Der Kollege fährt voll auf Streetview ab. «Superpraktisch» seien sie, die Strassenbilder von Google. Dank ihnen könne er sich vor der Reise ein Bild davon machen, was ihn unterwegs erwarte. Und auch im eigenen Ort entdecke er oftmals Spannendes. Vor kurzem, sagt er, habe Google neue Fotos aufgeschaltet. «Heute Abend werde ich mit Vergnügen virtuell durch mein Quartier kurven.»
Der Webflaneur ist etwas kritischer. Nicht, weil er den Nutzen von Streetview nicht sähe. Und nicht, weil er sich stark um die Privatsphäre sorgte; schliesslich hat Google vom Bundesgericht strenge Anonymisierungsregeln sowie Verbotszonen etwa rund um Spitäler und Frauenhäuser aufgebrummt erhalten, und Fotos lassen sich in begründeten Fällen auch löschen. Ihn stört vielmehr das Fastmonopol, das sich Google mit den Bildern herausgefahren hat. Und als Nutzer ärgert er sich, dass stets jenes Gässchen fehlt, das ihn gerade interessiert.
Deshalb greift der Webflaneur zur Selbsthilfe: Er installiert die App Mapillary (Android, iOS, Windows Phone) auf dem Smartphone und montiert dieses auf dem Velogidon. Es schiesst nun alle zwei Sekunden ein Foto. Sobald es sich in einem WLAN einbucht, werden die Bilder auf die Mapillary-Plattform hochgeladen, wo die Gesichter und Nummernschilder verpixelt und bestimmte Objekte erkannt werden sollen. Dort kann man sich die abgefahrenen Routen auch ansehen. Und dort steht auch, wie man die Fotos sonst noch nutzen kann — etwa zum Zeichnen einer Landkarte.
Einige Tage später zeigt der Webflaneur dem Kollegen, was die Mapillary-Nutzer alles fotografiert haben. Dieser staunt. Denn auf einigen Bildern ist genau jene Gasse zu sehen, die er damals bei seinem abendlichen Streetview-Fährtchen vermisst hat. Ja, jene, die zur Privatklinik führt.
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