Archiv für die Kategorie ‘Technisches’

Die Nachtübung

Webflaneur am Mittwoch den 7. November 2012

Der Webflaneur ist am Anschlag. Denn sein Computer ist es auch: Dieser rechnet und rechnet – so intensiv, dass er zu nichts anderem mehr zu gebrauchen ist. Bis er auf Eingaben reagiert, vergehen Sekunden, manchmal Minuten. Dabei möchte der Webflaneur doch bloss ein bisschen mit seinen Ferienfotos experimentieren, sie ordnen und einzelne davon leicht bearbeiten.

Das Problem: Sein Notebook ist alt. Die Kamera aber, mit der er die Fotos gemacht hat, ist neu. Ihr Sensor vermag ganz viele Punkte einzufangen. So viele, dass die Dateien stattlich gross werden und das Notebook unter der Datenlast ächzt.

Ja, er hätte sich dies früher überlegen und die Fotos in tieferer Auflösung machen können. Er hätte, wenn ein Sujet besonders stimmig war, temporär die Auflösung hochschrauben können. Doch das war ihm zu umständlich. Und er fürchtete, plötzlich gute Fotos in tiefer Auflösung zu haben – sodass er daraus kein Poster oder keine Tapete fabrizieren könnte.

Der Computer rechnet und rechnet. So könne es nicht weitergehen, sagt sich der Webflaneur. Sein Plan: Er archiviert die Fotos zuerst auf einer externen Festplatte. Kopien dieser Bilder speichert er anschliessend auf dem Notebook ab. Diese lässt er dann in einem Rutsch so weit verkleinern, dass er damit fortan zügig arbeiten kann. Sollte er irgendwann doch ein Poster oder eine Fototapete drucken lassen wollen, könnte er immer noch auf die Originale zurückgreifen.
Spät am Abend macht sich der Webflaneur ans Werk. Er lädt ein Programm, das massenweise Fotos bearbeiten kann – etwa XnView oder ImageMagick, die für alle gängigen Betriebssysteme erhältlich sind. Über Nacht lässt er den Computer die Fotos herunterrechnen. Am Morgen dann ist der Webflaneur ausgeruht. Und auch sein Notebook läuft nicht mehr am Anschlag.

Grosse Töne

Webflaneur am Dienstag den 9. Oktober 2012

Bei der Musik mache er keine Kompromisse, sagt der Musikfreund. «In der virtuellen Jukebox muss Ordnung herrschen.» Er macht eine bedeutungsschwere Pause, ergreift das Rotweinglas, nippt daran. Der Webflaneur, der ihm gegenübersitzt, runzelt die Stirn. Darin herrsche automatisch Ordnung, argumentiert er – dank der Metadaten, die in jedem gekauften Musikstück enthalten sind und die in fast jedes selbst eingelesene Stück automatisch hineingeschrieben werden.

Der Musikfreund winkt mit einer ausladenden Handbewegung ab. «Diese sind unbrauchbar», behauptet er. Der Webflaneur kontert: Immerhin stünden der Interpret und der Titel darin. «Damit hats sich auch schon», sagt der Musikfreund. Und er ereifert sich: «Guck dir die undifferenzierten Genrebezeichnungen an! Oder schau mal nach, ob nebst dem Interpreten der Komponist vermerkt ist. Ohne diese wertvollen Infos stellt man keine gute Playlist zusammen.»

«Du spuckst grosse Töne», sagt der Webflaneur. Die Sammlung zu verschlagworten, sei eine epische Übung. «Diese erspare ich mir lieber – und höre derweil in Ruhe Musik.» – «Papperlapapp», sagt sein Gegenüber. Wenn man die richtige Software habe, sei dies im Nu erledigt – mit MP3tag etwa, Easytag oder Puddletag. Der Musikfreund lässt den Rotwein im Glas kreisen. Derweil zückt der Webflaneur sein Notebook und installiert eines der Programme. Dieses liest seine Musikdateien ein und stellt die Metadaten übersichtlich in einer Tabelle dar. Nun könnte der Webflaneur fehlende Beschriftungen einfügen oder bestehende abändern – auf Wunsch bei mehreren Einträgen gleichzeitig. Um den Musikfreund nicht warten zu lassen, probiert er es bloss bei einem aus.

