schwiegertochter sah, nur eine gute Freundin sei, dass er nämlich einen Lebenspartner habe, einen Mann, dass er den gerne heiraten würde, dass er froh wäre, wenn er, Raymond Bardet, sein Vater und Schenkelklopfer, sie trauen würde. Im Gemeindehaus von Ville-la-Grand, vor allen und jedem.

Und so kam es, dass Bardet vor einigen Tagen seinen ideologischen Absolutismus über Bord warf, sich die trikolore Schärpe über den Kopf zog und von seinem Sohn und dessen Liebe, zweimal hellblau, zweimal männlich also, das Ja-Wort einforderte.

In den sozialen Netzwerken wird ihm nun gehuldigt, die Opposition lobt ihn für die Einsicht, sogar der grosse Fernsehsender TF 1 berichtete über das Wunder von Ville-la-Grand. Ein Wunder? Bardet philosophiert weiter auf schmalem Grat: «Jeder hat seine Chromosomen», sagt er, «wenn jemand den Weg der Homosexualität wählt, hat er wohl seine Gründe dafür. Doch wer denkt schon daran, dass das in der eigenen Familie passieren würde.» Sein Ding sei das nicht. Den Sohn habe er nur getraut, weil er sein Sohn sei. Wenn der so glücklich werde, dann seis drum. «Ich war übrigens überrascht: Die Hochzeit hatte Klasse, das hätte ich nicht erwartet.» Es ist eben doch höchstens ein halbes Wunder, allerhöchstens.

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17 Kommentare zu «Von Chromosomen und schwulen Söhnen»

  • Wenn Franzosen, oder andere Menschen auf die Strasse gehen um gegen die Homo-Ehe und für die Familie protestieren, hat dies einen schwerwiegenden Hintergrund. Mit der Home-Ehe oder überhaupt mit der Homosexualität hat das aber absolut nichts zu tun. In Gemeinschaften egal welcher Natur, fühlen sich Menschen sicher und geborgen. Familien werden ohne Angst vor der Zukunft gegründet und Kinder werden keine Armutsfalle, da die Gemeinschaft ihr den Rücken stärkt. Früher waren das Dorfgemeinschaften mit der Kirche im Zentrum. Auch in diesem Fall ist es egal welche Kirche im Dorf stand. Es geht um ein grundsätzliches Lebensgefühl, dass die Gemeinde am Leben erhalten hat. Sekten, politisch oder religiös oder beides haben dies erkannt. Solange sie gegen Aussen nicht aggressiv auftreten und im Innern nicht eine Diktatur aufbauen ist das soweit in Ordnung. In der sogenannten Globalisierung ist dieses Gemeinschaftsgefühl, besonders im Westen völlig auseinander geflogen. Die Kirchen haben sich selbst disqualifiziert und haben durch ihre Sturheit den Kitt aufgelöst der die Gemeinschaft zusammengehalten hat. Vielleicht wollen die Muslime so verzweifelt an ihrer Gemeinschaft festhalten, da sie aus den gleichen Gründen der Globalisierung auseinanderzubrechen droht. Leider auch mit der gleichen falschen Reaktion darauf, die des armen Sündenbockes. Dies könnte den Hass auf uns erklären, wenn auch nicht gut zu heissen. Arbeitsplätze waren auf Jahre gesichert, auch für weniger begabte Menschen. Lange
    1. August 2014 um 12:47
    Im Prinzip gilt eine alte und trotzdem aktuelle Bibelweisheit: Tue niemandem etwas an was Du selber nicht magst. Jedem dieser Selbstgerechten Ignoranten könne das gleiche passieren. Was dann? Die eigenen Kinder verstossen nur um unwissenden und primitive Menschen einen gefallen zu tun? Darum alle Achtung für diesen Mann der seinen populistischen Irrweg eingesehen hat. Dies noch als Politiker. Wow, kaum zu glauben! Da kenne ich Familien die haben ihre Kinder verstossen, nur um irgend welchen obskuren Menschen zu gefallen. Wer es nötig hat andere Menschen zu unterdrücken hat selbst ein grosses Problem und sollte zuerst in den Spiegel kucken. Sich diesen kranken Menschen unterzuordnen und die eigenen oder zukünftigen Kinder zu drangsalieren ist jedem guten Menschen unwürdig, der ein Herz und einen eigenen Verstand besitzt. Antworten
    Zeit hatte der Staat mit einem sozialen Netz die Sicherheit vor dem Absturz übernommen. Somit hatten wir auch eine höhere Geburtsrate und die Alterspyramide hatte nicht diese entsetzliche Ausbuchtung an der Spitze. Durch das “vereinigte” Europa sind viele soziale Strukturen durcheinander geraten. Jetzt liegt es in der Verantwortung der Politiker so schnell wie möglich wieder die soziale Sicherheit herzustellen und gleichzeitig das Zusammenhalte-Gefühl der Europäer zu stärken. Leider gibt es Kräfte in jedem Land, die diese unsichere Zeit für sich ausnutzen und ihr eigenes egoistisches Süppchen kochen. Auch sind viele Politiker, wenn nicht gekauft oder von diesen negativen Kräften korrumpiert völlig überfordert. Denn das auch teilweise überforderte Volk hört gerne auf die bösen Einflüsterer und sucht sich schnell einen Schuldigen, den sogenannten Sündenbock. Dieses arme Tier ist in der christlichen Religion tief verankert. Irgend jemand muss Schuld sein, nur nicht die Umstände. Wenn Haustiere erkrankten waren es die Hexen, bei einer Dürre die Juden und bei Arbeitsplatz Mangel die Ausländer. Diese Unfähigen oder Profitgeilen Kräfte sind natürlich froh wenn das Volk auf den dargebotenen Sündenbock schiesst, so können sie in Ruhe ihre Geschäfte abwickeln die in der Regel nicht der Allgemeinheit dienen. Homosexuelle haben nicht so viele Sorgen da sie zwangsweise nur für sich selbst sorgen müssen. Partnerschaften haben es da noch viel feiner. Darum werden sie beneidet und müssen den Kopf hinhalten, da diese Gemeinschaft unfruchtbar ist und scheinbar sorgenlos leben kann. Ganz anders bei Familien die sich in einer völlig unsicher gewordenen Welt abrackern müssen und mit Kindern in eine schwarze Zukunft sehen. Der Staat ist wenn es um soziale Probleme geht pleite. Nur bei den Banken da sprudelt die staatliche Kasse. Die Kirchen kämpfen um ihre Deutungshoheit und um die verlorene Ehre. So fühlen sich Familien in zerstörten oder im Wandel befindlichen Gemeinschaften im stich gelassen. Schnelle Lösungen wir es nicht geben, wir können aber den gewählten Politkern auf die Finger schauen. Einflüsterer die Hass und Unfrieden gegen irgend Jemanden oder Etwas säen, die rote Karte zeigen. Homo-Ehen zulassen und sie ruhig Kinder adoptieren lassen, so lernen sie die Probleme der Familien besser kennen. Und zuguterletzt den Politikern helfen unser Europa weiterzubringen um gemeinsame soziale Werte zu schaffen, die allen Bewohnern dienen. Es wird die perfekte Gesellschaft oder Staat nie geben, aber es soll unser aller Ziel sein so nahe wie möglich an diese Utopie ranzukommen. Der Sündenbock ist da wirklich nicht gefragt, lassen wir ihn am leben
    und seine Freiheit geniessen. So werden wir früher oder Später unsere Freiheit bekommen und auch wieder mehr Kinder, Homosexualität hin oder her!

