Achtung vor diesem Abnehmtrend

L-Thyroxin ohne ärztlich diagnostizierte Schilddrüsenprobleme einnehmen? Keine gute Idee. Foto: iStock
Vor einigen Jahren machte ich Bekanntschaft mit einer gewissen Hashimoto-Thyreoiditis. Und nein, es handelte sich dabei nicht um eine entfernte Cousine des japanischen Modeschöpfers Yohji Yamamoto, sondern um ein Miststück, das dafür sorgte, dass ich während Wochen ständig fror, konstant müde war und mich niedergeschlagen fühlte. Und das Mühsamste: Sie war scheinbar die Ursache dafür, dass ich in wenigen Monaten sieben Kilo zunahm, ohne mehr gegessen zu haben.
Als ich mich immer schlechter fühlte, überwies mich mein Hausarzt zu einer Schilddrüsen-Sonografie ins Spital. Auf dem Ultraschallbild konnte man erkennen, dass einer meiner beiden Schilddrüsenlappen sichtlich kleiner, also geschrumpft war. Auch wenn die Schilddrüse mit ihrer Schmetterlingsform nur zwischen 15 bis 25 Gramm wiegt, hat sie eine zentrale Bedeutung, denn sie ist eine Schaltstelle in unserem Körper. Die Hormone, die sie produziert, sind für die verschiedensten Stoffwechselvorgänge verantwortlich – und damit auch für unsere körperliche und seelische Gesundheit.
Tabletten lebenslang?
Mir wurde damals eine chronische Schilddrüsenentzündung diagnostiziert – oder eben: eine Hashimoto-Thyreoiditis. An dieser Autoimmunkrankheit leiden vor allem Frauen. Oft bricht die Krankheit zwischen dem 40. und dem 50. Altersjahr aus. Nach der Untersuchung sagte die Ärztin: «Die gute Nachricht ist: Es gibt ein Medikament, das dafür sorgt, dass Ihre Schilddrüse wieder ins Gleichgewicht kommt. Die schlechte Nachricht: Sie müssen diese Tablette ein Leben lang nehmen.»
Ich wusste nicht, worüber ich mehr erschrak. Die Tatsache, dass ich an Hashimoto litt, oder dass ich fortan täglich eine Tablette nehmen musste, welche die künstliche Form des natürlichen Hormons Thyroxin enthält. Die Schilddrüse ist, wie beschrieben, ein komplexes Organ. Mehr Hinweise zu Infos über ihre Funktion, Erkrankungen und möglichen Behandlungen finden Sie am Ende dieses Beitrags. Hier nur so viel: In letzter Zeit sind interessante Ratgeber von Betroffenen auf den Markt gekommen, die aufzeigen, dass neben der Einnahme von Tabletten auch der Lebensstil – und vor allem auch die Ernährung – einen positiven Einfluss auf die Schilddrüse haben kann.
Die richtige Tabletten-Dosierung, die aufgrund einer Blutuntersuchung bestimmt wird, kann anspruchsvoll sein. Und auch eine festgelegte Dosis muss oft wieder neu angepasst werden, da sich die Hormonsituation immer wieder verändern kann. Bei einer Unterdosierung könnte es sein, dass sich der Zustand nicht verbessert. Eine zu hohe Dosis kann unangenehme körperliche Symptome wie Herzrasen und Schweissausbrüche auslösen. Oder sie führt zu Appetitlosigkeit.
«Neues, fantastisches Wundermittel»?
Apropos Appetitlosigkeit: Vor kurzem verriet mir eine junge Kollegin ihren «Geheimtipp», wie sie innerhalb kurzer Zeit fünf Kilo abgenommen hatte. In einschlägigen Internetforen habe sie erfahren, dass es dafür eine «fantastische und unkomplizierte Methode» gebe. Ein kleiner Haken habe diese allerdings, denn die Tabletten, die das «kleine Wunder» bewirken würden, seien rezeptpflichtig. «Und, wie heissen denn diese Wunderdinger?», wollte ich von ihr wissen. Sie nannte mir daraufhin den Namen genau jenes Medikaments, das ich täglich für meine Schilddrüsenprobleme einnehme.
Wie die Tabletten wirken, was sie enthalten und welche Gefahren sie bei unsachgemässer Einnahme haben können, das wusste meine Kollegin nicht. Auf die Frage, woher sie diese denn habe, meinte sie nur achselzuckend: «Meine Mutter nimmt die täglich. Die merkt nicht, wenn ich ein paar abzweige.»