Der Musikfreund wirft beiläufig einen Blick auf den Bildschirm – und verschüttet vor Schreck fast den Wein. Er zeigt auf die Spalte, in der die Bitraten seiner Musikdateien angegeben werden. «Das muss grauenhaft klingen», ruft er aus. «Die Rate muss mindestens doppelt so hoch sein.» – «Dazu reicht der Festplatten-Platz leider nicht», sagt der Webflaneur. «Aber ich weiss: Bei der Musik machst du keine Kompromisse.»

C64

Webflaneur am Dienstag den 25. September 2012

Was man mit diesem «Brotkasten» denn anstellen konnte, fragt die Kollegin. «Brotkasten» klinge etwas despektierlich für einen Computer, der Geschichte geschrieben hat, weist der Webflaneur sie zurecht. Dann erzählt er: Auf dem Commodore C64, der vor 30 Jahren in den Handel kam, habe man vorab gespielt. Und man habe beim Abtippen ellenlanger Listenings aus Magazinen erste Programmiererfahrungen gesammelt. Selbstverständlich habe es auch «seriöse» Software gegeben: Textverarbeitungen etwa und Tabellenkalkulationen. Allmählich wird der Webflaneur sentimental: Er beschreibt das Gerät in der Ludothek, bei dem die vereinbarte Spielzeit nach dem Laden der Software vom Kassettengerät – der Datasette – schon fast abgelaufen war. Und er berichtet von schulfreien Nachmittagen, während denen seine Freunde und er sich als pixlige Olympioniken versucht haben. Einen eigenen C64 habe er leider nie besessen; sein Vater bevorzugte einen PC von IBM. Etwas neidisch auf die günstigeren Geräte der Freunde sei er aber gewesen: wegen der grafischen Games und der avantgardistischen Musik. «Die IBM-Kiste hingegen konnte nur piepsen.»

Wie die C64-Games ausgesehen hätten, fragt die Kollegin. «Ich zeige es dir», sagt der Webflaneur und schreitet zum Rucksack. «Scherzkeks», ruft sie, «du hast keinen dabei». Nein, sagt er. Aber einen normalen Computer. Es gebe Emulatoren, mit denen die alten Programme noch heute abgespult werden könnten: Vice etwa oder Frodo und CCS64. Wer einen solchen zum Laufen bringe, könne – Basteltalent vorausgesetzt – sogar das alte Zubehör ansteuern. «Die Datasette?», fragt sie. «Genau», sagt er. Wer aber bloss C64-Luft schnuppern wolle, probiere besser Nachbildungen aus. Er startet einige Games auf Websites wie C64x.de und C64s.com. Später programmieren die zwei noch ein bisschen in Basic. Und der Webflaneur fühlt sich nochmals ganz schön jung.

Das grosse PDF

Webflaneur am Dienstag den 11. September 2012

Die Kollegin ist verzweifelt. «Wie macht man aus vielen Dateien eine einzige?», fragt sie hastig. Der Webflaneur guckt sie fragend an. Worum es genau gehe, will er wissen. Da wird die Kollegin etwas ruhiger. Sie erklärt: Demnächst müsse sie ein Dossier einreichen. Alles liege bereit – verstreut über viele PDF-Dateien. Hochladen dürfe sie indes nur eine: ein PDF mit vielen Seiten.

