Das grosse PDF

Webflaneur am Dienstag, den 11. September 2012

Die Kollegin ist verzweifelt. «Wie macht man aus vielen Dateien eine einzige?», fragt sie hastig. Der Webflaneur guckt sie fragend an. Worum es genau gehe, will er wissen. Da wird die Kollegin etwas ruhiger. Sie erklärt: Demnächst müsse sie ein Dossier einreichen. Alles liege bereit – verstreut über viele PDF-Dateien. Hochladen dürfe sie indes nur eine: ein PDF mit vielen Seiten.

«Du könntest die teure Vollversion von Adobes Acrobat-Programm kaufen», sagt der Webflaneur und grinst. «Gibt es keinen anderen Weg?», fragt sie. «Doch, doch», antwortet er. «Gib mal her.» Er behändigt den USB-Stick, den sie ihm hinstreckt und stöpselt diesen an sein Notebook an. Auf dem Stick liegen die PDF-Dateien bereit, fein säuberlich beschriftet. Nun brauche er etwas Kleines, Schwarzes und extrem Starkes, sagt er. «Espresso?», fragt sie. «Die Kommandozeile», sagt er. Mit einigen Kommandos hangelt er sich auf dem schwarzen Grund ins richtige Verzeichnis. Dann tippt er den entscheidenden Befehl ein: «pdftk *.pdf cat output allesineinem.pdf». Der Kollegin, die ihm über die Schulter guckt, ist das suspekt. Doch der Webflaneur lässt sich nicht beirren. Eine Minute dauert das Prozedere. «Et voilà», sagt er dann, öffnet das neu generierte PDF, wirft einen flüchtigen Blick auf dessen Inhalt, schliesst es wieder. Er zieht den Stick ab und überreicht ihn mit einer leichten Verbeugung.

«Rums», sagt die Kollegin. Der Webflaneur schaut sie fragend an. «Das ist der Stein, der mir vom Herzen gefallen ist», sagt sie und bedankt sich überschwänglich. «Alleine hätte ich das nie geschafft.» – «Doch, doch», antwortet der Webflaneur. Für das PDF-Toolkit, das er benutzt habe, existiere auch eine grafische Oberfläche für Windows. Herunterladen könne sie diese von der Website des Programmierers. Aber via Kommandozeile sei man halt schneller und flexibler. «Mit der Kleinen, Schwarzen und extrem Starken», fährt die Kollegin fort. Und sie fragt: «Jetzt aber Espresso?»

Eine eigene Wolke

Webflaneur am Dienstag, den 21. August 2012

Ihre Daten gehörten ihr, ruft sie aus. Und sie sagt es nochmals klipp und klar: «Ich hänge weder meine Fotos noch mein Adressbuch ins Internet.» Der Webflaneur, der seine Kollegin bloss kurz beim Kauf eines Smartphones beraten wollte, schluckt leer. «Ein Smartphone ohne Anbindung an die Datenwolke taugt nicht viel», sagt er. Ganz abkoppeln lasse es sich nicht, bloss ein bisschen. Damit verzichte sie aber auf Annehmlichkeiten: Sollte das Smartphone abhanden kommen oder kaputtgehen, verliere sie die darauf gesammelten Kontakte, ihre damit gemachten Fotos, die empfangenen Nachrichten. Es sei denn, sie kopiere diese von Hand auf den PC, was ohne Onlinespeicher umständlich sein könne. Die Kollegin bleibt dabei: «Meine Daten gehören nicht ins Netz», sagt sie.

Vielleicht lasse sie sich auf einen Kompromiss ein, sinniert der Webflaneur nach der missglückten Beratung: Statt die Kollegin komplett bei Google oder Apple anzuhängen, könnte er ihre Daten in einer persönlichen Datenwolke speichern. Sofort macht er sich an die Arbeit: Er mietet einen Platz auf einem Zentralrechner und eine Internetadresse. Dann lädt er die Software von Owncloud.org herunter. Er kopiert sie auf den Server, versucht sie zu installieren. Doch er scheitert vorerst; nötig ist ein Update des Webservers. Nach intensivem Pröbeln während einiger halber Nächte klappt es doch noch: Die eigene Datenwolke hebt ab. Der Webflaneur erfasst einige Kontakte, trägt Termine in die digitale Agenda ein, schickt Fotos und Textdateien in die Wolke. Dann installiert er auf dem Smartphone die Owncloud-App. Sie bietet in der ersten Version erst einfache Funktionen: Dateien lassen sich hoch- und herunterladen; neue Fotos auf Wunsch automatisch.

