Das hilft bei innerer Unruhe

In der Nacht können kleine Alltagssorgen riesengross werden. Wie Sie das bekämpfen können.

In der Nacht läuft im Kopfkino unserer Autorin oft der falsche Film: «The Shining» mit Jack Nicholson. Foto: Getty Images

Ich gehöre nicht zu jenen Menschen, die sich selber verrückt machen, wenn sie etwas ängstigt. Doch auch ich kenne das Gefühl, wenn sich belastende Gedanken nachts nicht abstellen lassen und sich der erlösende Schlaf einfach nicht einstellen will – und im Kopfkino der falsche Film abläuft. Und dieser geht mehr in Richtung «Shining» mit Jack Nicholson als «Crazy Stupid Love» mit Ryan Gossling.

Alltagsprobleme, die tagsüber durchaus lösbar scheinen, nehmen eine übertriebene Dimension an, wenn man nicht schlafen kann: Die unbezahlte Rechnung endet in einer Konkursandrohung und der neu entdeckte Leberfleck mit tödlichem Hautkrebs. Glücklicherweise verschwindet der nächtliche Spuk meistens, wenn es am Morgen hell wird. Doch solche Nächte mit wenig oder schlechtem Schlaf können aufs Gemüt schlagen.

Das Gedankenkarussell dreht

Von einem «normalen Alltag» kann man leider aktuell nicht sprechen. In Zeiten von Corona dreht das Karussell im Kopf noch schneller als sonst, und die innere Unruhe wächst. Plötzlich scheint es beim Liegen keine Position mehr zu geben, die ein entspanntes Einschlafen ermöglicht. Mal ist es zu warm, dann doch wieder zu kühl. Das leise Schnarchen des Partners, das man in guten Nächten grosszügig überhört, weckt gar ein gewisses Aggressionspotenzial. Man hat nur einen Wunsch: «Bitte, bitte, liebes Universum, lass mich einschlafen! Jetzt!»

Es ist kein Geheimnis, dass sich diese Art von Nervosität steigert, je intensiver man sie bekämpfen will. Darum wäre es das Beste, sie einfach wahrzunehmen und nicht zu verdrängen. Und auch zu akzeptieren, dass es nicht möglich ist, eine Problematik zu diesem Zeitpunkt zu lösen. Gedanken sind keine wilden Tiere. Sie lassen sich zähmen, indem man, wenn man ins Grübeln kommt, zu sich sagt: «Stopp! Darüber denke ich morgen nach.» Aber natürlich braucht es Übung, sich gedanklich zu disziplinieren.

Was bei innerer Unruhe hilft

Ein gutes Mittel, ob als Öl oder als Phytopharmakon: Lavendel. Foto: iStock

Vor dem Schlafengehen

  • Ein warmes, nicht zu heisses Bad mit ein paar Tropfen Baldriantinktur wirkt entspannend. Oder in ein Vollbad fünf Tropfen Lavendelöl geben.
  • Tee trinken: Melisse, Kamille, Hopfen oder Johanniskraut sind natürliche Hilfen beim Einschlafen.
  • Mittel mit Lavendel: Der interdisziplinäre Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde (Forschergruppe Klostermedizin) hat den echten Lavendel zur «Arzneipflanze des Jahres 2020» gewählt. Lavendelhaltige Phytopharmaka haben eine schlaffördernde Wirkung, die mit jenen von Schlafmitteln vergleichbar ist. Doch auch Lavendel kann Nebenwirkungen haben, vor allem bei Personen, die zu Allergien oder Kopfschmerzen neigen.
  • Frische Luft: Entweder das Zimmer kurz durchlüften oder einfach ein paar Minuten an das offene Fenster stehen, bewusst ein- und ausatmen und die frische Luft geniessen. Der Blick in den Nachthimmel hat für mich etwas Tröstendes, weil ich spüre, dass ich nur ein winziges Sandkorn im Universum bin.
  • Eine Kerze anzünden und in der Stille auf die Flamme fokussieren.
  • Lieblingsmusik hören.

Besser nicht:

  • Kaffee oder andere koffeinhaltige Getränke, «schwere» Mahlzeiten, zu viel Alkohol.
  • Auch Streit oder Gespräche, in denen Probleme gelöst werden müssen, werden besser gemieden.

Entspannungstechniken

Beruhigen den Geist: Entspannungsübungen im Liegen. Foto: iStock

  • Ich schwöre auf autogenes Training und progressive Muskelentspannung. Meine Lieblings-3-Minuten-Übung habe ich an dieser Stelle schon einmal vorgestellt. Bin ich dann so richtig entspannt, versuche ich, mit der Visualisierung von schönen Bildern dunkle Gedanken zu vertreiben. Aber auch Achtsamkeitsübungen, Zen-Meditation oder Yoga können einen unruhigen Geist beruhigen.
  • Akupunktur kann gute Ergebnisse zeigen, wenn es um körperliche und seelische Entspannung geht.
  • Vorlesen lassen. Ich liebe es, wenn mir mein Mann abends etwas vorliest. Vielleicht werden so Kindheitserinnerungen wach. Vielleicht ist es auch seine angenehme Stimme oder die Art, wie er liest. Ich fühle mich dann einfach wohlig-entspannt. Als Alternative eignen sich auch Hörbücher.