«Du könntest die teure Vollversion von Adobes Acrobat-Programm kaufen», sagt der Webflaneur und grinst. «Gibt es keinen anderen Weg?», fragt sie. «Doch, doch», antwortet er. «Gib mal her.» Er behändigt den USB-Stick, den sie ihm hinstreckt und stöpselt diesen an sein Notebook an. Auf dem Stick liegen die PDF-Dateien bereit, fein säuberlich beschriftet. Nun brauche er etwas Kleines, Schwarzes und extrem Starkes, sagt er. «Espresso?», fragt sie. «Die Kommandozeile», sagt er. Mit einigen Kommandos hangelt er sich auf dem schwarzen Grund ins richtige Verzeichnis. Dann tippt er den entscheidenden Befehl ein: «pdftk *.pdf cat output allesineinem.pdf». Der Kollegin, die ihm über die Schulter guckt, ist das suspekt. Doch der Webflaneur lässt sich nicht beirren. Eine Minute dauert das Prozedere. «Et voilà», sagt er dann, öffnet das neu generierte PDF, wirft einen flüchtigen Blick auf dessen Inhalt, schliesst es wieder. Er zieht den Stick ab und überreicht ihn mit einer leichten Verbeugung.

«Rums», sagt die Kollegin. Der Webflaneur schaut sie fragend an. «Das ist der Stein, der mir vom Herzen gefallen ist», sagt sie und bedankt sich überschwänglich. «Alleine hätte ich das nie geschafft.» – «Doch, doch», antwortet der Webflaneur. Für das PDF-Toolkit, das er benutzt habe, existiere auch eine grafische Oberfläche für Windows. Herunterladen könne sie diese von der Website des Programmierers. Aber via Kommandozeile sei man halt schneller und flexibler. «Mit der Kleinen, Schwarzen und extrem Starken», fährt die Kollegin fort. Und sie fragt: «Jetzt aber Espresso?»

Eine eigene Wolke

Webflaneur am Dienstag den 21. August 2012

Ihre Daten gehörten ihr, ruft sie aus. Und sie sagt es nochmals klipp und klar: «Ich hänge weder meine Fotos noch mein Adressbuch ins Internet.» Der Webflaneur, der seine Kollegin bloss kurz beim Kauf eines Smartphones beraten wollte, schluckt leer. «Ein Smartphone ohne Anbindung an die Datenwolke taugt nicht viel», sagt er. Ganz abkoppeln lasse es sich nicht, bloss ein bisschen. Damit verzichte sie aber auf Annehmlichkeiten: Sollte das Smartphone abhanden kommen oder kaputtgehen, verliere sie die darauf gesammelten Kontakte, ihre damit gemachten Fotos, die empfangenen Nachrichten. Es sei denn, sie kopiere diese von Hand auf den PC, was ohne Onlinespeicher umständlich sein könne. Die Kollegin bleibt dabei: «Meine Daten gehören nicht ins Netz», sagt sie.

Vielleicht lasse sie sich auf einen Kompromiss ein, sinniert der Webflaneur nach der missglückten Beratung: Statt die Kollegin komplett bei Google oder Apple anzuhängen, könnte er ihre Daten in einer persönlichen Datenwolke speichern. Sofort macht er sich an die Arbeit: Er mietet einen Platz auf einem Zentralrechner und eine Internetadresse. Dann lädt er die Software von Owncloud.org herunter. Er kopiert sie auf den Server, versucht sie zu installieren. Doch er scheitert vorerst; nötig ist ein Update des Webservers. Nach intensivem Pröbeln während einiger halber Nächte klappt es doch noch: Die eigene Datenwolke hebt ab. Der Webflaneur erfasst einige Kontakte, trägt Termine in die digitale Agenda ein, schickt Fotos und Textdateien in die Wolke. Dann installiert er auf dem Smartphone die Owncloud-App. Sie bietet in der ersten Version erst einfache Funktionen: Dateien lassen sich hoch- und herunterladen; neue Fotos auf Wunsch automatisch.

Halbwegs zufrieden lehnt sich der Webflaneur zurück. In diesem Moment ruft die Kollegin an. Sie möchte sich entschuldigen, sagt sie – wegen ihrer Borniertheit in Sachen Cloud. Mittlerweile sei sie zur Einsicht gelangt: Google Drive und Apples iCloud seien voll in Ordnung.

