Archiv für die Kategorie ‘Gemeinschaftliches’

Nimm ihn einfach

Webflaneur am Mittwoch den 25. Mai 2005

«Benutze unsere Sachen, um deine daraus zu machen.» Verdutzt liest der Berner Zeitungsblogger die Ankündigung der BBC noch einmal. Tatsächlich: Die BBC verschenkt ihre Texte, Töne und Bilder. Der Zeitungsblogger darf bestimmte Meldungen und Fotos auf seiner eigenen Website veröffentlichen. Er darf sie mit anderen Inhalten ergänzen. Er darf damit ziemlich alles anstellen – solange er die BBC als Quelle nennt, die Inhalte nicht verändert, sie in keinen unziemlichen Zusammenhang stellt und sie wieder kostenlos veröffentlicht.

Weshalb verschenkt die BBC Inhalte, während andere Medien ihre Texte, Töne, Bilder abschotten und die Archive dicht machen, fragt sich der Zeitungsblogger. Früher habe die BBC die Innovationen Externer eher unterdrückt, liest er. Nun aber wolle sie die Efforts der Entwickler fördern. Sie sollen Neues ausprobieren. Das tun sie gerne: Sie haben sofort losgelegt. Einer hat ein Programm geschrieben, das die Verkehrsmeldungen an der richtigen Stelle auf einer Landkarte einträgt. Einer markiert mit seinem Programm automatisch diejenigen Länder, über die am ausführlichsten berichtet wird. Und einer stiefelt aus den Bildern der BBC ein Fotoalbum zusammen.

Während sich Lohnschreiber auf Redaktionen noch nachdenklich am Hinterkopf kratzen, bejubeln im Internet viele Blogger die BBC-Strategie als wahren Service Public. Und der Berner Zeitungsblogger? So etwas musste kommen, sinniert er – mit dem Erfolg der gemeinschaftlich entwickelten Computersoftware, mit Projekten wie der freien Enzyklopädie Wikipedia, mit all den Weblogs, mit neuen Urheberrechtsmodellen. Er gratuliert der BBC zu ihrem Mut. Doch, diese Strategie ist ihm sympathisch, tippt er nun – und verschenkt als kleine Hommage an die BBC diesen Text. Nimm ihn. Und mach’ mit ihm, was du willst.

DAS NETZMAGAZIN.

Webflaneur am Mittwoch den 4. Mai 2005

Der Berner Zeitungsblogger staunt. Er staunt über das Engagement der Jungen. 120 Autorinnen und Autoren – die meisten sind zwischen 18 und 25 Jahre jung – schreiben im Internet ein Magazin, ehrenamlich. Soeben ist ihr Werk nach einem Relaunch in einem neuen Layout veröffentlicht worden. Früher erschien das Online-Magazin ressortweise alle vier Tage. Heute erscheint es am 3. jedes Monats komplett neu. Früher hiess es Plebs, heute heisst es Netzmagazin – oder besser: DAS NETZMAGAZIN. Und zwar gross geschrieben und mit Punkt. Darauf besteht Reeno. Er ist Chefredaktor, Layouter und der geistige Vater von DAS NETZMAGAZIN. Weshalb sich so viele Autoren dafür engagierten, will der Zeitungsblogger wissen. Die Arbeit bei DAS NETZMAGAZIN. sei ein gute Möglichkeit, den Beruf des Journalisten kennenzulernen, erklärt Reeno. Hier dürften sie – für eine fast professionell produzierte Publikation mit Redaktionsschlüssen, einer Bildredaktion und einem Lektorat – erste Schreibversuche wagen, experimentieren und auch Fehler machen. Wie viel Zeit er persönlich in das Hobby investiere, fragt der Zeitungsblogger. Täglich acht Stunden – abends nach Feierabend im Geschäft, sagt Reeno. Der Berner Zeitungsblogger ist sprachlos. Das Online-Magazin sei halt seine Passion, führt Reeno aus. Es sei beliebt: Monatlich würde die Website 30000 Mal angesurft; die Nutzer schauten sich durchschnittlich drei Seiten an. Beeindruckend, findet der Zeitungsblogger, der den Wetteinsatz aus der Kolumne von letzter Woche – durch den Murtensee zu schwimmen – aus Mangel an Zugriffen auf seine Website nicht wettmachen muss.