Besser nicht:

  • Bei einem Hörbuch sollte es eher nicht ein Thriller von Stephen King sein, der den Adrenalinspiegel nach oben treibt.
  • Sport vor dem Schlafengehen wirkt aktivierend. Statt der Joggingrunde lieber eine halbe Stunde spazieren gehen.

Ruhig atmen

Sind wir entspannt, ist unser Atem ruhig und fliessend. Bei innerer Unruhe oder wenn wir ängstlich sind, atmen wir oberflächlicher und schneller. Dies führt dazu, dass wir ein Engegefühl wahrnehmen oder meinen, dass ein Elefant auf unserer Brust sitzt. Zum Glück funktioniert dieser Zusammenhang auch umgekehrt: Wer immer wieder Mühe hat, den eigenen Rhythmus zu finden, oder bei Angst oder Panik zum Hyperventilieren neigt, könnte mithilfe einer Atemtherapie innere Ruhe finden.

Und wenn alles nichts hilft?

Nicht liegen bleiben. Aufstehen. Etwas machen, das beruhigt, ablenkt oder schläfrig macht. Was das ist, muss jede und jeder für sich selber herausfinden. Sollte die Unruhe nicht vorbeigehen, könnten auch körperliche Symptome die Ursache sein, die man medizinisch abklären sollte.

10 Kommentare zu «Das hilft bei innerer Unruhe»

  • Maike sagt:

    Wenn es mal wieder zuviel in mir denkt, dann ist für mich das beste Mittel mir ein Hörspiel anzuhören. So habe ich einige von Sherlock Holmes und Professor van Dusen. Die kenne ich fast in- und auswendig und muss daher auch nicht gespannt sein, was als nächstes passiert. Es reicht für mich, das ich mich nur ein bisschen darauf konzentrieren muss und das Denken wird in den Hintergrund geschoben. Irgendwann schlummere ich dann ein.

  • Schlaflos im Sattel sagt:

    Ich höre mir meine Lieblingsfernsehserie mit Kopfhörer an. Nach der Titelmelodie und den ersten paar Wortwechseln bin ich meistens schon weg. Mittlerweilen bin ich darauf konditioniert, es funktioniert wie ein Schlaflied. Besonders beruhigend ist es in „Hörfassung“ oder „Audiodeskription“, da kommt noch eine vertraute, ruhige Sprecherstimme dazu.

  • Helmut sagt:

    Als ativer Christ hilft mir oft ein Nachtgebet zu Gott. Ihm Danke sagen für das Gute und Schlechte, was man tagsüber erlebt hat, ihm alles was mich bewegt anheim stellen und die Bitte um eine ruhige und behütete Nachtruhe ist alternativlos. Alles andere im Artikel genannte ist auch gut, aber nur zweite Wahl.
    Helmut

  • Peter Kalt sagt:

    mir helfen folgenden zwei Dinge:
    – die Dinge schnell aufschreiben, vorallem wenn es mögliche Lösungen auf Probleme sind.
    – Wenn Gedanken immer wieder quälen sich bewusst machen dass man in zwei Wochen rückblickend darüber lacht, wenn man sich ab morgen früh darum kümmert. Somit verliert die Qual sofort an Energie und Macht über mich und lässt mich los.

  • Bernie Pfister sagt:

    Mir hilft es in diesen Nächten jeweils, wenn ich kurz meine Gedanken niederschreibe. Das gibt mir die Gewissheit, dass ich nichts vergesse und hilft mir mich zu beruhigen.

  • Roland K. Moser sagt:

    Mittel- bis langfristig hilft, den Konsum der Droge Alkohol auf maximal 1 mal im Monat zu beschränken.
    Das gilt auch fürs Kiffen u.a.

  • Rolf Mäder sagt:

    Eine abendliche Kundalini Meditation von Osho wirkt wunderbar. Auf 2 aktiven Phasen (Schütteln und tanzen) folgen 2 stille Phasen. Danach ist man super entspannt und kann super schlafen. – Genaue Anweisungen und Musik dazu lassen sich leicht online finden.

  • Sam Schwarz sagt:

    Diese bangen Stunden in der Nacht heissen „Stunde des Wolfs“ (siehe den gleichnamigen Film von Ingmar Bergmann, der auch Vorbild für „Shining“ war). Der Hörbuch-Trick funktioniert übrigens. Wenn ich in der Nacht erwache und diese dunklen Gedanken habe, und ein schönes Hörbuch höre (auch mit Kopfhörern um Partner nicht zu wecken), schlafe ich sehr rasch wieder ein, weil die Gedanken sich an die Geschichte knüpfen können. Hat 30 Jahre gedauert, um das rauszufinden.

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