Als sie dies sagt, fällt der Webflaneur aus allen Wolken.

Zwei in einem

Webflaneur am Dienstag den 1. Mai 2012

Er möchte zwei Betriebssysteme miteinander vergleichen, sagt ein experimentierfreudiger Kollege. «Kein Problem», antwortet der Webflaneur: Entweder installiere er die beiden Systeme gleichwertig nebeneinander. Oder aber: Er installiere eines in einer virtuellen Maschine im anderen drin. Der Kollege runzelt die Stirn. «Was ist der Unterschied?» In der praktischen Arbeit gebe es einen grossen, sagt der Webflaneur: Bei der Parallelinstallation müsse er den Rechner jeweils neu starten, wenn er das andere System benötige. Anders bei der Virtualisierung: Dabei arbeite er mit dem normalen System – und starte bei Bedarf kurzerhand in einem Fenster das zweite. «Stark», sagt der Kollege. «Aber ist das nicht zu kompliziert?» – «Nicht mehr», antwortet der Webflaneur. Trotzdem warnt er, dass man bei solchen Übungen erheblichen Schaden anrichten könne, wenn man nicht wisse, was man tue. Und so ist der Kollege sehr dankbar, als der Webflaneur ihm Hilfe anbietet.

Etwas später sitzen die beiden am Computer. Am Anfang müsse eine Einstellung vorgenommen werden, doziert der Webflaneur: Im Bios sei einzutragen, dass Virtualiserungen O.K. seien. Er startet den PC. Als auf dem Bildschirm der Bios-Hinweis eingeblendet wird, drückt er flugs die genannte Taste und passt die Einstellung an. «Stark», findet der Kollege. Dann startet der Webflaneur den PC normal. Zuerst legt er das Nötige bereit: die Software Virtual Box und das zweite Betriebssystem. Dann installiert und startet er die Virtualisierungssoftware. Schliesslich klickt er an, welches System installiert werden soll. Und er kontrolliert, ob die Software alles richtig eingestellt hat. Sie hat. Kurz darauf rattert im Fenster die Installationsroutine des neuen Betriebssystem durch.

«Stark», sagt der Kollege, als das System wirklich startet. Wenig später nervt er sich trotzdem darüber, nicht parallel installiert zu haben. Denn um zwei Systeme gleichzeitig auf Trab zu halten, ist sein PC offensichtlich etwas zu schwach.

Server auf Zeit

Webflaneur am Mittwoch den 18. April 2012

Der Webflaneur nervt sich gewaltig. Jetzt gebe er auf, ruft er aus. Und er zieht dem Notebook den Stecker raus. Zwei Tage später – der Webflaneur sitzt bei einem Umtrunk mit Kollegen – sticht ihn der Hafer doch wieder. Er krallt sich den Informatiker und schildert ihm sein Problem: Neulich habe er eine Datenbank erhalten. Gerne würde er sich angucken, was darin gespeichert ist. Bloss gelinge ihm dies nicht. Der Grund sei das Dateiformat: Er besitze lediglich die Back-up-Datei einer Serverdatenbank von Microsoft. Stundenlang habe er nach Kniffen gesucht, wie diese umgewandelt werden könne, sodass sie sich auf einem normalen PC öffnen lasse. Gefunden habe er bloss einige Programme – zu für seine Zwecke zu stolzen Preisen.

«Ohne Server ist wohl nichts zu machen», sagt der Kollege Informatiker. Dann schmeisse er den Bettel definitiv hin, sagt der Webflaneur. «Weshalb?», fragt der Informatiker. «Miete dir doch für einige Minuten einen Windows-Server.» Der Webflaneur guckt ihn fragend an. «Wo denn?» Bei Amazon könne man virtuelle Maschinen mieten, sagt der Informatiker, «genau jene, die man will, und genau so lange, wie man sie braucht».