Halbwegs zufrieden lehnt sich der Webflaneur zurück. In diesem Moment ruft die Kollegin an. Sie möchte sich entschuldigen, sagt sie – wegen ihrer Borniertheit in Sachen Cloud. Mittlerweile sei sie zur Einsicht gelangt: Google Drive und Apples iCloud seien voll in Ordnung.

Als sie dies sagt, fällt der Webflaneur aus allen Wolken.

Die Postkarte

Webflaneur am Dienstag, den 31. Juli 2012

Das Foto zeigt einen schönen Sandstrand. Dieser liege gleich unterhalb ihres Hotelzimmers in Spanien, schreibt die Ferientechnikerin. Sie schwärmt vom palmengesäumten Pool, dem traumhaften Wetter und den piekfeinen Restaurants. So sehr der Webflaneur ihr die offenbar gelungenen Ferien auch gönnt – etwas neidisch ist er schon. Schliesslich hält er im Büro die Stellung, während sie und schätzungsweise die Hälfte der Stadtbewohner sich an irgendwelchen Stränden suhlen. Als die Ferientechnikerin kurz darauf auch noch ein Bild einer stimmigen Tapasbar nachliefert, reisst dem Webflaneur der Geduldsfaden. Er wünscht sie zurück in den Stollen. Er wettert übers schlechte Berner Wetter. Und er schmiedet einen perfiden Plan.

«Nach interessanten Exkursionen hier in Bali geniesse ich einige entspannende Tage am Strand», schreibt der Webflaneur in das Formular, das er unter Touchnote gefunden hat. Von dort können richtige Postkarten derzeit kostenlos verschickt werden. Er hätte geradeso gut einen der zahlreichen anderen Postkartenversand-Dienste benutzen können, etwa Swisspostcard der Post, wo die Karte 2.50 Franken kostet, jenen von Postalo (1,80 Euro), Pokamax (2 Euro) oder Postkarten-fabrik (1,90 Euro). Sogar vom Handy aus könnte er echte Postkarten verschicken; dank Applikationen wie Touchnote, Postagram oder Postcard on the Run ist das ganz einfach. Da der Webflaneur aber sowieso am PC sitzt, tippt er lieber auf der richtigen Tastatur. Er lädt das allerschönste Traumstrandbild hoch, das er im Web finden konnte. Dann lässt er der Ferientechnikerin die Postkarte zuschicken. Dass darauf keine indonesische Marke klebt, möge sie übersehen, hofft er.

Eine Woche darauf flattert dem Webflaneur eine Postkarte in den Briefkasten, gezeichnet von der Ferientechnikerin in Spanien. Bloss zwei Details irritieren ihn ein bisschen: Die Nachricht ist in Druckschrift gesetzt. Und die Marke ist eine deutsche.

Späte Revanche

Webflaneur am Dienstag, den 17. Juli 2012

Die Schulkollegen nahmen ihn gerne auf die Schippe: «Gut Ding will Weile haben», spotteten sie, während der Webflaneur Buchstaben für Buchstaben zu Papier brachte. «Schreiben! Nicht zeichnen!», kommandierten sie. Sie forderten ihn auf, er möge sich bitte zurückmelden, sobald er den Buchstaben fertiggestellt habe. Oder sie folgten mit den Augen gemächlich einem Schriftzug, während sie flöteten: «Das nimmt langsam Formen an.»

Zugegeben: Der Webflaneur war ein langsamer Schreiber. Wenigstens kassierte er ab und zu ein Lob für seine schöne Schrift. Und es erfüllt ihn mit Genugtuung, wenn er mit einem halb so langen Aufsatz dieselbe Note holte wie sein Lieblingsgspändli, die Schnell- und Vielschreiberin.

«Doch das sind Tempi passati», schreibt der Webflaneur nun in einem langen Brief an die damalige Schnellschreiberin. Mittlerweile schreibe er schneller als sie, prahlt er. Er streicht die «bemerkenswert regelmässigen Lettern» hervor; sie habe diese sicherlich bereits gewürdigt. Genauso wie die gute Lesbarkeit der Handschrift. «Ich wüsste es schliesslich auch zu schätzen, wenn das Dechiffrieren deiner Worte einfacher wäre.»

Unter uns: Der Webflaneur mogelt. Er schreibt den Brief nicht von Hand sondern am Computer – mit der Schrift, die er bei Myscriptfont machen liess. Er musste dazu lediglich ein Formular herunterladen, ausfüllen, einscannen und hochladen. Kurz darauf erhielt er «seine» Schrift, die er dann in den richtigen Ordner des Betriebssystems kopierte. Dass er mogelt, verrät er der Schnellschreiberin natürlich nicht. Und er hofft, dass sie diese Zeilen hier nicht liest.

