Archiv für die Kategorie ‘Rechtliches’

Download

Webflaneur am Dienstag den 17. Januar 2012

Nun werde es spannend, ruft der Webflaneur ihr zu. Endlich erhalte er Einblick in all die Daten, die Facebook über ihn gespeichert habe. Der Webflaneur wartet, bis sie sich zu ihm gesellt hat. Das Prozedere sei einfach gewesen, sagt er dann: Er musste bloss in den Kontoeinstellungen auf den Herunterladenknopf drücken. Einige Zeit später habe Facebook ihm einen Link zu den in ein Archiv gepackten Daten geschickt.

Andere hätten länger pickeln müssen, sagt der Webflaneur. Und er erzählt, wie der Wiener Jusstudent Max Schrems lange und mit grösster Beharrlichkeit nach dem Auszug verlangen musste, der ihm laut den europäischen Datenschutzrichtlinien zusteht. Schliesslich habe Facebook doch noch eingelenkt und ihm eine CD mit einer 1200-seitigen Datei zugestellt. Doch darin waren offenbar nicht alle Infos enthalten. Dafür entdeckte der Student andere, die er längst gelöscht hatte. Schrems forderte daraufhin andere Nutzer auf, es ihm gleichzutun. Facebook kam mit der Arbeit kaum nach und schuf schliesslich die erwähnte Downloadfunktion.

Nun komme der grosse Augenblick, sagt der Webflaneur nochmals. Bald wüssten sie, was Facebook – zusätzlich zu den Infos, die er selbst preisgegeben hat – alles über ihn zusammengetragen habe. Er öffnet die Datei mit einem Doppelklick. Im Archiv liegt ein Ordner mit den Fotos, die er in sein Album geladen hat. Daneben sind einige Webdateien vorhanden. Er öffnet eine. Auf dem Bildschirm erscheint seine Pinnwand. «Diese kann ich doch auch online angucken», wendet sie ein. Der Webflaneur klickt weiter. Tatsächlich: Mehr als die Pinnwand-Einträge, seine Statusmeldungen, Nachrichten und Chats sowie eine Liste mit den Namen der Freunde ist nicht vorhanden.

«Ich habe mehr erwartet», sagt sie und zieht sich mit ihrem Buch wieder aufs Sofa zurück. Und der Webflaneur murmelt konsterniert: «Ich auch.»

Die Webbrowserwahl

Webflaneur am Dienstag den 2. März 2010

Der Webflaneur hört sie bereits klagen: «Was soll dieses Fenster?», werden einige Bekannte, die mit Computern wenig am Hut haben, in den kommenden Wochen wissen wollen. Sie werden ein Fenster beschreiben, das plötzlich aufpoppt und das eine Liste mit Webbrowsern beinhaltet. Der eine oder die andere wird wohl sogar die Befürchtung äussern, Opfer eines Computervirus geworden zu sein.

Der Webflaneur wird die Fragenden beruhigen. Und er wird erklären: Microsoft habe mit Windows lange ein Fast-Monopol bei Betriebssystemen gehabt. Als der Konzern mit dem System auch gleich noch den eigenen Webbrowser – den Internet Explorer – installiert habe, sei dies den Konkurrenten sauer aufgestossen: Der Softwaregigant nutze sein Monopol aus, wetterten sie. Microsoft hingegen verteidigte den Internet Explorer als integralen Bestandteil des Systems. So wogte der Streit hin und her. Schliesslich sprachen die Wettbewerbshüter der Europäischen Union ein Machtwort. Microsoft zauberte daraufhin eine andere Lösung aus dem Hut: Der Internet Explorer bleibt vorinstalliert, die Anwender können aber auf einfache Weise auswählen, welchen Browser sie nutzen möchten. Und das werde nun gemacht, wird der Webflaneur sagen: Wer Windows XP, Vista oder ein Windows 7 installiert habe, erhalte nach einem Update eine Liste mit 12 zufällig angeordneten Browsern angezeigt – vom Internet Explorer über die Konkurrenten Firefox, Opera, Safari und Chrome bis zu unbekannter Surfsoftware wie Flock, Flash Peak und dem Green Browser. Ein Klick auf das Symbol, schon werde der Webbrowser der Wahl automatisch installiert.

So wird es der Webflaneur den verunsicherten Bekannten erklären. Oder er wird ihnen diesen Text schicken.

Der Computer ist ein Fernseher

Webflaneur am Freitag den 29. August 2008

«Dieses Mal guckst du in die Röhre», sagt der Sportfanatiker. Der Webflaneur hält mit dem Kauen inne und blickt ihn fragend an. «Du hast doch keinen Fernseher und bezahlst keine Empfangsgebühren», sagt der Sportfan, «doch ab und zu schaust du per Internet.» Der Webflaneur nickt. «Gelegentlich», sagt er und löffelt weiter. Der Sportfan, der sich mehrmals vorrechnen lassen musste, wie viel er in die Glotzerei investiert, fährt mit schlecht kaschierter Genugtuung fort: «Nun musst du für deine ruckligen Fernsehbildchen ganz normal Gebühren bezahlen.»