Zu Hause probiert es der Webflaneur aus. Er schreibt sich bei Amazons Dienst Elastic Compute Cloud ein. Nachdem er einen ersten Kampf mit Sicherheitszertifikaten ausgefochten hat, wird schliesslich die erlösende Frage eingeblendet: Welcher Server soll es sein? Kurz darauf startet Windows. So steht es jedenfalls auf dem Monitor. Doch es dauert noch ein Weilchen, bis der Webflaneur begreift, wie er sich einwählen kann. Stundenlang ficht er dann Kämpfe mit seinem temporären Server aus. «Viel zu kompliziert», murmelt er immer und immer wieder. Und er beginnt sich über «dieses Profizeugs» zu nerven. Jetzt gebe er auf, ruft er schliesslich aus. Fast hätte er dem Notebook den Stecker herausgezogen. Doch genau in dem Moment gelingt das Konvertierungskunststück.

Die Übung bei Amazon kostet den Webflaneur schliesslich einen Betrag im Wert von zwei Tassen Kaffee. Und ein grosses Bier für den Kollegen Informatiker.

Aufgeräumtes Adressbuch

Webflaneur am Dienstag den 7. Februar 2012

So gehe das nicht, sagt sie. «In meinem Adressbuch herrscht ein gigantisches Chaos.» Während sie immer nervöser auf dem Smartphone herumfingert, ruft sie aus: Viele Personen seien doppelt, drei- oder gar vierfach verzeichnet. Bei manchen stehe der Vor-, bei anderen der Nachname zuerst. Und einige würden zusätzlich unter ihrem Spitznamen aufgelistet. «Ich kann mir nicht erklären, wie dieses Durcheinander entstehen konnte», sagt sie.

Er sich schon, sagt der Webflaneur: Das Smartphone ziehe Kontakte aus unterschiedlichsten Quellen zusammen: ab der SIM-Karte, aus dem E-Mail-Programm, von Facebook, Twitter, Skype und so weiter. Das sei sehr praktisch, da man so sämtliche Kontaktinfos stets mit dabei habe. Allerdings führe dies auch dazu, dass ab und zu ein Kontakt doppelt aufgeführt werde. Er rät: «Du musst doppelte Einträge halt zusammenführen.»

Sie verwirft die Hände. «Bei meinem dicken Adressbuch kostet mich das Tage», ruft sie aus. In diesem Fall versuche sie es wohl besser mit einem Automaten, sagt der Webflaneur – am besten mit jenem des Schweizer Start-ups Connex.io. Sobald sie dort ein Konto eröffnet habe, könne sie die Adressbücher von Gmail, Facebook, Linkedin sowie von Android-Smartphones oder dem iPhone anbinden. Der Dienst durchkämme die Adressen nach Duplikaten und miste die Datenbank aus – während 60 Tagen gratis, anschliessend für fünf Franken pro Monat.

Doch eigentlich sei es egal, ob ein Eintrag ein- oder mehrmals im Adressbuch stehe, fügt der Webflaneur an. Schliesslich verfüge dieses doch über eine gute Suchfunktion.

Der QR-Code

Webflaneur am Dienstag den 20. September 2011

Die Arbeitskollegin ist ganz aus dem Häuschen. «Guck mal», schmettert sie dem Webflaneur entgegen, als dieser im Anmarsch ist, und fuchtelt wild mit einer Zeitungsseite herum. «Augenblick», sagt der Webflaneur. Er setzt sich betont gemächlich hin. Die Kollegin legt derweil eine Zeitungsseite mit Modewerbung auf sein Pult. «Sensationell!», ruft sie. Der Webflaneur wirft einen Blick darauf. «Julia Saner?», fragt er. «Sie auch», sagt die Kollegin. Sensationell finde sie aber vor allem dies: Sie zückt ihr Smartphone, drückt auf dem Monitor herum, richtet das Gerät dann auf die Werbung und macht ein Foto. «Ein Klick – schon bin ich beim Making-of zur Kampagne», sagt sie. Tatsächlich: Das Smartphone spielt ein Video mit Julia Saner. Sie habe vorher bloss eine der App aus dem Store installieren müssen, die unter dem Stichwort QR zu finden seien, sagt die Kollegin. «Faszinierend, nicht?»