  • Im Prinzip gilt eine alte und trotzdem aktuelle Bibelweisheit: Tue niemandem etwas an was Du selber nicht magst. Jedem dieser Selbstgerechten Ignoranten könne das gleiche passieren. Was dann? Die eigenen Kinder verstossen nur um unwissenden und primitive Menschen einen gefallen zu tun? Darum alle Achtung für diesen Mann der seinen populistischen Irrweg eingesehen hat. Dies noch als Politiker. Wow, kaum zu glauben! Da kenne ich Familien die haben ihre Kinder verstossen, nur um irgend welchen obskuren Menschen zu gefallen. Wer es nötig hat andere Menschen zu unterdrücken hat selbst ein grosses Problem und sollte zuerst in den Spiegel kucken. Sich diesen kranken Menschen unterzuordnen und die eigenen oder zukünftigen Kinder zu drangsalieren ist jedem guten Menschen unwürdig, der ein Herz und einen eigenen Verstand besitzt.

  • peter sagt:

    meine herren, ich muss mich mal einmischen als deutscher, in ihrer Zeitung.
    sie reden alle an der Wirklichkeit vorbei.
    34 mill. menschen tragen den HIV Virus in sich. viele Millionen sind bereits verstorben.
    was gibt es dann positives über das Thema Homosexualität zu berichten?
    was ist denn so interessant an den homosexuellen männern die Verantwortung tragen am Tod von Millionen menschen, von denen der grösste teil garnicht homosexuell war und ist?
    warum eine regenbogenfahne für kranke menschen ohne verstand?
    was passiert wenn in ihrer Familie ein Mitglied nach hause kommt und sagt: ich bin HIV infiziert?
    bloss mal nachdenken bitte. nicht mehr. grüsse aus dem deutschen westerwald

