Pictura schaut ihn ungläubig an. Ob das Profilbild in Twitter wirklich zehn Jahre alt sei, fragt sie. Nun ja, zehn Jahre seien es wohl schon, antwortet der Webflaneur kleinlaut. Zumindest sei es schon in Farbe, versucht er es mit einem Scherz. Pictura schüttelt den Kopf. Ein zehn Jahre altes Profilbild, das gehe gar nicht, massregelt sie ihn. Die Twitter-Gemeinde mache sich ein völlig falsches Bild von ihm. Bei den Profilbildern liege übrigens viel im Argen. «Die meisten Nutzer laden nur Ferienschnappschüsse hoch.» Und mit einem Grinsen fügt sie an: «Und manche uralte.» Sie komplementiert den Webflaneur auf einen Hocker vor ihr. Und eh ers sich versieht, blitzts von allen Seiten.
Das war an einem der beiden Avatardays der Berner Fotografin Pictura. Sie hatte die Nutzer der Kurznachrichtenschleuder Twitter zum Porträt-Shooting geladen. Wer kam, wurde professionell geschminkt und fotografiert. Während die einen noch aufs Shooting anstiessen, tauschten andere schon ihr Profilbild aus. In den nächsten Tage wurden immer mehr alte Fotos ersetzt – auffallend viele: «Twitter ist ja unglaublich aufgewertet worden», kommentierte ein Nutzer. Und ein anderer schrieb: «Nach #avatarday sieht die halbe #ch twitteria aus wie vom selben marketingbüro angestellt.» Auch der Webflaneur staunt über all die neuen Profilbilder. Ob sie Muskelkater im Auslösefinger habe, fragt er Pictura. Der sei gut trainiert, antwortet diese. Wenn ers genau wissen wolle: Twitter habe nun 71 neue Bilder. Ihr Fazit in einer Twitter-Meldung, also in bis 140 Zeichen, bittet der Webflaneur. Und Pictura twittert: «Auftrag erledigt, das Internet ist schöner. Die neue Twitter-Timeline ist Wellness fürs Auge.»
Der Webflaneur guckt sein Bild an, schüttelt den Kopf. «An der Fotografin hats nicht gelegen», brummelt er – und kopiert oben in die Zeitungsspalte das alte Foto hinein.