Aushilfsnavigator

Webflaneur am Dienstag, den 3. Juli 2012

Die Kollegin schaut ihn tadelnd an. «Du hast tatsächlich deinen gesamten Gerätepark in die Ferien mitgeschleppt?», fragt sie. Der Webflaneur nickt etwas verlegen. Im Rückblick hätte er wohl besser aufs Notebook verzichtet, sagt er dann. Und er fügt an: «Ohne Smartphone wäre ich aber verloren gewesen.» – «Nun übertreib mal nicht», sagt sie. Er habe das Smartphone sehr oft gezückt, um den richtigen Weg zu finden, erzählt der Webflaneur. Sie wirft ein: «Bloss um festzustellen, dass das ohne Internetzugang auch nicht glückt.» Der Webflaneur schüttelt den Kopf. «Das war einmal», sagt er. Mittlerweile gebe es Karten, die sich direkt auf dem Gerät speichern lassen – nebst den eher teuren der bekannten Hersteller von Navigationsdiensten und – unter Android – jenen von Google existierten auch freien Kartendaten. Ihm genügten diese.

Er habe auf dem Android-Smartphone in diesen Ferien vor allem die App Osmand benutzt, sagt er. Diese tauge sowohl als Stadtplan für Fussgänger als auch zum behelfsmässigen Autonavi. Alternativ hätte er für Letzteres auch auf Mapfactor Navigator oder Zanavi setzen können. Mit ihrem iPhone könne sie es einmal mit GPS Navigation 2 von Skobbler versuchen; pro Landeskarte würden dort aber 4 Franken fällig. Mit Offmaps2 hingegen koste die Stadt respektive ein Gebiet rund 30 Rappen. Dafür erhalte sie eine schön gemachte Karte, allerdings ohne Navigationsfunktion. Es gebe noch zahlreiche weitere Apps, fährt der Webflaneur fort. «Guck dich mal im Store um.» All die erwähnten Applikationen nutzten die Daten von Openstreetmap, der «Wikipedia der Landkarten». Die Gegend, in der er herumgetingelt ist, sei bereits vorbildlich erfasst. «Pass aber auf: Anderorts gibts noch einige Lücken und Fehler.»

Die Kollegin bedankt sich artig für die Ausführungen. Anfangen könne sie damit aber nichts, sagt sie dann. Denn sie plane Ferien mal ganz ohne Geräte – und mit einer echten Landkarte.

Passwortklau

Webflaneur am Mittwoch, den 13. Juni 2012

Eigentlich wollte der Webflaneur an diesem Abend gemütlich abhängen: Er wollte sich zurücklehnen, ein bisschen surfen und chatten. Doch da stolpert er über eine aktuelle Meldung: Bei LinkedIn, dem grossen Geschäftsnetzwerk, seien Login-Infos geklaut worden, liest er. Und nicht nur dort: Beim Musikdienst Last.fm und bei der Datingplattform eHarmony sei Ähnliches passiert. Die Listen mit Millionen sogenannter Hashes — also Passwörtern in verschlüsselter Form– würden in zwielichten Ecken des Internets gehandelt. Mit Geduld und genügend Rechenleistung liessen sich daraus die eigentlichen Passwörter extrahieren.

Das liest der Webflaneur. Ihm wird angst und bange. Denn er besitzt sowohl bei LinkedIn als auch bei Last.fm ein Konto. Mehr noch: Der Einfachheit halber hat er beiderorts dasselbe Passwort gewählt – jenes, mit dem er sich auch anderorts einloggt.

Der Webflaneur verbringt den Rest des Abends notfallmässig mit Aufräumen. Er besucht alle Websites, bei denen er das Passwort benutzt hat, und ändert den Zugangscode. Und dieses Mal macht er es richtig: Er heckt einprägsame Passwörter aus, die schier unmöglich zu erraten sind und die in keinem Wörterbuch stehen. Wie das geht? Ganz einfach: Er wählt einen Satz wie «Der Webflaneur surft bis spät in die Nacht bei LinkedIn herum!». Nun nimmt er die Anfangsbuchstaben der Wörter und garniert diese mit einigen Sonderzeichen. So entsteht aus dem Satz sein neues Passwort «DWsbsidN_8bLIh!». LinkedIn lässt sich dabei durch einen anderen Namen ersetzen. Nun sollte er auf der sicheren Seite sein, sagt sich der Webflaneur.

Allerdings wird ihn das nicht davon bewahren, dass er das eine oder andere Passwort bald abändern muss. Deshalb wird sich der Webflaneur wohl auch in Zukunft einige Passwörter notieren müssen. Er wird diese in einer Textdatei speichern — in einer gut verstecken und mit einem weiteren unknackbaren Passwort gesicherten.

