Die beruhigende Kraft von Lavendel
Die blau-violette Farbe der Blüten in Kombination mit den graugrünen Stängeln und Blättern machen Lavendelfelder vor allem in Südfrankreich zur Augenweide. Bei uns wird Lavendel vor allem als Zierpflanze verwendet. Doch die Pflanze, die wissenschaftlich korrekt Echter Lavendel heisst, taugt zu sehr viel mehr als bloss zum Fotosujet.
Die Blüten können auch als Gewürz verwendet werden, etwa in geschmorten Fleischgerichten oder für Desserts. Beliebt ist auch der Honig von Bienen, die sich an den Lavendelblüten gütlich getan haben. Und wegen seines intensiven Dufts findet der Echte Lavendel auch in der Parfümerie Verwendung. Sein Duft hält zudem Motten fern, weshalb Stoffsäckchen mit Lavendel gerne in Wäscheschränke gelegt werden.
Reines ätherisches Lavendelöl wirkt aber auch entspannend, beruhigend und angstlösend und wird deshalb bei Schlaflosigkeit, Stress, Nervenschwäche, Ängsten und Panikattacken empfohlen. Die wirksamen Inhaltsstoffe kommen aus den Blüten der Pflanze. Lavendel enthält mehr als 2000 unterschiedliche Wirkstoffe, aber erst 200 konnten bis jetzt entschlüsselt werden. Sein ätherisches Öl besteht vor allem aus den Substanzen Linalylacetat und Linalool, Kampfer und Cineol, die sich positiv auf die Psyche und auf den Schlaf auswirken.
Geschwollene Augen wie eine Preisboxerin
Um Schlafproblemen entgegenzuwirken, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Am beliebtesten sind sogenannte Lavendelsprays, mit denen man das Kopfkissen besprühen kann. Oder man kann ein kleines Stoffsäckchen mit getrockneten Blüten füllen und dieses unter das Kopfkissen legen. Wem beim Kontakt mit Lavendel die Nase zu laufen beginnt oder wer mit Reizhusten reagiert, sollte allerdings vorsichtig sein. Es könnte eine Allergie vorliegen.
Ich habe diese Erfahrung vor ein paar Jahren gemacht, als ich eine teure Augencreme, die Lavendelöl enthielt und gegen Augenfältchen helfen sollte, vor dem Zubettgehen auftrug. Fältchen hatte ich am Morgen wirklich keine mehr. Dafür waren meine Augendeckel so angeschwollen wie jene einer Preisboxerin.
Schon seit Jahrhunderten wird Lavendel als pflanzliches Heilmittel eingesetzt. Hildegard von Bingen hat es schon im 12. Jahrhundert für äusserliche Anwendungen empfohlen. Als «edle Arznei wider Gebrechen des Hauptes, des Gehirns und der Nerven» bezeichnete der berühmte Schweizer Arzt Theophrastus Bombast von Hohenheim, besser bekannt als Paracelsus, im 16. Jahrhundert den Lavendel. Lavendelbäder und Lavendeltee beispielsweise gelten auch schon lange als bewährte Hausmittel bei nervösen Beschwerden, Unruhe und Schlaflosigkeit.
Das Arzneimittel des Jahres
Nicht nur wegen ihrer langen Geschichte als Arzneimittel, sondern auch wegen neuer Forschungsergebnisse wurde der Echte Lavendel Ende letzten Jahres zur «Arzneipflanze des Jahres 2020» gewählt. Diese Wahl trifft seit 1999 der Studienkreis «Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde» der Uni Würzburg.
«Die heutige medizinische Verwendung des Echten Lavendels verfestigte sich im späten 19. Jahrhundert. Seit dieser Zeit wird er vor allem als Mittel bei nervösen Zuständen und gegen Schlaflosigkeit beschrieben», heisst es in der Pressemitteilung des Studienkreises. Trotz der Hinweise aus Medizingeschichte und Volksmedizin sei jedoch erst nach der Jahrtausendwende ein ehrgeiziges Forschungsprogramm aufgelegt worden, um die Anwendungsgebiete eines hoch dosierten und definierten Lavendelöls in Kapseln abzuklären.
«Von Anfang an zeigte sich dabei eine Verbesserung von Schlafstörungen im Zusammenhang mit psychischer Belastung nach 6-wöchiger Behandlung», zitiert die «Deutsche Apotheker-Zeitung» den Berliner Professor Bernhard Uehleke, der an der Lavendel-Forschung mitwirkte. «Im Folgenden fokussierte sich die Forschung auf das Thema Unruhe und Angstzustände, und hier konnte in vielen Placebo-kontrollierten klinischen Studien eine signifikante Wirksamkeit gezeigt werden.» Wer jetzt auf den «Lavendelgeschmack» gekommen ist, sollte nur reines, ätherisches Lavendelöl im Fachhandel kaufen.
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