Der Webflaneur lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Laut der neuen «Regelung für Multifunktionale Geräte», wie sie auf Billag nachzulesen ist, gälten Computer ab nächstem Montag tatsächlich als Fernsehgeräte, sagt er –  wenn sie per Breitbandzugang mit dem Internet verbunden sowie mit Videoabspielprogrammen ausgestattet sind und wenn die Nutzer bei TV-Anbietern wie Nello oder Zattoo Kontos eröffnet haben. Übrigens: Als Radio gelte bereits ein PC mit ISDN-Anschluss und Musikabspielsoftware. Selbst diverse Handys seien gebührentechnisch Radios oder nun sogar TV-Geräte.

«Am Schluss schaust aber wieder du in die Röhre», sagt der Webflaneur und grinst. Nun hält der Sportfan mit Kauen inne. «Lässt du nicht ab und zu auf dem Rechner in deinem eigenen, kleinen Büro Turnierübertragungen laufen?», fragt der Webflaneur. Der Sportfan kommt ins Grübeln. «Und dafür soll ich nun ein zweites Mal bezahlen?», fragt er. Er solle nicht gleich schwarz sehen, sagt der Webflaneur und verspricht nachzufragen.

Zurück im Büro: Der Empfang sei in dem Fall wohl nicht separat gebührenpflichtig, antwortet der Billag-Mediensprecher – sofern der Sportfan privat Gebühren bezahle und im Büro alleine fernsehe. Am besten rufe er aber an und lasse den Fall abklären. Der Webflaneur löchert den Mediensprecher mit vielen weiteren Fragen. Nein, wer nur Clips und Podcasts ab der TV-Website anschaue, müsse keine Gebühren entrichten, erklärt ihm dieser etwa.  

Er werde vorläufig bloss noch via TV-Website fernsehen, beschliesst der Webflaneur daraufhin. Er deinstalliert die Software von Zattoo. Und obwohl der Kundendienst ungefragt darauf hinweist, dass Zattoo nicht gezwungen werden könne, die Kundendaten herauszugeben, besteht der Webflaneur aufs Löschen des Kontos. Denn er will nicht in die Röhre gucken.

Kopieren und einfügen

Webflaneur am Mittwoch den 20. April 2005

Zugegeben: Manchmal reizt es ihn schon. Ab und zu zügelte der Berner Zeitungsblogger gerne einige Texte, Bilder oder Töne von Webseiten ab. Doch er weiss: Damit verletzte er das Urheberrecht der Autoren, Fotografen, Maler, Interpreten – oder derer Verlage. Er weiss: Bevor er fremder Leute Texte, Bilder oder Musik veröffentlicht, muss er um Erlaubnis bitten. Das ist ihm meist aber zu umständlich. Zudem müsste er oft ein Zweithonorar bezahlen. Und dazu fehlt im das Flüssige.

Doch dann lernt der Zeitungsblogger auf einer Surftour Musiker kennen, die auf das Kopiergeschütz der Industrie pfeifen. Er trifft Schreiberlinge, die gelesen werden wollen, und Fotografen, die ihre Bilder gerne zur Schau stellen. Einige wollen dafür namentlich genannt werden. Einige verbieten Änderungen an den Werken. Einige geben diese nur her, wenn der Zeitungsblogger daraus keinen Profit schlägt. Was die Urheber erlauben, steht in den Lizenzen. Damit nicht alle eine eigene aufsetzen müssen, hat die Organisation Creative Commons Standardlizenzen erarbeitet. Wer immer was auch immer veröffentlicht: Im Modulkasten von Creative Commons befinden sich die passenden Lizenzen – nun auch angepasst auf unser Recht: Die Juristen von Openlaw haben sie eingeschweizert. Am Freitag um 20 Uhr stellen sie ihr Werk im Kornhausforum Bern vor. Anschliessend spielen Musiker vom Berner Netlabel Realaudio.ch – solche, die Fans lieber mit Sound erfreuen als mit Kopierschützen ärgern.

Will der Zeitungsblogger wissen, wie Creative-Commons in Bern tönt, lauscht er auch den Tüftlern auf Starfrosch. Sucht er Bilder, stöbert er auf Openphoto. Fahndet er nach sonst etwas, wirft er die Suchmaschinen von Creative Commons oder Yahoo an. Je mehr er stöbert, desto überzeugter ist er: Die Lizenzen sind wirklich praktisch. Dank ihnen muss der Berner Zeitungsblogger nicht mehr lange nachfragen. Er schaut einfach nach. Und dann zügelt er den Text, das Foto oder den Ton ab – guten Mutes und mit reiner Weste.