Meine mütterlichen Instinkte waren geweckt. Und ich erklärte ihr, dass es echt keine gute Idee sei, L-Thyroxin ohne ärztlich diagnostizierte Schilddrüsenprobleme einzunehmen. Ich gebe zu, ich schilderte mögliche Nebenwirkungen etwas blumiger als nötig, aber das schien sie zu überzeugen. «Okay, das Tablettenklauen war mir eh zu mühsam. Ich versuche es jetzt mit der Sirtfood-Diät», meinte sie am Schluss unseres Gesprächs.
Gefährliche Trenddiäten haben Hochkonjunktur
Ich war froh über diese Entscheidung, denn ich habe in jungen Jahren durchaus auch einige fragwürdige und teilweise riskante Diät-Experimente gemacht. Zum Beispiel mit der legendären Ahornsirup-Kur, bei der ich fünf Tage lang nur Tomaten und harte Eier ass und eben Ahornsirup trank – bis ich kollabierte. Seither sind die sinnlosen und teilweise auch gefährlichen Trenddiäten leider nicht weniger geworden. Im Gegenteil! Denn der Wunsch nach einer dünnen Figur ist, trotz der Diversity-Bewegung, vor allem bei jungen Mädchen und Frauen leider unvermindert gross.
Links für Betroffene:
– Schilddrüsengruppe Schweiz (Selbsthilfegruppe)
– Schilddrüsenzentrum, Universitätsspital Zürich
Buchtipps:
– Vanessa Blumhagen: «Mein Leben mit Hashimoto: Jeden Tag wurde ich dicker und müder», MVG-Verlag
– Izabella Wentz und Marta Nowosadzka: «Hashimoto im Griff», VAK-Verlag
– Izabella Wentz: «Das Hashimoto-Kochbuch», Riva-Verlag
7 Kommentare zu «Achtung vor diesem Abnehmtrend»
Jeder weiss, dass Übergewicht gesundheitliche Probleme bringt. Warum sollte man sich daher nicht bemühen, schlank zu werden und zu bleiben? „Body Diversity“ sollte sich auf Exzesse wie Magersucht beschränken.
Übergewicht allein bringt keine gesundheitlichen Probleme. Eine schwache Muskulatur bringt gesundheitliche Probleme. Wenns also um Gesundheit (nicht Ästhetik) gehen soll: Krafttraining machen!
Hormone nehmen, um Speck zu verlieren – könnte ein Bumerang sein, wo die Nachteile den (positiv erscheinenden) Gewichtsverlust mittel- oder langfristig übertreffen.
Übergewicht alleine bringt keine gesundheitlichen Probleme, sondern bezüglich Überleben bei manchen Krankheiten sogar Vorteile. Das Einnehmen von Schilddrüsenhormonen zum Abnehmen oder Wachstumshormone zum jünger aussehen hingegen schon. Von Thrombosen über Herzinfarkte bis zu Arterienverkalkung altert der Körper, respektive die Organe viel schneller. Bei gewissen Vorerkrankungen kann beides tödlich sein. Das hat mit „Body Diversity“ gerade mal gar nichts zu tun. Magersucht hat mit „Body Diversity“ auch nichts zu tun, sondern ist eine Krankheit. Und übrigens eine schwere Krankheit, mit einer Sterblichkeitsrate von rund 20% und teilweise schwersten Folgeschäden wie Magengeschwüre, Spontanbrüche der Knochen, Osteoporose, Nervenschäden, Nierenschäden, Herzschäden bis hin zum Infarkt.
Haben wir doch gerade ein Gesetz angenommen, das Schützenswerte unter Schutz stellt. Jetzt brauchen wir dringend ein weiteres, das gewisse Frauen von ihrer eigenen Blödheit schützt. Wirklich.
Schlankheit ist im Trend, weil entgegen der progressiven Narrative gewisser Kreise junge, schlanke, gesunde Frauen begehrenswert sind und ältere, verbrauchte eben nicht mehr so.
Das kommt auf den Kulturkreis an, in einzelnen Sub-Sahara Ländern werden junge Mädchen regelrecht gemästet, um sie begehrenswert zu machen. Schlankheit ist ein sehr westliches Schönheitsideal, während Jugend weltweit als attraktiv gilt.
Gewicht verlieren macht niemanden jünger.