Der Webflaneur schmunzelt. Das sei faszinierend, sagt er – aber nicht neu. Die QR-Tags, also die Quadrate mit der schwarzweissen Musterung wie jenes auf der Werbung, seien einst für einen japanischen Autobauer entwickelt worden, damit dieser die Einzelteile erfassen und im Produktionsprozess verfolgen konnte.

Etwas später: Er wolle einen eigenen QR-Code, beschliesst der Webflaneur. Er schaut auf der Website Qrcode.kaywa.com vorbei; alternativ hätte er etwa Qr.de oder Goqr.me wählen können. Ins Formular trägt er den Link zu seinem Weblog ein – schon generiert der Automat den Code. Der Webflaneur druckt ihn aus. «Guck mal», ruft der Webflaneur der Kollegin entgegen, als diese aus der Pause zurückkommt, und fuchtelt wild mit dem Ausdruck herum. «Augenblick», sagt sie und setzt sich betont gemächlich hin. Dies sei sein eigener QR-Code, sagt der Webflaneur voller Begeisterung. «Faszinierend, nicht?» Die Kollegin setzt ein süffisantes Lächeln auf. Dann sagt sie: «Faszinierend schon – aber nicht neu.»

qrcode
Klappts bei Ihnen? Der abgebildete QR-Code führt Sie zum Weblog des Webflaneurs.

Auf der Suche

Webflaneur am Dienstag den 5. Juli 2011

Es müsse nicht immer Google sein, sagt der Webflaneur. «Es gibt aber kaum Alternativen», behauptet der Kollege. «Doch», kontert der Webflaneur. Der wichtigste Mitbewerber sei Microsoft mit der Suchmaschine Bing. Das Angebot von Yahoo wiederum sei in den USA beliebt. Einige wenige Prozent der Suchabfragen lieferten Ask und Teoma aus. Mit anderen wie Baido und Sogou, die in Asien beliebt seien, könne er wegen seiner sprachlichen Inkompetenz leider nichts anfangen. Um Wissensfragen zu klären, benutze er aber ab und zu Wolframalpha.

Er könne noch lange Suchmaschinen aufzählen, fällt ihm der Kollege ins Wort. «Das ändert nichts daran: Google ist extrem dominant.» Das finde er auch, sagt der Webflaneur. Und gerade deshalb probiere er von Zeit zu Zeit etwas anderes aus. Diese Woche setze er auf Einheimisches: auf Horizobu, die Suchmaschine eines Schweizer Start-ups. Er klaubt sein Notebook hervor, klappt es auf und surft bei der besagten Suchmaschine vorbei. «Schlichtes Design», lobt der Kollege, der dem Webflaneur über die Schulter guckt, während dieser einen Suchbegriff eingibt. Horizobu präsentiert vorerst sechs Resultate – und darüber eine Reihe Begriffe, mit denen weiter gefiltert werden kann.

Horizobu setze stark auf das Ordnungsprinzip Mensch, erklärt der Webflaneur: Als wichtige Quelle analysiere sie die von Menschen strukturierten Wikipedia-Artikel. Daraus leite der Algorithmus ab, welche weiteren Stichworte relevant seien. «Doch das ist nicht alles», sagt der Webflaneur. Er packt einen der hilfreichen Links in den Resultaten, zieht ihn nach rechts und legt ihn in der Auswahl ab. Einen unpassenden hingegen klickt er weg. «So stelle ich eine Liste mit guten Seiten zusammen – und die Suchmaschine lernt dazu.»

Der Kollege und der Webflaneur spielen noch eine ganze Weile mit Horizobu. Doch als es nächstes Mal wieder ernst gilt, werfen sie beide doch wieder Googles Maschine an – aus lauter Gewohnheit.