Insidertipp

Webflaneur am Donnerstag, den 7. Juni 2012

Es ist zum Verzweifeln: Zwar gibt es in der Grossstadt, in die der Webflaneur zu reisen gedenkt, Tausende von Hotels. Trotzdem findet er kein passendes. Entweder sind ihm die Etablissements zu teuer; da er seine Zeit vorab in den Strassen der Stadt zu verbringen gedenkt, will er fürs Hotel nicht allzu viel auslegen. Oder aber: Die Unterkünfte scheinen ihm zu billig, zu schmuddelig, zu altbacken. Stundenlang sucht der Webflaneur nun schon nach einem günstigen, aber spannenden Hotel. Vergeblich.

Der Zufall will es, dass in exakt jenem Moment eine Medienmitteilung in seinen digitalen Briefkasten flattert. Wie man in einer fremden Stadt eine angesagte Bar, ein passendes Restaurant oder ein gutes Hotel finde, wird darin gefragt. Und die Antwort wird gleich nachgeliefert: indem man im Freundeskreis herumfrage. Genau dies sei nun mit Google+ Local im virtuellen Raum möglich: Der neue Dienst, der in die Websuche, in Maps und ins soziale Netzwerk Google+ integriert worden ist, soll die Ausgehempfehlungen der Freunde bündeln. Damit diese nicht bei null anfangen müssen, hat Google schon mal die Datenbank der im Herbst aufgekauften Firma Zagat eingelesen.

Der Webflaneur probiert Google+ Local aus. Doch spannende Insidertipps für seine Reise findet er über den noch jungen Dienst keine. Und so macht er schliesslich, was ihm in der Medienmitteilung empfohlen wird: Er fragt Freunde nach Tipps. Er tut dies aber direkt auf Facebook, Twitter und Google+.

Lohnschreiber

Webflaneur am Mittwoch, den 23. Mai 2012

Die Zeit rast. Längst sollte der Webflaneur das Interview zu Papier gebracht haben. Schliesslich muss er es noch aus dem Englischen ins Deutsche übersetzen, redigieren, kürzen und zum Gegenlesen schicken. In solch einem dringenden Fall nehme er besser eine Abkürzung, sagt er sich. Er hat bereits eine Idee: Eine Spracherkennungssoftware soll automatisch transkribieren.

Sofort macht sich der Webflaneur auf die Suche nach einer passenden Software. Mehrmals glaubt er sein Ziel fast erreicht zu haben. Doch stets scheitert er in letzter Sekunde kläglich: Entweder ist die Software zu teuer. Oder sie ist kompliziert und müsste lange trainiert werden. Schliesslich zieht der Webflaneur die Notbremse. Denn die Zeit rast. Schon sieht er sich die halbe Nacht am PC sitzen. Ausser: Er engagiert eine Hilfskraft.

So einfach ist das auch nicht, stellt der Webflaneur bald fest. Entweder verkaufen die Transkriptoren ihre Arbeit zu teuer für seine Zwecke. Oder aber: Sie arbeiten zu wenig schnell. Doch da hat er eine andere Idee: Er könnte es mit Mechanical Turk von Amazon probieren – einem Dienst, über den man einfache, aber umfangreiche Arbeiten bequem «crowdsourcen» kann.

Der Webflaneur probiert es aus. Zuerst muss er indes eine Hürde nehmen: Der Dienst wird nur in den USA angeboten. Kein Problem, sagt er sich, und bittet kurzerhand eine Kollegin um Asyl. Anschliessend beschreibt er, was die Angestellten tun sollen. Er schneidet die Tonaufnahme in Häppchen von je fünf Minuten, lädt diese auf einen Server und verlinkt sie. Dann legt er den Preis fest; er versuchts mal mit 2.50 Dollar pro Häppchen. Nun können die Arbeiter loslegen. Der Webflaneur fährt derweil den Computer herunter und legt sich schlafen. Tags darauf guckt er sofort nach. Und tatsächlich: Während er seelenruhig schlief, haben Heinzelmännchen das Interview transkribiert.

Zugegeben: In der Zeit, die er fürs Suchen und Vorbereiten gebraucht hat, hätte er den Text auch selber transkribieren können. Dafür hätte aber hier ein Loch geklafft.