    • peter: In welcher Zeit leben Sie eigentlich? Heterosexuelle, da sie die Mehrheit sind treiben die HIV-Rate vermutlich mehr in die Höhe. Jeder Mann/Frau der/die sexuell tätig sind, sollen und müssen es mit dem nötigen Wissen und dem Verstand tun. Hier liegt der Hase im Pfeffer. Unwissenheit und sträfliche Unvorsicht von allen Beteiligten ist die Ursache des Dramas. Vor allem Ihre Meinung ist lebensgefährlich, weil sie suggeriert nur Schwule übertragen das Virus und Heteros sind, welch ein Wunder davon ausgenommen. Diese Meinung am Anfang von AIDS verursachte viel verlorene Zeit und der Virus, beileibe keine Gottesstrafe konnte sich unvermindert verbreiten. Diese Krankheit ist keine Gottesstrafe und kann mit einfachen Mitteln und Verhalten verhindert werden. Im Gegensatz zu Ebola, dass zur Zeit in Afrika wütet. Da geht man ja auch nicht von einer Gottesstrafe aus, obwohl es eher verständlich wäre bei diesem Morden in Gotte Namen, in diversen Ländern.

    • Mimo Sella sagt:

      Ja Peter, ich finde es ziemlich schwierig, wenn nicht sogar gefährlich, dass eine grosse Mehrheit immer noch davon ausgeht, dass sich das HI Virus in unseren Breitengraden hauptsächlich unter Schwulen weiter verbreitet.

      Hat sich jemand schon mal überlegt, dass Homosexuelle Männer sich einfach viel REGELMÄSSIGER und ÖFTER testen lassen, auch wenn sie Safer Sex haben? Sie sind sich ihrer Verantwortung ihren Mitmenschen gegenüber viel mehr bewusst.

      Auch Heterosexuelle treiben es inzwischen ziemlich bunt und wild….wie oft dann wohl ein Gummi benutzt wird..?? Ich wage nicht daran zu denken!

      Ich kenne leider viele Heterosexuelle, die unter anderem aus Feigheit noch NIE einen HIV Test gemacht haben, aber mit wechselnden Partnern/Partnerinnen sexuell aktiv sind und sehr oft dann eben ungeschützt! Ganz im Gegensatz zu jedem Homosexuellen, den ich kenne!!

      Und es geht ja auch nicht nur um HIV, sondern um diverse andere Geschlechtskrankheiten, die wenn zu spät bemerkt auch zum Tod führen können.

      Peter, haben Sie denn schon mal einen HIV Test gemacht? Und wenn Ja, wie lange ist das her?

  • licht_blitz sagt:

    Wer andern eine Grube gräbt ….

  • Sascha Lang sagt:

    Tja Monsieur le maire. Wie ist nun das Gefühl wenn eigene Spermien Schwul sind?

  • adam gretener sagt:

    Solchen Leuten wünsche ich, dass der Sohn mit seinem Partner Vierlinge adoptiert, schwarz, jüdisch und schwul dazu.

    • Sama sagt:

      Ich auch – aber dann denke ich daran, das ich adoptierten, schwarzen, jüdischen, schwulen Vierlingen eine Familie wünsche, in denen sie willkommen geheissen werden und das sie es nicht mit solch einem Grossvater aushalten müssten…

    • Mind Dust sagt:

      Und Ihnen Herr Gretner wünsche ich, dass Ihr Sohn zu einem kleinen Raymond Bardet heranwächst.

    • Markus Schneider sagt:

      Und ich wünsche solchen Leuten, dass sie dann krank und von der Sozialhilfe abhängig werden und im Oberelsass leben müssen. Was reden Sie eigentlich für einen Mist daher, Herr Gretener? Als ob alles Glück der Erde sich in den Begriffen schwarz, jüdisch und schwul ausdrücken liesse. Dabei haben Sie doch links vergessen.

      • Meret sagt:

        Danke, Markus, jetzt weiss ich wieder, warum ich mich nicht dazu hinreissen lassen sollte, Kommentare zu lesen. Deiner ist gehässig, beleidigend, am Thema vorbei und daher völlig unnötig.

      • adam gretener sagt:

        Sie haben schon verstanden, mit einem Augenzwinkern, dass ich das dem Bürgermeister wünsche?

        • Rüdiger sagt:

          Ihr Vergleich hinkt Herr Gretener. Jüdisch oder Schwarz ist man. Schwul wird man (weil Säuglinge/Kleinkinder ja nicht von anfang an fornikieren). Also sollte ziemlich schwer sein ein Vierlings-Quadrupple-Grüppchen zu finden, wo einer davon schon schwule Neigungen zeigt (ausser es ist der Über-Früh-Zünder)… Und anderen böses Wünschen, wenn sie auch so abstruss sind wie Monsieur le Maire, ist schon ein bisschen leichtgewichtig…

  • David sagt:

    «wenn jemand den Weg der Homosexualität wählt, hat er wohl seine Gründe dafür.» – Wenn es eine Entscheidung ist: zu welchem Zeitpunkt in seinem Leben hat Herr Bardet sich selber denn gegen die Homosexualität und für die Heterosexualität entschieden? Irgendwie gabs bei mir nie so einen Wahlmöglichkeit… ??

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