Doch zurück zu DAS NETZMAGAZIN. So etwas ist in der Schweiz einmalig, vermutet der Berner Zeitungsblogger. Zwar kennt er viele andere Online-Publikationen: Ab und zu liest er etwa in der Netzeitung, der ersten reinen Online-Zeitung mit Vollredaktion aus Deutschland. Ab und zu schmökert er auf Indymedia in jenen Geschichten, an denen sich Andere nicht die Finger verbrennen wollen. Ab und zu liest er im Medienheft oder bei Die Gegenwart Hintergründiges zu den Medien. Ab und zu stübert er im Online-Magazin Telepolis. Fast täglich ackert er sich durch die Techniknachrichten des Heise Newstickers, ab und zu auch durch jene von Slashdot oder Symlink. Dass aber junge Erwachsene über Jahre hinweg ein ganzes Magazin gestalten, das imponiert dem Weblinkschreiber. Komisch, denkt er plötzlich – komisch, dass er seine Brötchen ausgerechnet mit dem Lob des nicht kommerziellen DAS NETZMAGAZIN verdient. Und er setzt einen Punkt.

Neue Freunde

Webflaneur am Mittwoch den 27. April 2005

Der Berner Zeitungsblogger werweist: Soll er über Jon Tetzchner schreiben, den Opera-Chef, der aus Freude über die Million heruntergeladenen Webbrowser von Norwegen in die USA schwimmen wollte. Oder soll er aus der Gerüchteküche rapportieren, dass Apple den iTunes-Musikshop am Donnerstag – endlich, endlich – in der Schweiz aufschalten wolle? Nein, beschliesst er. Er bloggt nicht über Jon, den Klamaukplantscher, der bereits aufgegeben hat. Und er kolportiert keine Gerüchte – Apples Juristen sind ihm zu scharf. Er schreibt lieber über sich.

Der Berner Zeitungsblogger sucht nämlich Geschäftspartner. Er treibt sich deshalb im Open Business Club herum – in der Hoffnung, dass dort jemand einen Zeitungsblogger rekrutieren will. Interessenten könnte er an der Startparty am 2. Mai im Du Théâtre treffen. Früher benutzte der Zeitungsblogger fürs netzwerken Plaxo, probierte Ryze und Linked In aus. Im Open Business Club trifft er aber mehr lokale Geschäftemacher.

Und der Zeitungsblogger sucht neue Bekanntschaften. Hey, kennen wir uns nicht irgendwoher?, tippt er. Zugegeben: Das ist plump und eines Zeitungsbloggers nicht würdig, aber zumindest nicht falsch: Jeder und Jede kennt Jede und Jeden – über höchstens sechs Andere. Das hat Stanley Milgram in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts herausgefunden und die Columbia University nun fürs Internet bestätigt. Der Zeitungsblogger will also die Freunde seiner Freunde kennenlernen. Das sollte einfach gehen mit sozialen Netzwerken wie Friendster, Meine Freunde oder mit jenen der Internetgiganten: Yahoo 360° oder Orkut von Google. Bloss: Bei ersteren findet er keine seiner Freunde. Und bei letzteren kann nur teilnehmen, wer eine Einladung hat. Der Zeitungsblogger hat keine. Egal, denn eigentlich vertraut er seine persönlichen Daten weder gerne Google noch Yahoo an. Er will sie selbst kontrollieren. Gespannt verfolgt er deshalb das Projekt Friend of a Friend. Mit dem FOAF-a-Matic hat er sein Profil generiert und auf seine eigene Website kopiert. Und nun hofft er auf viele Besucher. Als die ersten kommen, wird er plötzlich ganz übermütig: Stehe der Zähler seiner privaten Website, deren Adresse er vorsichtshalber verschweigt, am Samstag auf 1000, tippt er, ja, dann schwimme er quer durch den Murtensee – und zwar richtig, lieber Jon Klamaukplanscher.