Zwei in einem

Webflaneur am Dienstag, den 1. Mai 2012

Er möchte zwei Betriebssysteme miteinander vergleichen, sagt ein experimentierfreudiger Kollege. «Kein Problem», antwortet der Webflaneur: Entweder installiere er die beiden Systeme gleichwertig nebeneinander. Oder aber: Er installiere eines in einer virtuellen Maschine im anderen drin. Der Kollege runzelt die Stirn. «Was ist der Unterschied?» In der praktischen Arbeit gebe es einen grossen, sagt der Webflaneur: Bei der Parallelinstallation müsse er den Rechner jeweils neu starten, wenn er das andere System benötige. Anders bei der Virtualisierung: Dabei arbeite er mit dem normalen System – und starte bei Bedarf kurzerhand in einem Fenster das zweite. «Stark», sagt der Kollege. «Aber ist das nicht zu kompliziert?» – «Nicht mehr», antwortet der Webflaneur. Trotzdem warnt er, dass man bei solchen Übungen erheblichen Schaden anrichten könne, wenn man nicht wisse, was man tue. Und so ist der Kollege sehr dankbar, als der Webflaneur ihm Hilfe anbietet.

Etwas später sitzen die beiden am Computer. Am Anfang müsse eine Einstellung vorgenommen werden, doziert der Webflaneur: Im Bios sei einzutragen, dass Virtualiserungen O.K. seien. Er startet den PC. Als auf dem Bildschirm der Bios-Hinweis eingeblendet wird, drückt er flugs die genannte Taste und passt die Einstellung an. «Stark», findet der Kollege. Dann startet der Webflaneur den PC normal. Zuerst legt er das Nötige bereit: die Software Virtual Box und das zweite Betriebssystem. Dann installiert und startet er die Virtualisierungssoftware. Schliesslich klickt er an, welches System installiert werden soll. Und er kontrolliert, ob die Software alles richtig eingestellt hat. Sie hat. Kurz darauf rattert im Fenster die Installationsroutine des neuen Betriebssystem durch.

«Stark», sagt der Kollege, als das System wirklich startet. Wenig später nervt er sich trotzdem darüber, nicht parallel installiert zu haben. Denn um zwei Systeme gleichzeitig auf Trab zu halten, ist sein PC offensichtlich etwas zu schwach.

Server auf Zeit

Webflaneur am Mittwoch, den 18. April 2012

Der Webflaneur nervt sich gewaltig. Jetzt gebe er auf, ruft er aus. Und er zieht dem Notebook den Stecker raus. Zwei Tage später – der Webflaneur sitzt bei einem Umtrunk mit Kollegen – sticht ihn der Hafer doch wieder. Er krallt sich den Informatiker und schildert ihm sein Problem: Neulich habe er eine Datenbank erhalten. Gerne würde er sich angucken, was darin gespeichert ist. Bloss gelinge ihm dies nicht. Der Grund sei das Dateiformat: Er besitze lediglich die Back-up-Datei einer Serverdatenbank von Microsoft. Stundenlang habe er nach Kniffen gesucht, wie diese umgewandelt werden könne, sodass sie sich auf einem normalen PC öffnen lasse. Gefunden habe er bloss einige Programme – zu für seine Zwecke zu stolzen Preisen.

«Ohne Server ist wohl nichts zu machen», sagt der Kollege Informatiker. Dann schmeisse er den Bettel definitiv hin, sagt der Webflaneur. «Weshalb?», fragt der Informatiker. «Miete dir doch für einige Minuten einen Windows-Server.» Der Webflaneur guckt ihn fragend an. «Wo denn?» Bei Amazon könne man virtuelle Maschinen mieten, sagt der Informatiker, «genau jene, die man will, und genau so lange, wie man sie braucht».

Zu Hause probiert es der Webflaneur aus. Er schreibt sich bei Amazons Dienst Elastic Compute Cloud ein. Nachdem er einen ersten Kampf mit Sicherheitszertifikaten ausgefochten hat, wird schliesslich die erlösende Frage eingeblendet: Welcher Server soll es sein? Kurz darauf startet Windows. So steht es jedenfalls auf dem Monitor. Doch es dauert noch ein Weilchen, bis der Webflaneur begreift, wie er sich einwählen kann. Stundenlang ficht er dann Kämpfe mit seinem temporären Server aus. «Viel zu kompliziert», murmelt er immer und immer wieder. Und er beginnt sich über «dieses Profizeugs» zu nerven. Jetzt gebe er auf, ruft er schliesslich aus. Fast hätte er dem Notebook den Stecker herausgezogen. Doch genau in dem Moment gelingt das Konvertierungskunststück.

Die Übung bei Amazon kostet den Webflaneur schliesslich einen Betrag im Wert von zwei Tassen Kaffee. Und ein grosses Bier für den Kollegen Informatiker.